Oberhausen. Für den Ausbau des Autobahnkreuzes Oberhausen sollen Bäume weichen. Im „Klimacamp“ wird protestiert. Das sagt das Bundesverkehrsministerium.

„Klimagerechtigkeit statt Kapitalismus“ steht in bunten Lettern auf einem Banner geschrieben, unweit davon lässt sich die nächste Botschaft entdecken, „Kein Grad weiter – Klimakrise stoppen“, heißt es dort ebenfalls in Großbuchstaben. Hier, im sogenannten „Klimacamp Sterki“, haben sich seit einigen Tagen vor allem junge Menschen versammelt und ihre Zelte aufgeschlagen, die den Ausbau des Kreuz Oberhausen, eines der meistbefahrenen Autobahnkreuze in Nordrhein-Westfalen, ablehnen.

Noch bis zum kommenden Montag wollen sich die Aktiven, darunter auch bürgerliche Vertreter, vernetzen, mit Anwohnerinnen und Anwohnern ins Gespräch kommen. Sie wollen aufzeigen, welch starken Einschnitt der geplante Ausbau der Verbindung von A2, A3 und A516 für den umliegenden „Sterkrader Wald“ bedeutet.

„Wälder sind natürliche Klimaanlagen. Die aktuellen Entwicklungen mit Rekordtemperaturen zeigen, wie wichtig sie sind“, erklärt Linda Kastrup. Die 24-jährige Duisburgerin ist Sprecherin des Camps, aktiv bei Fridays for Future. „Darum müssen wir uns, gerade in einer dicht bebauten Stadt wie Oberhausen, für den Erhalt einsetzen.“

Rund 5000 Bäume auf einer Waldfläche von rund elf Hektar sowie weitere 22 Hektar an Gehölzstrukturen und Böschungen seien laut Auskunft von Cornelia Schiemanowski, Sprecherin der Kreisgruppe der Umweltschutzorganisation BUND, gefährdet. „Wir reden hier von einem Naturschutz- und Landschaftsschutzgebiet, das Lebensraum für viele Tiere ist, etwa Fledermäuse oder Salamander.“

Noch bis einschließlich Montag findet das Klimacamp statt. Im Bild von links: Linda Kastrup, Sprecherin von „Sterki Bleibt“, Anja Gassmann und Cornelia Schimanowski ( BUND).
Noch bis einschließlich Montag findet das Klimacamp statt. Im Bild von links: Linda Kastrup, Sprecherin von „Sterki Bleibt“, Anja Gassmann und Cornelia Schimanowski ( BUND). © FUNKE Foto Services | Gerd Wallhorn

Aus ihrer Sicht und der des „Bündnis für den Erhalt des Sterkrader Waldes“, dem auch einzelne kirchliche Gruppen angehören, sei es aus der Zeit gefallen, weiter am Ausbau festzuhalten. „Wir müssen die Verkehrswende endlich angehen, auf den ÖPNV setzen, Bahnstrecken angehen. Der Verkehrssektor verfehlt weiterhin die Ziele zur CO2-Einsparung, dafür ist er für rund 20 Prozent der Emissionen in Deutschland verantwortlich.“

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„Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat leider nicht verstanden, was eine sozial-gerechte Verkehrswende ausmacht“, übt Linda Kastrup Kritik. „Er scheint auch nicht die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu verfolgen.“

Für das Bundesverkehrsministeriums ist der Ausbau dagegen alternativlos. „Nach den Verkehrsprognosen ist in den kommenden Jahren auch am Autobahnkreuz (AK) Oberhausen mit einem weiterhin steigenden Verkehrsaufkommen zu rechnen“, erklärt eine Sprecherin auf Anfrage.

Zahl der Fahrzeuge wird weiter zunehmen

Die Autobahn GmbH des Bundes geht davon aus, dass bis zum Jahr 2030 jeden Tag über 130.000 Fahrzeuge im Kreuz über die A3 in Richtung Köln rollen werden – das macht ein Plus von 9,6 Prozent im Vergleich zu heute. Auch in Richtung des Niederrheins und der niederländischen Grenze soll der Verkehr massiv zunehmen, auf über 73.000 Kfz pro Werktag, was eine Zunahme um 15,5 Prozent bedeutete. Diese Steigerungen seien unabhängig von dem Um- und Ausbau.

Das Autobahnkreuz Oberhausen aus der Luft betrachtet.
Das Autobahnkreuz Oberhausen aus der Luft betrachtet. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey

„Aus diesem Grund ist der Ausbau dieses wichtigen Verkehrsknotenpunkts für die Leistungsfähigkeit und Verkehrssicherheit der daran angebundenen Fernautobahnen von großer Bedeutung“, teilt das Verkehrsministerium mit. „Der Ausbau des Autobahnkreuzes Oberhausen soll in Zukunft Staus und Immissionen minimieren“, wirbt die Autobahn GmbH in ihren Planungen. Anwohner des Kreuzes sollen durch Lärmschutzwände und einen lärmmindernden Fahrbahnbelag entlastet werden.

Bereits 2016 fand der Ausbau des Kreuzes mit Zustimmung des Bundestags seinen Weg in den „Bundesverkehrswegeplan 2030“, gar mit der Dringlichkeitseinstufung „Vordringlicher Bedarf – Engpassbeseitigung“. Im Februar 2020 wurde dann das Planfeststellungsverfahren bei der Bezirksregierung Köln eingeleitet. Als nächster Schritt soll ein Erörterungstermin angesetzt werden, bei dem die Einwendungen behandelt werden. Ausgang offen.

Das „Beschleunigungsgesetz“, mit dem die Genehmigung von Infrastrukturprojekten vereinfacht werden soll, könnte nach der parlamentarischen Sommerpause im Bundestag verabschiedet werden. Und für Bewegung sorgen, auch in Oberhausen.