Aus den Niederlanden. Nächste Woche wählen die Niederlande ein neues Parlament. Was die größten Parteien zu unter anderem zu den Themen Migration und Soziales sagen.

Die vorgezogenen Neuwahlen stehen vor der Tür: Am kommenden Mittwoch, 22. November, wählen die Niederlande ein neues Parlament in Den Haag. Nachdem Mark Ruttes Koalition im Sommer über der Migrationsdebatte zerbrochen war und der Premier seinen Rückzug aus der niederländischen Politik angekündigt hatte, ist bereits sicher: Schon durch viele neue Gesichter wird das Parlament in Den Haag, die sogenannte Tweede Kamer, anders aussehen. Doch welchen politischen Kurs fahren die Niederlande in den kommenden Jahren? Das sagen die Wahlprogramme der größten Parteien zu den am meisten diskutierten Themen:

Wirtschaft, Soziales und Arbeit

Der niederländische Wahlkampf wird durch soziale Fragen dominiert. Inflation und Coronakrise setzen Wirtschaft und Bevölkerung finanziell noch immer zu. Deshalb wollen die meisten Parteien den Mindestlohn erhöhen – um wie viel, darüber gibt’s unterschiedliche Aussagen – oder es noch nicht bekannt, etwa bei der rechtsliberalen Partei von Ministerpräsident Rutte (VVD) und den beiden rechtspopulistischen Parteien PVV und BBB.

Die mit einer gemeinsamen linken Liste antretenden Sozialdemokraten (PvdA) und GroenLinks sprechen von 16 Euro. Die linksliberale D66 und christdemokratische CU wollen den Mindestlohn unterdessen prozentual anheben. Die christdemokratische CDA und die neu gegründete Partei NSC des Ex-Christdemokraten Pieter Omtzigt möchten unterdessen keine Erhöhung.

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Auch Steuersenkungen für Arbeitnehmende werden in Parteiprogrammen versprochen, neben der PvdA/GroenLinks auch von der VVD, BBB und der PVV. Grünlinks und die Sozialdemokraten planen eine stärkere Besteuerung von Wohlhabenden. Soziale Sicherheit steht bei bestimmten Parteien zugunsten der Wirtschaft weniger stark im Fokus.

So will die VVD es durch Boni attraktiver machen, mehr zu arbeiten. Nach dem NSC-Wahlprogramm sollen Mitarbeitende zudem leichter eingestellt werden und unbefristete Arbeitsverhältnisse „wieder zur Norm‘‘ werden, um Unternehmen flexibleren Handlungsspielraum zu verschaffen. Steuervorteile für Arbeitnehmern aus dem Ausland sollen laut Pieter Omtzigt begrenzt werden.

Wohnen und Leben

In den Niederlanden fehlt seit Jahren bezahlbarer Wohnraum. Bei den Wahlen rückt dieses Thema noch stärker in den Fokus. So wollen sich die meisten Parteien dafür einsetzen, dass in den kommenden Jahren deutlich mehr gebaut wird – auch im erschwinglicheren Segment, vor allem für Erstkäuferinnen und Erstkäufer oder mit Blick auf altersgerechte Wohneinheiten.

Die Bauer-Bürger-Protestpartei BBB möchte dafür sogar bestimmte Umwelt- und Nachhaltigkeitsauflagen außer Kraft setzen. Der NSC, die PVV und PvdA/GroenLinks sprechen sich für eine Begrenzung von Mietsteigerungen aus. Das linke Bündnis ist zudem für verpflichtende energetische Sanierungen.

Migration

Das Thema wird, wie in Deutschland, kontrovers diskutiert. Die meisten niederländischen Parteien im Mitte-Rechts-Spektrum haben einen restriktiveren Kurs angekündigt. Dieser würde Leistungen für Zugewanderte deutlich einschränken.

Mehrere Parteien fordern zudem eine Begrenzung der Aufnahme von Migrantinnen und Migranten, darunter der christdemokratische CDA und die rechtsliberale VVD. Eine genaue Obergrenze ist nur bei der Bauer-Bürger-Bewegung BBB und dem NSC angegeben. Beide Parteien wollen pro Jahr maximal 50.000 beziehungsweise 15.000 Migranten in die Niederlande lassen. Geert Wilders’ rechte PVV möchte gar einen kompletten Asylstopp durchsetzen.

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Die Parteien D66, PvdA/GroenLinks und die ChristenUnie wollen unterdessen keine Begrenzung von bei der Aufnahme von Flüchtlingen. Ein neues Zwei-Status-System soll nach den Vorstellungen des NSC und der VVD zwischen politischen Geflüchteten und Kriegsgeflüchteten unterscheiden. Das ist in den Niederlanden bislang nicht der Fall. PvdA/GroenLinks wollen beim Thema Arbeitsmigration die Ausbeutung günstiger Arbeitskräfte aus dem Ausland, vor allem aus Osteuropa, unterbinden.

Energie, Klima, Natur

Die meisten Parteien vom rechten bis ins progressivere Spektrum befürworten in ihren Programmen den Ausbau von Kernkraft und den Stopp der Gasförderung in Groningen. Teilweise wird sich für den Ausbau der Gasgewinnung in der Nordsee ausgesprochen, etwa vonseiten Geert Wilders. PvdA/GroenLinks hingegen wollen die Gasgewinnung generell stoppen und setzen strikt auf erneuerbare Energie. Kernenergie kommt für diese Parteien nicht in Frage.

Laut VVD-Programm sollen die Niederlande bis 2050 klimaneutral werden, bei der D66 bis 2040 und bei PvdA/GroenLinks bis 2035. PvdA/GroenLinks wollen zudem eine Art Niederlande-Ticket für 49 Euro, das sich „Klimaatticket“ nennt. Zudem soll eine Kerosinsteuer das Fliegen unattraktiver machen und es keine Subventionen für fossile Energieträger mehr geben.

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Mehrere Mitte-Parteien hingegen sprechen sich für niedrigere Spritsteuern aus. Parteien aus dem rechten Spektrum haben in ihren Wahlprogrammen einen Anti-Klima-Kurs angekündigt. Wilders‘ PVV will die niederländische Klimawandelgesetzgebung (Klimaatwet) aufheben. Sie ist gegen die Reduktion von CO2-Emissionen und bezeichnet die Diskussionen darüber als „hysterisch“.

Die Bauer-Bürger-Bewegung BBB wiederum will das aktuelle Stickstoff-Gesetz abschaffen und keine neuen Naturschutzgebiete zulassen. Das Tempolimit soll von 100 auf 130 erhöht werden.

Recht und Sicherheit

Mehrere Parteien haben ein hartes Vorgehen gegen die organisierte Kriminalität und Hassdelikte angekündigt, darunter Ruttes VVD. Sie will das Strafmaß für Taten wie Gewalt gegen Frauen, die LGBTIQ+-Community (Englisch für Lesbisch, Trans, Gay, Intersexuell, Queer und weitere Identitäten) oder Drogenkriminalität verschärfen und den Opferschutz weiter stärken.

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Auch PvdA/GroenLinks wollen das Strafmaß für Diskriminierung, Rassismus, Femizide und Onlinegewalt verschärfen. Wilders‘ PVV fordert in ihrem Parteiprogramm ebenfalls zusätzliche Polizeibeamte, eine Reform des Justizsystems, höhere Mindeststrafen und ein strenges Gefängnisregime.

Angesichts des Kriegs in der Ukraine sprechen sich der christdemokratische CDA und die BBB für eine Dienstpflicht aus, die VVD will eine Art freiwilliges Dienstjahr.

Kultur und Wissenschaft

VVD, PVV, BBB und NSC plädieren für eine Einschränkung oder komplette Streichung von englischsprachigen Studiengängen, um so die Anzahl außereuropäischer Studierender im Nachbarland zu verringern. Wie die BBB und der NSC schlägt die rechtspopulistische PVV vor, Studiengänge nur noch auf Niederländisch anzubieten.

Parteien aus dem progressiven Spektrum lehnen dies ab. Die linksliberale D66 etwa sieht internationale Kontakte als Chance für Studierende. Sie befürwortet Englisch als Unterrichtssprache an Hochschulen, sofern dies einen Mehrwert in Bezug auf Fachinhalte und den Arbeitsmarkt bietet. Andere Parteien aus dem Mitte-Links-Spektrum sehen das ähnlich.