Niederrhein. Ein Programm soll Islamismus an Schulen in NRW entgegenwirken - in Neuss hat es offenbar versagt. Wie wird dabei vorgegangen?

Der Fall der vier jungen Schüler, die an einer Neusser Gesamtschule Unterricht nach islamistischer Art verlangten, scheint zwar krass zu sein, aber ähnliche Fälle kommen häufig vor. „Im vergangenen Jahr verzeichneten wir einen erhöhten Beratungsbedarf an Schulen“, sagte ein Sprecher des NRW-Innenministeriums auf Anfrage der NRZ.

Meist ging es dabei um Islamismus, vermehrt noch durch den Nahost-Konflikt. Allein bis zum Herbst 2023 gab es daher mehr als 1000 Vorträge und Workshops des NRW-Präventionsprogramms „Wegweiser“. Dieses wird vom NRW-Verfassungsschutz organisiert und will islamistischer Radikalisierung entgegenwirken.

Wie berichtet, bedrängten an einer Neusser Gesamtschule vier junge Migranten die Lehrer nach Geschlechtertrennung im Unterricht, zudem wollten sie einen Gebetsraum und versuchten ihre Mitschüler islamistisch zu beeinflussen. Ihre Schule nimmt zwar an dem Programm „Wegweiser“ teil, dennoch blieb es bei den erwähnten jungen Männern offensichtlich erfolglos. Inzwischen befassen sich die Behörden mit dem Fall. Sowohl Innen- als auch Schulministerium sind involviert.

So arbeiten die Beratungskräfte von Wegweiser

Die Beratungskräfte von „Wegweiser“ sind für die Schulen per Mail, Chat oder telefonisch erreichbar. Immer dann, wenn Lehrerinnen oder Lehrer auffällige Veränderungen bei Schülern registrieren. So kann zum Beispiel das Instagram-Profilbild einer Schülerin in sozialen Medien Fragen aufwerfen oder religiöse Sprüche, mit denen ein Schüler immer wieder den Unterricht stört. „Wegweiser versucht dann, mit den Lehrern und den Schülern ins Gespräch zu kommen, um die Hintergründe aufzuklären: Handelt es sich um ein bedenkliches Bild, warum wurde es als Profil verwendet? Welche Sprüche sind es genau und was will der Schüler damit bezwecken?“, so ein Sprecher des Ministeriums zur NRZ.

Außerdem gibt es Workshops, die über Islamismus, seine Erscheinungsformen, Anwerbestrategien und Propagandaaktivitäten informieren. Auch individuelle Lösungen für besondere Fälle sind möglich, so das Ministerium. Die Schulaufsicht sitzt ebenfalls mit im Boot. Unterm Strich ist das eine sinnvolle, aber auch sehr mühevolle und langwierige Arbeit.

„Schariagemäßen“ Unterricht erleben

Zur Idee, ob man die vier Neusser Gesamtschüler nicht auf freiwilliger Basis für eine Zeit lang in ein islamistisches Land schicken könne, damit sie dort einmal „Scharia-gemäßen“ Unterricht erleben und hinterher über ihre Erfahrungen berichten könnten, meinte das NRW-Schulministerium: „Das kann aus unserer Sicht niemals eine Option sein, weil eine derartige Überlegung weder mit der Pädagogik noch mit der Menschenwürde vereinbar wäre.“ Solch eine Disziplinierungsmaßnahme sei das Gegenteil von einem Schüleraustausch, bei dem es um mehr Toleranz, um Weltoffenheit, Völkerverständigung und die Entwicklung einer Zivilgesellschaft gehe.