Am Niederrhein. .
Nachwuchs in Kevelaer-Wetten: Straußenzüchterin Anita Jeuken muss Hebamme spielen und ihrem Federvieh auf die Welt helfen. Sie vermarktet unter anderem die Eier - zum Beispiel als Riesen-Ostereier.
Wie aus dem Ei gepellt sieht im wirklichen Leben so aus: Völlig erschöpft und verklebt beäugt das Straußenküken die Welt. Schon jetzt bringt das wenige Minuten alte Federvieh mit mehr als einem Kilo soviel auf die Waage wie ein veritables Suppenhuhn. Anita Jeuken (36) knackt große Stücke von seiner porzellandicken Eierschale ab, bis sie den gar nicht so winzigen Vogel behutsam herausheben kann. Einmal entknotet, bleibt es ein Rätsel, wie dieses Tier in den engen Raum passen konnte. Obwohl es sich nun gegen die Hände der Züchterin wehrt - ganz nach Straußenart, es tritt - konnte das Kleine es nicht aus eigener Kraft aus dem Ei schaffen.
„Sie haben keinen Eizahn“, erläutert die Straußenzüchterin aus Kevelaer. So versuchen die Tierchen, mit den stämmigen Beinen und mit Hilfe ihres kräftigen Halses die Schale aufzuhebeln. Das gelingt selten. „In der Natur helfen der Hahn und die Henne dabei, hier tun wir das.“ In besonders hartnäckigen Fällen auch mal mit Hammer und Meißel.
Geburtshilfe mit Hammer und Meißel
Strauße lieben Hitze, schließlich sind sie in Afrika zuhause - Pustekuchen. „Das denken alle“, seufzt Anita Jeuken. „Dabei legen die ab 30 Grad keine Eier mehr.“ Und jetzt, beim Besuch herrschen 35 Grad, wirken die Tiere gereizt und drängen im Schatten eines Baumes zusammen.
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Nur anfangs haben Jeukens die Riesenvögel bloß aus Spaß gehalten. Genau genommen hat Anita ihren Mann Clemens (40) beim Kükenkauf kennen und lieben gelernt. Jetzt vermarkten sie gemeinsam Eier - so ein gigantisches Osterei gilt zunehmend als chic. Aber auch Eierschalen, Federn und Fleisch. Besonders Wirtschaftlich seien Strauße nicht, sagt Anita Jeuken. Anders als viele ursprünglich angenommen hatten, als Straußenfarmen boomten. An einem 100-Kilo-Tier seien eben nur 30 Kilo Fleisch, Strauße haben kaum etwas auf der Brust.
Viel Beratung und Betreuung nötig
Bleiben die Keulen. „Am meisten verkaufen wir die Küken“, erläutert sie. Die landen nicht im Topf, vorerst. In der Regel gehen sie an andere Züchter. Rund 60 Euro kostet so ein Kerlchen. Hobbyhalter müssen tiefer in die Tasche greifen. „Sie machen mehr Arbeit“, weiß die Züchterin aus Erfahrung. Viel Beratung und Betreuung sei da nötig. „Und mit knapp zwei Jahren bringen die Meisten die Tiere ohnehin zurück.“ Dann nämlich fällt schmerzhaft auf, was jeder hätte wissen können: Strauße sind wild. Und sie sind gefährlich. Nur äußerst selten wird einer - und dann ist es eher eine Sie - von ihnen handzahm.
Mensch sollte sich eher vor den Beinen, als vor den Schnäbeln hüten. Zwar zwacken die Vögel schonmal. Doch jeder Tritt sitzt. Jeuken erzählt von dem Hahn eines Bekannten, der die Stalltür eintrat. Wer sich spontan ein Küken zulegt, kann sein blaues Wunder erleben, sobald das liebe Kleine geschlechtsreif ist. Also etwa eineinhalb Jahre später. Erst dann bekommen die Hähne ihr schönes, schwarz-weißes Federkleid. Die Damenwelt bleibt dezent braun. Reizbar sind sie von da an alle - Tiere mit Risiken und Nebenwirkungen, Wildtiere eben.