Paris. Noch kein Teamsportler triumphierte vier Mal bei Olympia. Die höchstdekorierte Frau holte neun Goldmedaillen. Wer kann das ändern?

Handball ist ein Sport, der körperlich alles fordert, der nicht oft die Gelegenheit bietet, ihn auch in hohem Sportleralter noch auf allerhöchstem Niveau auszuüben. Insofern waren die Zweifel von Nikola Karabatic durchaus berechtigt. „Ich dachte immer, Mist, Olympia in Paris, wenn ich 40 bin und ich verpasse es“, so der Rückraumspieler. Doch er hat durchgehalten – und alles fügt sich wie ein Traum.

Fast sogar wie in einem Drehbuch. Frankreichs großer Handball-Star, vielleicht der Größte überhaupt in seinem Metier über zwei Jahrzehnte, erlebt dieses besondere Gefühl von Olympischen Spielen im eigenen Land. Doch nicht allein dies macht die Situation speziell, für Karabatic wird das Turnier der letzte Auftritt. Danach beendet er seine Karriere.

Nationalheld Karabatic erlebt sein persönliches Finale

Die Zeit jenseits des Sports wird sein Leben verändern. „Es ist eine Befreiung, wenn man weiß, dass danach Schluss ist. Denn als Profisportler denkt man immer an das nächste Spiel, den nächsten Wettbewerb, man setzt sich selbst unter Druck“, sagt Karabatic, der bereits im Mai seine Vereinslaufbahn bei Paris Saint-Germain abschloss. Nun folgt die letzte Herausforderung, für die ein herausragender Lohn wartet.

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Karabatic gehört zu den Athleten in Paris, die sich in der olympischen Geschichte eine besondere Stellung erarbeiten können. Mit drei Goldmedaillen mit dem Handball-Team hat er die gewiss schon inne, doch bisher gelang es niemandem, in einer Mannschaftssportart vier Mal bei Olympia ganz oben zu stehen. Ausgerechnet in der Heimat besteht nun diese Chance für Karabatic, der mit Frankreich amtierender Europameister ist.

Für Kevin Durant ist mit den US-Basketballern sein vierter Olympiatriumph möglich.
Für Kevin Durant ist mit den US-Basketballern sein vierter Olympiatriumph möglich. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Ross D. Franklin

Vielleicht wird die französische Ikone aber nur der zweite Mann in der Geschichte, der sich auf diese Weise krönen kann. Denn einen Tag vor dem Handball-Finale (11. August) findet bereits das Endspiel im Basketball statt. Sollten dort die USA vertreten sein, dann schlägt für Kevin Durant die große Stunde.

Amerikaner mit Titel-Abo, aber großer Konkurrenz im Basketball

Der vielseitige und wurfstarke Amerikaner von den Phoenix Suns gehört zu den besten Spielern seiner Generation – und sein Team besitzt gewissermaßen ein Abonnement auf den Titel. Zum fünften Mal in Folge kann die USA sich Olympiagold sichern. Die Aussichten des 35-Jährigen sind also recht gut. Wobei die Konkurrenz so stark ist wie lange nicht. „Wir treten hier gegen 64, 65 NBA-Spieler an, sie gehören zu den Besten der Welt“, so Durant.

Schwimmerin Katie Ledecky hat die Chance, sich den Rekord für die meisten Goldmedaillen zu schnappen.
Schwimmerin Katie Ledecky hat die Chance, sich den Rekord für die meisten Goldmedaillen zu schnappen. © Getty Images | Sarah Stier

Die Anzahl der Medaillen, um die es bei Katie Ledecky geht, ist wesentlich höher. Allerdings hatte die Schwimmerin auch weit mehr Chancen als die Teamsportler. Wenn alles optimal läuft, kann die 27-Jährige am Ende dieser Spiele sogar die Frau mit den meisten olympischen Erfolgen überhaupt werden. Bislang hält Turnerin Larissa Latynina (UdSSR) mit neun Mal Gold diesen Rekord.

„Ich liebe das Training, die Herausforderung, jeden Tag besser zu werden. Das macht einfach Spaß.“

Katie Ledecky
US-Schwimmerin

Schon mit 15 Jahren bestritt die US-Amerikanerin ihre ersten Spiele, sammelte über die Jahre von 200 bis 1500 Meter Freistil viele Erfolge. „Ich liebe das Training, die Herausforderung, jeden Tag besser zu werden. Das macht einfach Spaß“, erzählt Ledecky, für die es gleich am Sonnabend über 400 Meter Freistil die erste Option auf Edelmetall gibt.

Bereits jetzt ist die 21-fache Weltmeisterin die höchstdekorierte Einzelschwimmerin in der Geschichte und sieht sich für das erste Rennen in einer guten Position. „Ich fühle mich gut vorbereitet, besser könnte es nicht sein“, so Ledecky, die allerdings ein starkes Feld erwartet und sich zuletzt ohnehin mehr auf die langen Distanzen konzentriert hat.

Dressurreiterin Isabell Werth kann mit Wendy ihre Goldsammlung erweitern.
Dressurreiterin Isabell Werth kann mit Wendy ihre Goldsammlung erweitern. © DPA Images | Uwe Anspach

Einen langen Atem hat auch Isabell Werth. Die deutsche Dressurreiterin gehört mit 55 Jahren zu den olympischen Dauerbrennern. Dass zu ihren sieben Goldmedaillen vielleicht noch eine hinzukommen könnte, war vor einiger Zeit eher unwahrscheinlich. Doch mit dem überraschenden Erfolg beim CHIO in Aachen auf Wendy setze Werth ein Ausrufezeichen. Nach dem Aus der Britin Charlotte Dujardin aufgrund der Misshandlung ihrer Pferde sind Werths Chancen in Team und Einzel sogar noch einmal gestiegen.

Turnstar Biles fühlt sich wieder frei

Mit viel Vorfreude erwarten viele in Paris auch die Auftritte von Turnstar Simone Biles. In Tokio konnte sie unter dem Eindruck eines Missbrauchsskandals im US-Team nicht ihr ganzes Potenzial abrufen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich wieder in die Turnhalle gehe, mich drehen könnte und einfach frei fühlen kann“, sagte die 27-Jährige nach der Qualifikation für Paris.

Simone Biles wird in Paris für einige Höhepunkte im Turnen sorgen.
Simone Biles wird in Paris für einige Höhepunkte im Turnen sorgen. © Getty Images | Naomi Baker

Ihre Leistungen dabei waren so phänomenal, dass zu ihren bisher vier Goldmedaillen noch einige hinzukommen könnten. In jedem Fall wird Biles einige Highlights dieser Spiele setzen. Was sich nach den Erlebnissen Tokio ebenso wie ein Traum anfühlt.