An Rhein und Ruhr. Personalknappheit führt immer wieder zu Teilschließungen. Eltern müssen trotzdem den vollen Beitragssatz für die Kita bezahlen.
Manchmal ist es so, als sei die Pandemie noch voll da. Dann, wenn eine Mail der Kita ankommt, die nur eine Notbetreuung ankündigt, und alle Eltern bittet, die Kinder selbst zu betreuen. Dann, wenn eine Kita-Gruppe gänzlich geschlossen werden muss, weil zu wenige Erzieherinnen da sind, die eine Betreuung gewährleisten können. In der ersten Hälfte des aktuellen Jahres mussten aufgrund des Personalmangels in NRW Gruppen geschlossen oder Betreuungszeiten reduziert werden.
Rund 5000 Meldungen aufgrund Personalmangels gab es von Januar bis Juni in NRW. Familien ächzen unter den Ausfällen, weil sie ihren Arbeitsalltag umorganisieren oder sich unbezahlten Urlaub nehmen müssen.
Die Zahlen des NRW-Familienministeriums zeigen, dass solche Schließungen oder Reduzierungen von Betreuungszeiten keine Einzelfälle sind.
Eltern in Düsseldorf sammeln Unterschriften
Ein Elternbeirat einer evangelischen Kindertagesstätte in Düsseldorf hat schon im Frühjahr eine Petition gestartet, die sich an Familienministerin Josefine Paul richtet. Er will die verlässliche Betreuung der Kinder wieder sichergestellt wissen. Auch der Elternbeirat berichtet in der Petition davon, dass es durch die „dünne Personaldecke“ zu regelmäßigen (Teil-)Schließungen von Betreuungseinrichtungen komme und vertraglich vereinbarte Betreuungszeiten nicht eingehalten würden. Er befürchtet eine Degradierung der Pädagoginnen und Pädagogen zu reinem Betreuungspersonal und eine Überlastung der Eltern.
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„Immer wieder erleben wir, dass Kitas ihre Betreuungszeiten wegen Personalmangels reduzieren müssen. In diesem Frühjahr war die Situation in vielen Einrichtungen sogar schlimmer als in Hochphasen der Corona-Pandemie“, sagt Dennis Maelzer, familienpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im NRW-Landtag auf Anfrage der NRZ. Während der Pandemie sind Eltern – ausnahmsweise – die Kita-Gebühren erstattet worden.
Einkommenseinbußen für die Eltern
Aktuell zahlen die Eltern die regulären Beiträge, erhalten durch die verkürzten Betreuungszeiten aber weniger Leistung. „Wenn Eltern weiterhin hohe Gebühren für gekürzte oder ausgefallene Leistungen zahlen müssen, ist der Ärger vorprogrammiert. Hinzu kommt, dass in dieser Zeit neue Kosten für anderweitige Betreuungsmöglichkeiten entstehen oder die Familien mit Einkommenseinbußen rechnen müssen, weil sie in der Zeit nicht arbeiten können. Bislang gibt es hier keinerlei Unterstützung seitens des Landes“, kritisiert Maelzer. Seiner Ansicht nach sollte das Land den Kommunen finanziell zur Seite stehen, wenn diese die Gebühren aufgrund der prekären Betreuungssituation senken oder aussetzen wollten. „Denn anders als viele glauben, fließen die Gebühren nicht den Kitas, sondern den Kommunen zu.“
In Oberhausen mussten die Betreuungszeiten in diesem Jahr bereits eingeschränkt werden, weil es insgesamt 19 Meldungen zur Personalunterbesetzung gegeben habe, schildert ein Sprecher der Stadt im Gespräch mit der NRZ. Die Kindertageseinrichtungen sind nach dem Sozialgesetzbuch dazu verpflichtet, dem Landesjugendamt den Personalausfall und die Reduzierung des Betreuungsangebotes zu melden.
Einschränkungen dauern in Oberhausen nicht länger als fünf Tage
In Oberhausen wurden die Eltern dort, wo es nicht anders möglich gewesen sei, darum gebeten, ihre Kinder in der Regel früher aus der Kita abzuholen – oder später zu bringen. Im Schnitt dauerten die Einschränkungen nie länger als fünf Werktage, erklärt der Stadtsprecher weiter. Zu Gruppenschließungen aber sei es in diesem Jahr nicht gekommen.
In Essen mussten ebenfalls einige Einrichtungen ihre Öffnungszeiten oder die Gruppengrößen kurzfristig reduzieren und die Familien bitten, private Betreuungsmöglichkeiten für ihre Kinder zu prüfen, bestätigt eine Sprecherin des katholischen Kita-Zweckverbandes gegenüber der Redaktion. Das sei vor allem während der Krankheitswelle der Fall gewesen, als mehrere Mitarbeitende gleichzeitig ausgefallen sind. Bei den städtischen Kitas sei es „vereinzelt zu tageweisen Schließungen einzelner Gruppen gekommen. Zudem kam es ebenfalls in Einzelfällen zu Reduzierungen von Betreuungszeiten, vornehmlich in den Nachmittagsstunden“, so eine Sprecherin der Stadt Essen.
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Das Kreisjugendamt in Wesel, das für die Kitas in Alpen, Hünxe, Schermbeck, Sonsbeck, Hamminkeln, Neukirchen-Vluyn und Xanten zuständig ist, führt nach eigenen Angaben keine Statistik über die Schließungen oder reduzierten Öffnungszeiten, werde aber über die Meldung beim Land informiert. In den jüngsten Wintermonaten und während Corona seien „mehr Meldungen beim Kreisjugendamt eingegangen, derzeit sind es eher weniger“, sagt eine Sprecherin.
Keine Pflicht zur Aussetzung der Elternbeiträge
Die Ausgestaltung und Erhebung von Elternbeiträgen ist eine kommunale Aufgabe.
„Für die Kommunen besteht im Regelfall keine rechtliche Pflicht zur Aussetzung der Elternbeiträge bei zeitweiser Einschränkung des Betreuungsangebotes aufgrund Personalmangels“, erklärt ein Sprecher des NRW-Ministeriums auf NRZ-Anfrage. Elternbeiträge sind keine Gebühren, sondern Abgaben. „Das bedeutet, dass die Elternbeitragspflicht nicht davon abhängt, ob die Angebote der Kindertagesbetreuung tatsächlich und vollumfänglich in Anspruch genommen werden können“, so der Sprecher weiter.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Maelzer sieht noch kein Ende des Problems, im Gegenteil: „Schlimm ist, dass die Landesregierung die Kita-Träger mit den inflationsbedingt hohen Tarifsteigerungen alleinelässt. Jeder Cent für die Erzieherinnen und Erzieher ist verdient. Doch ohne eine entsprechende Refinanzierung werden viele Kitas ihren Personalstamm auf das Minimum reduzieren müssen, um finanziell überleben zu können. Das wird die Situation weiter verschärfen und weitere Betreuungslücken wegen Personalmangels reißen.“
Seine Fraktion möchte in der Sitzung des kommenden Familienausschusses über Vorschläge abstimmen, um dem Fachkräftemangel zu begegnen. So sollen die Tarifsteigerungen vollständig ausgeglichen und zusätzliche Kräfte eingestellt werden, die Erzieherinnen bei nicht-pädagogischen Aufgaben entlasten.