An Rhein und Ruhr. Marihuana-Sünder, die ihren Führerschein zurückhaben wollen, sorgen für viel Betrieb bei den zuständigen Stellen. Noch sind viele Fragen offen.

Die Führerscheinstellen an Rhein und Ruhr haben viel zu tun: Die in Kraft getretene Cannabis-Legalisierung hat bei vielen Autofahrerinnen und -fahrern, die in der Vergangenheit ihren Führerschein aufgrund von Marihuana-Verstößen verloren haben, die Hoffnung befeuert, wieder hinters Steuer zurückkehren zu dürfen. Dafür ist ein „Antrag zur Wiedererteilung des Führerscheins“ notwendig. Und diese landen nun zu Dutzenden bei den entsprechenden Ämtern. Viele Fragen sind jedoch noch offen.

Mehr Anträge landen beim Kreis Wesel

Im Kreis Wesel, so ist von Sprecherin Anja Schulte zu erfahren, gebe es mehr Neuerteilungsanträge. „Hierzu äußern die Antragstellenden in der Regel die Annahme, nunmehr unter einfacheren Bedingungen die Fahrerlaubnis neu erteilt bekommen zu können.“

Der Arbeitsaufwand habe sich insgesamt erhöht. „Zum einen müssen kurzfristig die laufenden Verfahren mit Cannabisproblematik nach aktuell geltenden Vorschriften neu bewertet werden“, so Schulte. Maßnahmen, wie etwa die medizinisch-psychologische Untersuchung (kurz MPU), müssten gegebenenfalls zurückgenommen oder umgeschrieben werden. Zum anderen benötige die Bewertung des Einzelfalles, auch wegen fehlender Erfahrungswerte und fehlender Rechtsprechungen, einen größeren Zeitaufwand.

Keine generelle Amnestie für Verkehrssünder

Denn eine generelle Amnestie für vergangene Verstöße gibt es mitnichten. „Die Anträge werden anhand vorliegender Erkenntnisse zum Cannabiskonsum geprüft und entsprechend der neu eingeführten rechtlichen Vorschriften in der Fahrerlaubnis-Verordnung (§13a) bewertet“, führt Schulte an. Grundsätzlich sei „ein medizinisch-psychologisches Gutachten einzureichen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Cannabiseinfluss begangen wurden“.

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Auch zukünftig werde die Führerscheinstelle Mitteilungen über Auffälligkeiten mit Cannabis im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr von Polizeidienststellen und dem Kraftfahrtbundesamt erhalten.

Allein 42 Anträge im April im Kreis Kleve

Mehr Anträge gebe es auch im Kreis Kleve, wie einer Antwort von Sprecher Benedikt Giesbers zu entnehmen ist. Im Schnitt gebe es 30 Anträge monatlich, im April waren es nun 42. „Angeordnete Maßnahmen wie etwa die medizinisch-psychologische-Untersuchung (MPU), die aufgrund der neuen Rechtslage nicht mehr gerechtfertigt sind, wurden zurückgenommen“, führt Giesbers an. „Der Anstieg der Antragszahlen hat Auswirkungen auf die Warte-/Bearbeitungszeiten.“

Erhöhter Arbeitsaufwand in Oberhausen

In Oberhausen, so teilt Stadtsprecher Martin Berger mit, sei bislang kein akuter Ansturm zu verzeichnen. Der Arbeitsaufwand habe sich allerdings schon vor dem 1. April deutlich erhöht.

Betroffene Bürgerinnen und Bürger hätten schon im Vorgriff der Legalisierung Nachfragen gestellt, wohl in der Hoffnung auf eine generelle Amnestie, um so den Führerschein auch ohne Eignungsüberprüfung zurückhaben. „Da derzeit jedoch verbindliche Anweisungen des Landes oder Bundes noch fehlen, warten die Betroffenen aber mit einer tatsächlichen Antragstellung.“

Verfahren in Duisburg ruhen momentan

In Oberhausens Nachbarstadt Duisburg zeichne sich ein ähnliches Bild, wie Stadtsprecher Falko Firlus erklärt. „Erhöhte Antragszahlen sind hier aktuell nicht zu verzeichnen.“ Er weist darauf hin, dass nach der politischen Entscheidung vielmehr noch entsprechende Regelungen festzulegen seien, die durchaus auch Gerichte beschäftigten dürften. „Bis zu ersten Entscheidungen ruhen daher zunächst alle betroffenen Wiedererteilungs- und auch Eignungsüberprüfungsverfahren.“

Doch auch ohne akute Antragsflut hätte die Duisburger Fahrerlaubnisbehörde viel zu tun. So seien bereits mögliche Fallgruppen in den Unterlagen identifiziert werden. „Alle betroffenen Antragstellenden wurden informiert, dass die Verfahren bis zu ersten Entscheidungen der Gerichte ruhen.“ Insbesondere in der Führerscheinstelle gingen vermehrt Anfragen Betroffener ein, „die sich beispielsweise nach dem Stand des Verfahrens oder neuen aktuellen Möglichkeiten erkundigen“.

Doch noch können diese Fälle nicht entschieden werden, so Firlus. „Dies führt daher schon jetzt zu einer längeren Warte- bzw. später auch Bearbeitungszeit.“

„Unzureichende“ gesetzliche Grundlagen

Die Landeshauptstadt Düsseldorf teilt auf Anfrage mit, dass das Antragsvolumen im April im Monatsvergleich um ein Drittel gestiegen sei. Gleichzeitig, so ist von Sprecher Mario Brembach zu erfahren, sei offen, inwiefern sich der Arbeitsaufwand des zuständigen Amtes erhöhen werde, „da die gesetzlichen Grundlagen unzureichend sind und es hier einer Nachbesserung bedarf“.

Aktuell gebe es verschiedene Arbeitskreise der Fahrerlaubnisbehörden. „In diesen wird sich darüber ausgetauscht, wie mit der neuen Gesetzeslage zur Cannabis-Legalisierung umzugehen ist.“

Des Weiteren besteht eine enge Zusammenarbeit mit der Polizei, um sicherzustellen, dass die Legalisierung von Cannabis keine negativen Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit hat.