NRW. In NRW schwärzen mehr Menschen denn je ihre Mitmenschen beim Ordnungsamt an. Warum manche Städte das ablehnen und andere sogar dazu aufrufen.
Die Essenerin Heike Müller (Name geändert) zeigt hobbymäßig Falschparker an: Sie spricht die Menschen an, fotografiert das Auto, wenn sie nicht einsichtig sind, und zeigt die Sache an. Und das seit Jahren. Tausendfach.
Die Chefsekretärin fährt zweimal täglich mit dem Rad durch die Stadt zur Arbeit. Viele Kilometer durch Essen, Radfahrers Vorhölle. Oft im Slalom, selbst da, wo es Radwege gibt. Da vorne parkte neulich wieder einer, belud den Kofferraum, bat um Verständnis. Müller: „Ich soll Verständnis haben für die, die kein Verständnis haben für Zufußgehende und Radfahrende?“
Falschparker können in Essen auch per App angezeigt werden
Mit ihrem Verhalten ist Heike Müller in Essen nicht allein: Die Zahl privater Anzeigensteller hat hier stark zugenommen, seit es Mängelmelder der Städte und entsprechende Apps gibt. In Essen gab es im Jahr 2023 etwa 12.423 Anzeigen durch Menschen, die sich über Parksünden geärgert haben, 2022 waren es noch 10.864. „Die Zahl ist seit Jahren ansteigend, eine Prognose für das Jahr 2024 ist noch nicht möglich“, sagt Pressereferentin Maike Papenfuß.
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Rund zwei Drittel der Anzeigen gegen Parkverstöße werden in Essen über das Service-Portal der Stadt eingereicht. Die Stadt nimmt auch Anzeigen über unabhängige Online-Portale und Apps an. Anonyme und unvollständige Anfragen werden aber nicht weiterverfolgt.
Falschparker: Stadt Dortmund findet Drittanzeigen hilfreich
In Dortmund gelten Anzeigen gegen Falschparker sogar als hilfreich. „Die Möglichkeit einer Anzeige durch Dritte“ könne „bei individuellen Beschwerdelagen“ durchaus hilfreich sein, sagt die Stadt. Dazu zähle zum Beispiel „das Parken vor Grundstückszufahrte, personalisierten Schwerbehindertenparkplätzen, Verstöße in den nicht so stark kontrollierten Vororten oder zu Tageszeiten, zu denen die Verkehrsüberwachung nicht im Einsatz ist.“
Zugleich erkennt die Stadt Dortmund an, dass die Anzeigenerstattung „manchmal auch ein Auslöser für Konfliktsituationen“, etwa zwischen Nachbarn, sein könne. „Sicherlich gibt es auch Privatpersonen, die übermäßig von der Möglichkeit Gebrauch machen“, heißt es.
In vielen NRW-Städten Höchststand von Anzeigen gegen Falschparker
Der Trend zu vermehrten Anzeigen gegen Falschparker ist in vielen NRW-Städten erkennbar: Laut einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) erreichten die sogenannten Drittanzeigen vergangenes Jahr etwa auch in Duisburg, Wuppertal, Münster und Bochum einen Höchststand im Vergleich zu den Vorjahren.
Doch nicht alle Städte zeigten sich über die steigende Zahl der Drittanzeigen erfreut: So schrieb die Stadt Wuppertal, Privatanzeigen hätten „(fast) immer einen nicht sachgerechten Hintergrund, sind qualitativ (oft) unzureichend und binden Ressourcen bei der Behörde, die an anderer Stelle dringend gebraucht werden.“ Im Gegensatz zu Städten wie Dortmund, Essen oder Köln werden Anzeigen gegen Falschparker über Apps in Wuppertal nicht akzeptiert.
Die Gründe für steigende Zahl von Drittanzeigen gegen Falschparker
Das Thema der Anzeigen von Parkverstößen war in den vergangenen Wochen durch den selbsternannten „Anzeigenhauptmeister“ in den medialen Fokus geraten. Der 18-jährige Niclas M. wurde im Februar durch einen Spiegel-TV-Dokumentation bekannt. Er jagt hobbymäßig Falschparker und reist dafür durchs ganze Land.
„Dadurch sind vermutlich auch die Anzeigen mehr geworden“, sagt Thomas Schröder, Pressesprecher der Stadt Moers, unserer Redaktion. In Moers habe es zwischen 2019 und 2023 keinen nennenswerten Anstieg an Anzeigen durch Privatpersonen gegeben – die Zahl sei erst seit Anfang 2024 „über den Daumen gerechnet um zehn bis 20 Prozent gestiegen“.
In Herne begründet die Stadtverwaltung den Trend mit der „zunehmenden Anzahl an Fahrzeugen, die sich den vorhandenen Parkraum teilen müssen“. Dort werden laut Stadtsprecherin Carina Loose pro Woche etwa 30 bis 40 Anzeigen zu Parkverstößen erfasst. Die seien aber vor allem auf „fünf bis sechs Anzeigenerstatter“ zurückzuführen, „die sich regelmäßig melden.“ (mit dpa)