Bottrop. Im Kampf gegen Fachkräftemangel wird in Bottrop auch über den Einsatz von Erzieherinnen aus dem Ausland nachgedacht. Unter diesen Bedingungen.
Im Kampf gegen den Personalmangel in Kitas setzt Oberhausen im Rahmen eines Pilotprojektes bald auf Fachkräfte aus Spanien. Ein Modell auch für Bottrop? Durchaus, verdeutlicht Kita-Fachbereichsleiterin Nadine Granow-Keysers auf Nachfrage der Redaktion.
Bottroper Kita-Fachbereichsleiterin: Erzieherinnen müssen deutsche Sprache beherrschen
„Aus Sicht des Fachbereiches Schule und Kindertagesbetreuung steht einer Beschäftigung von Erzieherinnen und Erziehern aus dem Ausland nichts entgegen, wenn sie die deutsche Sprache beherrschen, da sie den Kindern als Sprachvorbild dienen müssen“, nennt Nadine Granow-Keysers die wohl wichtigste Voraussetzung für den Einsatz nicht-deutscher Fachkräfte in Kitas. „Darüber hinaus muss das eigene Sprachverständnis so gut sein, dass die Konzeptionen der Einrichtungen verstanden und umgesetzt werden können.“
Zudem müssten die Vorgaben des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe (LWL) für die Beschäftigung von pädagogisch tätigen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen erfüllt sein.
Dabei ist der Gedanke tatsächlich keine bloße Theorie: „Da die Stadt Bottrop ein hohes Interesse an der Gewinnung von Fachkräften hat, wird derzeit geprüft, inwieweit es auch ein praktikabler Weg ist, Erzieherinnen und Erzieher aus dem Ausland zu gewinnen. Zumindest bei Arbeitskräften aus der EU stehen aus arbeitsrechtlicher Sicht keine bürokratischen Hemmnisse im Weg“, erläutert Nadine Granow-Keyers.
Ob konkret das Oberhausener Modell auch etwas für Bottrop sei, könne nicht so einfach gesagt werden. „Um diese Frage zu beantworten, müsste man zunächst die Bedingungen kennen, unter denen die Fachkräfte hier in unserer Stadt arbeiten würden, damit auch eine Bindung der Fachkräfte an die Stadt erfolgen könnte.“
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Aktuell sind die Stellen in den insgesamt neun städtischen Kitas bis auf zwei Vertretungsstellen komplett besetzt, berichtet Granow-Keysers. Zudem würden für den neu eingerichteten Stellenpool für Inklusionskräfte Mitarbeitende gesucht. „Hier sind aktuell noch vier Teilzeitstellen zu besetzen.“
Bottrop: Ab 2024 werden in allen städtischen Einrichtungen Erzieher:innen ausgebildet
Maßnahmen zur Fachkräftesicherung sind der Stadt dabei alles andere als fremd, verdeutlicht Granow-Keysers auch in Absprache mit dem Fachbereich Personal und Organisation: „Die Stadt Bottrop hat die Ausbildung von Fachkräften in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut. Ab dem Jahr 2024 werden in allen neun städtischen Einrichtungen Erzieherinnen und Erzieher ausgebildet.“ Neben Berufspraktikanten und Berufpraktikantinnen sollen dabei auch Auszubildende eingestellt werden, die die praxisintegrierte Ausbildung absolvieren (praktische Einsätze von Ausbildungsstart an).
Granow-Keysers nennt als „attraktive Arbeitsbedingungen“ das Vorhandensein eines Vertretungs-und eines Inklusionspools, „um auf Personalausfall im Krankheitsfall und auf die notwendige Betreuung von Kindern mit Inklusionsbedarf gut reagieren zu können“. Unter anderem würden außerdem zur Entlastung des pädagogischen Personal Hauswirtschaftskräfte eingesetzt. „Diese Strategien haben bislang dazu geführt, dass die Stellen in den Kitas stets wiederbesetzt werden konnten.“
Dennoch sind weitere Maßnahmen offensichtlich erforderlich, denn Nadine Granow-Keyser fügt hinzu: „Ob das zukünftig auch gelingen wird, ist allerdings insbesondere auch vor dem Hintergrund der weiteren Schaffung von Betreuungsplätzen und dem Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz fraglich.“
Kita-Zweckverband in Bottrop: Integration der Erzieherinnen aus Spanien ist wichtig
Zu den großen Kita-Trägern in Bottrop zählt der katholische Kita-Zweckverband mit aktuell 15 Einrichtungen. Auch diesen Träger treibt die Personalfrage um. So gehört der Kita-Zweckverband zu den insgesamt sieben Trägern, die sich an dem Spanien-Pilotprojekt in Oberhausen beteiligen. Warum sind die katholischen Einrichtungen in Bottrop nicht Teil des Projekts?
Pressesprecherin Lina Strafer erklärt: „Die spanischen Erzieherinnen und Erzieher werden in Einrichtungen eingesetzt, deren Teams eine intensive Begleitung sicherstellen können. Im besten Fall gibt es dort auch Kolleginnen, die Spanisch sprechen und die Neuankömmlinge bei Sprachschwierigkeiten unterstützen können.“ Wichtig sei dem Zweckverband die Integration der Mitarbeitenden aus Spanien, samt passender Wohnverhältnisse und einer Begleitung etwa durch Tandemprojekte oder Anbindungen an die spanische Gemeinde im Bistum Essen.
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So sollen die Fachkräfte aus Spanien zunächst voraussichtlich in zwei Oberhausener und sechs Essener Kitas eingesetzt werden. „Perspektivisch kann das Projekt auch auf die Region Bottrop ausgeweitet werden.“ Erst einmal aber sollen in den sechs Piloteinrichtungen Erfahrungswerte gesammelt werden.
Gebraucht werden könnten Fachkräfte aus dem Ausland sicher auch in Bottrop, denn, so Strafer: „Die Personallage in den Bottroper Kindertageseinrichtungen des Kita Zweckverbandes ist unterschiedlich. Es gibt Teams, die vollständig besetzt sind, es gibt aber auch Teams, die geringer besetzt sind. Grundsätzlich ist der hohe Fachkräftebedarf in der Branche allgegenwärtig. Kommen Krankheitsausfälle hinzu, ist die Personallage zusätzlich angespannt.“
Zu den Maßnahmen zur Fachkräftegewinnung und -bindung zählen beim Kita-Zweckverband laut Strafer unter anderem Ausbildungsmöglichkeiten in allen Kitas, die Prüfung unterschiedlicher Arbeitszeitmodelle sowie Führung in Teilzeit, digitales Recruiting, die Gewährung von Benefits (z.B. Bezahlung nach Tarif, betriebliche Altersvorsorge) und Fortbildungsmöglichkeiten, Mental Health Coachings und weitere Gesundheitsangebote.
Das Pilotprojekt in Oberhausen
Die Stadt Oberhausen beteiligt sich an einem bundesweiten Pilotprojekt. Da ausgebildete Erziehungskräfte in Spanien oftmals keine Stellen finden, kam beim Fachvermittlungsdienst der Bundesagentur für Arbeit der Gedanke auf, spanische Erzieherinnen und Erzieher nach Deutschland zu holen. 2024 werden sie in Oberhausen erwartet.
Bevor die Fachkräfte aus Spanien in deutschen Kitas arbeiten können, müssen sie die deutsche Sprache lernen. An dem Programm beteiligen wollen sich zudem Kitas aus Essen, Hamm, Coesfeld, Wuppertal und Münster.