Oberhausen. Es gibt reichlich Irritationen darüber, was Autofahrer dürfen, wenn das Cannabisgesetz in Kraft tritt. Darauf sollten sie aber achten.
Zum 1. April soll das Cannabis-Gesetz in Kraft treten. Was aber bedeutet die Freigabe, bestimmte Mengen an Marihuana besitzen und konsumieren zu dürfen, für Autofahrer? Dazu kursieren manche Unwahrheiten, Irritationen machen sich breit, sagt Dirk Marten von der Oberhausener Verkehrswacht, zugleich bei der Polizei für Verkehrsunfallprävention und Opferschutz zuständig. Die Redaktion hat eine Reihe von Fakten zusammengetragen.
Zunächst einmal stellt sich die Frage, ob es auch für Cannabis ähnlich wie beim Alkohol einen Grenzwert zulässiger Mengen im Blut gibt?
Der besteht durchaus, betont der Fachmann der Verkehrswacht. Das Limit beträgt nach aktuellem Stand 0,1 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. THC steht für Tetrahydrocannabinol. Dieser Stoff in der Hanfpflanze hat, vereinfacht gesagt, berauschende Wirkung.
Wird es bei diesem Grenzwert bleiben, wenn das Gesetz in Kraft tritt?
Wie eine Sprecherin des Bundesgesundheitsministeriums erklärt, prüft derzeit eine Arbeitsgruppe, wie ein Grenzwert wissenschaftlich begründet ermittelt werden kann. Dazu soll und will bis zum Frühjahr eine Arbeitsgruppe mit Experten aus Medizin, Recht und Verkehr einen Vorschlag unterbreiten. Entscheidend für eine künftige Handhabe sei die Sicherheit im Straßenverkehr.
Ist der Grenzwert unbestritten?
Um das Limit gab und gibt es in den vergangenen Jahren immer wieder heftige Kontroversen. Kritiker der aktuellen Handhabe führen als Argument ins Feld, dass eine Menge von 0,1 Nanogramm viel zu niedrig angesetzt sei. Der liege auch noch Tage nach dem Konsum vor, obwohl dann eigentlich keine Beeinträchtigung der Fahrtüchtigkeit mehr vorhanden sei. So hatte beispielsweise die Linksfraktion im Bundestag vor einiger Zeit schon einmal 10 Nanogramm gefordert und zudem die drastischen Konsequenzen kritisiert, wenn jemand den Grenzwert überschreitet.
Was droht denn einer Autofahrerin, einem Autofahrer in einem solchen Fall?
Nach Aussage von Dirk Marten zieht das Vergehen (mindestens) 500 Euro Bußgeld, zwei Punkte in Flensburg, einen Monat Fahrverbot und eine MPU nach sich, deren Kosten rund 750 Euro betragen. Die Strafe kann aber auch laut Verkehrsministerium noch höher ausfallen: Bis zu 3000 Euro Bußgeld sind möglich.
Wie lange darf ein Autofahrer nicht mehr hinters Steuer, wenn er beispielsweise Hasch geraucht hat?
Hierzu lässt sich kein eindeutiger Zeitraum nennen. Im Gegensatz zum Alkohol, der linear abgebaut wird, also nach und nach, trifft das auf THC nicht zu. Es kann Tage dauern, bis der Stoff vollkommen aus dem Blut verschwunden ist. Daher erklärt Christoph Wickhorst, Sprecher des Innenministeriums ganz klipp und klar, dass ein Autofahrer nach einem Cannabis-Konsum mehrere Tage warten sollte, bis er sich wieder ans Steuer setzt. Ganz schwierig wird es deshalb für Konsumenten, die regelmäßig auf Cannabis zurückgreifen, erklärt der Vorsitzende der Oberhausener Verkehrswacht. Dann kommen immer wieder neue THC-Mengen dazu, der Körper baut den Stoff folglich auch nicht ab. Anders verhalte es sich da schon beim Alkohol. Die Faustformel laute, dass sich pro Stunde 0,1 Promille abbaut. Mit einem solchen Wert sollte man aber auch sehr vorsichtig umgehen, da auch andere Faktoren wie Größe und Gewicht eine Rolle spielen.
Wie wird der THC-Gehalt eigentlich festgestellt?
Als Beispiel soll eine Verkehrskontrolle dienen, wie sie überall, so auch in Oberhausen, ablaufen kann. Die Beamten haben den Verdacht, dass der Fahrer unter Drogeneinfluss stehen könnte. Dann dürfen sie ihn zu einer Urinprobe auffordern, die an Ort und Stelle mithilfe eines Teststreifens erfolgt. Sollte sich der Verdacht einer überhöhten Konzentration erhärten, wird eine Blutprobe genommen, weil nur ein solches Ergebnis vor Gericht Bestand hat.
Wie verhält es sich eigentlich, wenn Autofahrerinnen und Autofahrer aus medizinischen Gründen auf Cannabis zurückgreifen?
Wenn Betroffene in einem solchen Fall mit zu hohen Werten erwischt werden, handelt es sich nicht um einen Verstoß, vorausgesetzt, Cannabis ist im Krankheitsfall auch tatsächlich verschrieben und den Vorgaben entsprechend eingenommen worden, erklärt Hanna Büdicker, Pressesprecherin des Bundesministeriums für Verkehr und Digitales. Aber bekanntlich gibt es kaum eine Regel ohne Ausnahme. Sollte die Fahrerin oder der Fahrer nicht mehr fahrtüchtig sein, sei eine Fahreignung ausgeschlossen. Daher sei es durchaus gängige Praxis, erläutert Dirk Marten von der Verkehrswacht, dass auch in diesen Fällen ein Überschreiten des Grenzwertes geahndet werde.
Welche Zahlen liegen der Oberhausener Polizei zum Drogenkonsum unter Autofahrern vor?
Aus den rund 1121 Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Jahr 2022 beispielsweise lässt sich laut Polizei nicht herausfiltern, wie viele Male davon Autofahrer betroffen waren. Aber eine andere Zahl kann die Behörde nennen: Nach einem Verkehrsunfall wurden in dem Jahr 30 Personen positiv auf Drogen getestet, wozu neben Cannabis auch beispielsweise Heroin und Kokain gehört haben können.