Paris. Die Beachvolleyballer haben in Paris herausragend gespielt und verdient Silber gewonnen. Doch die Finalpleite saß zunächst tief.

Am Sonntagmorgen schien es ausgestanden zu sein. Den Frust weggeschlafen, von stolzen Momenten geträumt. Clemens Wickler (29) wagte sich zuerst aus der Deckung, indem er sich auf den sozialen Medien für Glückwunschbekundungen bedankte. Vielleicht, nein, ganz sicher waren die Gratulationen und aufmunternden Worte der Fangemeinde maßgeblich an der Linderung der Enttäuschung von Wickler und seinem Spielpartner Nils Ehlers (30) beteiligt.

Bonjour, the last dance: Vier Augenringe für Olympia

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    Über knapp zwei Wochen hatten die nahbaren und sympathischen Beachvolleyballer Deutschland und sich selbst mit ihrer Leistung bei den Olympischen Spielen in Paris verzückt. Ehlers hatte nach gewonnenem Viertelfinale noch betont, „unfassbar stolz zu sein, selbst wenn wir am Ende nur Vierter werden sollten“. Am späten Sonnabendabend wirkten die für den Eimsbütteler TV gemeldeten Hamburger, als sei genau dieses Szenario eingetreten. Nur, dass sie jetzt doch nicht so stolz darauf schienen.

    Olympia in Paris: Beachvolleyballer Nils Ehlers/Clemens Wickler gewinnen Silber

    „Wortwörtlich am Boden“ (Ehlers) waren sie kurz vor Mitternacht, hatten „keine Erklärung“ (Wickler). Und hatten vor allem ganz offensichtlich noch nicht wirklich begriffen, was ihnen da um den Hals hing: eine Silbermedaille, die auch aus weiter Entfernung prächtig glänzt. Ein Blick aus der Makroperspektive dürfte dem Duo in den kommenden Tagen bei der Einordnung helfen.

    Die Beachvolleyball-Dominatoren sind nun auch Olympiasieger: die Schweden Jonatan Hellvig (22/l.) und David Åhman (22).
    Die Beachvolleyball-Dominatoren sind nun auch Olympiasieger: die Schweden Jonatan Hellvig (22/l.) und David Åhman (22). © Imago | Jessica Gow

    Als Nummer vier der Welt angereist, zumindest im Kreis der Medaillenkandidaten waren Ehlers/Wickler von vornherein gehandelt worden. Für Silber hätte allerdings schon sehr viel zusammenlaufen müssen. Doch genau das geschah. Das von Thomas Kaczmarek trainierte Team wuchs über sich hinaus, gewann die ersten sechs Partien. Erst im Finale waren die schwedischen Weltranglistenersten David Åhman und Jonatan Hellvig zu stark.

    Im Finale keine Chance gegen die schwedischen Topfavoriten

    Das war es auch, was Ehlers/Wickler nach dem Endspiel zunächst so enttäuscht wirken ließen. Gegen die jeweils 22 Jahre alten Topfavoriten besaßen sie beim 0:2 (10:21, 13:21) nicht den Hauch einer Chance. „Es tut unfassbar doll weh, auf größtmöglicher Bühne unsere schlechteste Turnierleistung zu bringen. Das haut einen ziemlich runter“, sagte Ehlers. Wickler taten die Fans leid, „denen wir zu wenig geben konnten“. Einige waren erst am Sonnabend aus bis zu 800 Kilometer Entfernung angereist.

    Ihnen schien das Resultat egal zu sein. Die deutschen Anhänger feierten die Olympia-Zweiten wie Gewinner. Bei der Medaillenzeremonie gab es Sprechchöre, Ehlers und Wickler nahmen sich in den Arm und wirkten zumindest für einen kurzen Moment versöhnt. „Es ist ein ständiges Auf und Ab der Gefühle“, sagte Ehlers.

    Wickler: „Irgendetwas Mentales ist da passiert“

    Den gebürtigen Berliner wurmte es eben, sein überragendes Blockspiel kaum zur Geltung kommen zu lassen. Auch Wickler produzierte ungewöhnliche Fehler, leistete sich mehrere Netzaufschläge, mitunter fehlte dem Duo die Abstimmung. „Beim Einspielen hatte ich noch einen flüssigen Arm und war sehr zuversichtlich. Sobald es losging, war das alles weg. Irgendetwas Mentales ist da passiert“, sagte der in Starnberg geborene Abwehrspieler.

    Nach dem verlorenen Finale saß der Frust bei Nils Ehlers (l.) und Clemens Wickler zunächst tief.
    Nach dem verlorenen Finale saß der Frust bei Nils Ehlers (l.) und Clemens Wickler zunächst tief. © Witters | Leonie Horky

    Vielleicht hätten sie zu viel gewollt, mutmaßte er: „Wir waren dicht im Kopf, weil wir Gold vor Augen hatten.“ Doch nun haben sie gegen ihre regelmäßigen Trainingspartner aus Schweden nicht Gold verloren, sondern Silber gewonnen. Ehlers/Wickler waren in Paris an einem neuen Leistungsgipfel angelangt, nie zuvor spielten sie besser und stabiler. „Es stimmt schon, wir sind über uns hinausgewachsen, in einigen Tagen wird der Stolz darüber überwiegen“, sagte Ehlers.

    Nach Olympia geht es für Ehlers/Wickler Schlag auf Schlag weiter

    Der bärenstarke Auftritt bei Olympia wird Deutschlands Topduo viele Türen öffnen. Sportlich, weil die Konkurrenz großen Respekt vor der konstanten Leistung zum Saisonhöhepunkt besitzt. Aber auch wirtschaftlich. Für Sponsoren ist Beachvolleyball eine der interessanteren Sportarten.

    Zeit für Werbetermine bleibt den Silbermedaillengewinnern allerdings zunächst keine. Bereits am Dienstag beginnt die Europameisterschaft in den Niederlanden. Vom 21. bis 25. August wird das Elite-16-Turnier im Hamburger Rothenbaum-Stadion ausgetragen. Am darauffolgenden langen Wochenende (29. August bis 1. September) ist die Deutsche Meisterschaft in Timmendorfer Strand, bei der Ehlers/Wickler ihren Titel zu verteidigen haben.

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    „Unabhängig vom Ausgang bei Olympia war immer der Plan, dass wir ganz normal weitermachen. Auf diese Turniere haben wir richtig Bock“, sagte Ehlers. Das hörte sich versöhnlich an. Bis Los Angeles 2028 plant das Duo weiterzumachen. Ganz ist es also noch nicht ausgestanden – für die Konkurrenz.