Amsterdam. .
In den Amsterdamer Jordaan-Viertels gibt es viele alte Kneipen, die sich alle ähnlich sehen. Die ältesten Bruin Cafes, die nichts mit unseren Cafes gemeinsam haben, gehen bis auf das 17. Jahrhundert zurück.
Dunkles Holz, knarzende Dielen, Tische und Stühle nicht gerade vom Designer entworfen. Die Decken sind gezeichnet von der Patina des Tabakrauchs. An den Wänden hängen Erinnerungsstücke der Besitzer – von historischen Fotos, Delfter Tellern oder einer Kopie von Rembrandts „Nachtwache“ bis zur Glocke, mit der die letzte Runde eingeläutet wird: Die Bruin Cafés in Amsterdam bieten eine charmant-nostalgische Kulisse in der Stadt, die nicht zu altern scheint. Im Gegenteil, sie kommt jünger, vitaler und dynamischer daher als je zuvor.
Sie ist von dauernder Unruhe und der Suche nach Neuem durchdrungen. Überall findet man mühelos neue Geschäfte mit originellem Warenangebot. An jeder Ecke machen Plakate auf das nächste Konzert, die nächste Party oder kleine Ausstellungen aufmerksam. Gut, dass es da noch die Bruin Cafés gibt, in denen der Besucher inne halten und auftanken kann, um sich dann wieder ins pulsierende Leben auf den Straßen zu mischen.
Touristen sind nur
selten Besucher
Mit dem designten Schick neuerer Cafés und Bars, in denen sich Touristen im Wortsinn wie Zuhause fühlen können, haben die Bruin Cafés so gut wie nichts gemein. Allerdings ist auch der Begriff Café irreführend. Er geht zurück auf eine Zeit, in der es als schick galt, ein Café aufzusuchen. Bei uns würde man eher von Kneipe oder Schänke sprechen.
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Es sind immer noch nur wenige Touristen, die sich in diese Etablissements trauen. Dabei hat das, was die Amsterdamer an ihren Bruin Cafés so schätzen, auch einen Reiz für Fremde: die Gezelligheid, zu deutsch Geselligkeit oder Gemütlichkeit. In den meist kleinen Gasträumen, in denen die Tische eng beieinander ste-hen, kann man durchaus mit den Einheimischen, von denen viele ein bisschen Deutsch und die meisten ganz gut Englisch sprechen, ins Gespräch kommen.
Von Musik wird man in den Bruin Cafés nicht abgelenkt. Auf die können die leut- und redseligen Stammgäste auch weiterhin verzichten. Es sei denn, man singt selbst – wie im „Twee Zwaantjes“ an der Prinsengracht, wo abends regelmä-ßig Volkslieder in großer Runde angestimmt werden. Ansonsten bestimmt Gläsergeklirr und Stimmengewirr den Sound der Bruin Cafés. Wie etwa im „Café Hoppe“ am Spui, wo schon früh am Tag an der langen Theke heftig diskutiert wird – was eine lange Tradition hat, denn bereits seit 1670 wird im „Hoppe“ Bier ausgeschänkt.
So irrt denn auch, wer glaubt, dass von Hollands so genanntem Goldenen Jahrhundert nur die Kunstschätze übrig geblieben sind. Gleich in mehreren der heute noch existenten Amsterdamer Bruin Cafés wird seit dem frühen 17. Jahrhundert Gerstensaft über den Tresen gereicht. „Café Chris“ und „Papeneiland“ gehören zu den ältesten Kneipen der Stadt. Sie befinden sich neben vielen anderen im Jordaan, dem früheren Arme-Leute-Viertel, das schon seit vielen Jahren Alternative und Kreative anlockt.
Einst Geneverbrennerei
heute Pinte für Könige
Auch das „’t Smalle“ ist eine Institution im Jordaan. Früher Geneverbrennerei, heute urige Pinte – selbst Königin Beatrix war schon hier. „Jordaan-Kneipen sind Wohnzimmer“, sagt der Schriftsteller Cees Nooteboom, „eine Welt für sich, abgeschlossen von der Welt da draußen.“ Er muss es wissen, wohnt er doch ganz in der Nähe.
Vor der Theke sind alle gleich, heißt es. Tatsächlich trifft man in einem Bruin Café den Geschäftsmann im Anzug im Gespräch mit dem Hausmann, der gerade vom Einkauf kommt, die Zeitung lesende Studentin am Tisch mit den Karten spielenden Omis. Das glauben Sie nicht? Dann besuchen Sie mal das „Welling“ in der Brouwersstraat im Museumsviertel oder das „Reynders“ am Leidseplein. In den Bruin Cafés, die zu Amsterdam gehören wie die Grachten, das Rijksmuseum und der Rotlicht-Bezirk, ist die Kneipenwelt eben noch in Ordnung.