Düsseldorf. Anders seien die immensen Kostensteigerungen bei Gehältern und Betriebskosten nicht zu finanzieren, so der NRW-Gesundheitsminister.
Die Beiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung müssen kurzfristig um etwa 0,2 Prozentpunkte angehoben werden. Diese Einschätzung äußerste NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann beim so genannten „Hafengespräch“ der Barmer. Viele Krankenhäuser seien durch die immensen Steigerungen bei den Betriebskosten und die Tarifabschlüsse finanziell in ihrer Existenz bedroht und könnten nicht mehr bis Ende 2024 durchhalten, so Laumann. Dann soll die Krankenhausreform mit einem Umbau der NRW-Krankenhauslandschaft für mehr Effizienz in den Klinikbetrieben sorgen.
„Doch bis dahin kommen viele Häuser nicht“, sagte Laumann und verwies auf die jüngsten plötzlichen Klinikschließungen in Hilden, Haan und Solingen - in Solingen schließe eine Klinik bereits zum Monatsende.. „Da müssen wir jetzt sehen, wie wir die Versorgungssicherheit gewährleisten.“ Laumann betonte, er sehe NRW gut vorbereitet auf die vom Bund geplante Krankenhausreform.
„Häuser, die immer gute Gewinne gemacht haben, schreiben jetzt eine schwarze Null. Und die Häuser, die vorher eine Schwarze Null geschrieben haben, sind in den roten Zahlen,“ Diese griffen dann notfalls zum Mittel der Insolvenz in Eigenregie, bei dem der Staat für einige Monate die Gehälter zahlt - so wie jüngst in einer Klinik in Essen-Steele. In 2023 gab es in NRW damit mindestens neun Klinikinsolvenzen.
„Fachkräftemangel wird uns über Jahrzehnte begleiten“
Joao Rodriigues, designierter Landesgeschäftsführer des Gastgebers, der Barmer in NRW, wollte sich zu Laumanns Einschätzung nicht äußern. Die Gestaltung der Beitragssätze sei Sache des Verwaltungsrates der jeweiligen Krankenkassen. Fest steht: Viele Kassen rechnen durchaus mit der Notwendigkeit höherer Lohnabzüge zur Finanzierung des Gesundheitswesens.
Hoffnung setzt Laumann auf mehr finanziellen Spielraum durch die Klinikreform. Er betonte aber auch: „Das ist keine Krankenhausplanung, die für Jahrzehnte alles regelt, das System wird sich weiterentwickeln müssen.“ NRW sei Vorbild bei der Klinikreform. Die Kliniken im Land bräuchten danach Zeit für bauliche und personelle Veränderung. Zwar stehe das Patientenwohl und die wohnortnahe Versorgung im Mittelpunkt aber: „Der Fachkräftemangels wird uns über Jahrzehnte begleiten. Deswegen müssen Doppelstrukturen auf engstem Raum beseitigen werden.“
Auf dem Land hingegen werde wohnortnahe Versorgung nicht gelingen, wenn nur nach Fallpauschalen abgerechnet werde. Da müssten die Grundkosten der Kliniken vergütet werden durch so genannte „Vorhaltepauschalen.“ Die Krankenhausplanung und die Betriebskosten müssten zusammengedacht werden, sonst bestehe die Gefahr, dass vor allem Kliniken auf dem Land vom Netz gehen.
Die Vertreter der Ärztekammern im Rheinland und in Westfalen sprachen sich für eine bessere Verzahnung des ambulanten und stationären Bereichs aus. Laumann sprach sich allerdings dafür aus, keine neuen experimentellen Versorgungsinstrumente zu schaffen, weil diese nur weitere personelle Ressourcen bänden, ohne dass der Nutzen klar erkennbar sei. Er nannte in diesem Zusammenhang auch die so genannten „Gesundheitskioske“ wie sie unter anderem in Essen etabliert wurden.
Laumann rechnet mit Klagen gegen die Klinikreform
Einem neuen Transparenzgesetz für die Kliniken, wie es Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) plant, erteilte Laumann eine Absage. Es sei sinnvoller, erst die Klinikreform umzusetzen, In NRW sei man dazu in vielen Bereichen in guten Gesprächen. Er vermutet: Lauterbach will das Transparenzgesetz, um die Patientenströme so zu lenken, dass die weniger gut aufgestellten Häuser von allein vom Netz gehen.
NRW wolle da eine andere Linie mit mehr Konsens fahren: „Ende 2024 sollen die Kliniken sagen, das Land hat seine Linie gehalten.“ Man werde die Entscheidungen gut begründen. „Es darf kein Geschacher entstehen, weil das Vertrauen kaputt macht - und Ärzte, Kliniken, Kassen müssen auch danach noch unser Vertrauen haben“, so Laumann. Gleichwohl rechne er damit, dass einige Entscheidungen vor Gericht angefochten werden. „Das ist das gute Recht der Kliniken“, gab sich Laumann gelassen.