Oberhausen/Dinslaken. Das Kreuz Oberhausen soll größer werden, doch Anwohner sorgen sich um den Wald. Seit vier Jahren wird diskutiert. Wichtige Fragen und Antworten.
Baustelle, Unfall, Stau: Das Autobahnkreuz Oberhausen zählt nach Angaben von Straßen NRW zu den am meisten befahrenen Kreuzen in ganz NRW. Um den Verkehr auf der A2/3/A516 zwischen Oberhausen und Dinslaken in einen besseren Fluss zu bringen, soll das Kreuz ausgebaut werden. Das betrifft Flächen in Oberhausen, Dinslaken und Hünxe.
Die Planungen laufen, die Proteste ebenfalls. Bis zum 21. August konnten Bürger ihre Bedenken bei den betroffenen Städten und der Bezirksregierung melden. Eine Übersicht über das Projekt.
Kreuz Oberhausen: Was bisher geschah
Die ersten Vorentwürfe hat der Landesbetrieb Straßen NRW im Jahr 2016 der Oberhausener Öffentlichkeit bekanntgegeben. Im gleichen Jahr gründete der Oberhausener Jörk Lutz die Bürgerinitiative „Dunkelschlag“. Sie setzt sich für den Erhalt des Sterkrader Waldes ein, von dem ein Teil für den Autobahnausbau weichen muss. Auch die Oberhausener Grünen und die dortigen Umweltverbände kritisieren das Projekt.
Die Bürgerinitiative führte zahlreiche Gespräche unter anderem mit Politikern, Straßen NRW und dem damaligen NRW-Verkehrsminister Mike Groschek (SPD). Sie entwickelte Alternativpläne und lud zu Waldspaziergängen ein. Zudem sammelte sie 4000 Unterschriften, die sie Oberhausens Oberbürgermeister Daniel Schranz (CDU) im Jahr 2017 übergaben. Die Bürgerinitiative hat erreicht, dass die Pläne zum Ausbau des Autobahnkreuzes in Teilen verändert worden sind.
Derzeit läuft das am 20. Februar 2020 eingeleitete Planfeststellungsverfahren. Es gab 122 Einwendungen, darunter auch eine Stellungnahme des lokalen Umweltverbandes BUND. Worauf sich die Einwendungen schwerpunktmäßig beziehen, teilt die zuständige Bezirksregierung Köln auf Anfrage der Redaktion nicht mit, „da wir uns noch im laufenden Verfahren befinden“, so eine Sprecherin.
Ausbau der Autobahnen: Das ist der Plan
Die A3 zwischen dem Kreuz Oberhausen und der Anschlussstelle Dinslaken-Süd soll von vier auf sechs Spuren ausgebaut werden, sie soll dazu in beiden Richtungen einen zusätzlichen Einfädelungsstreifen über eine Länge von rund 3,2 Kilometern bekommen. Solch zusätzliche Streifen soll es auch auf der A2 zwischen dem Kreuz Oberhausen und der Anschlussstelle Oberhausen-Königshardt geben, somit würde die Autobahn an dieser Stelle achtspurig werden.
Eine weitere Änderung betrifft die Fahrtrichtung von Köln nach Arnheim. Hier ist eine neue Rampe in West-Nord-Richtung in Form einer Brücke und eines Tunnels geplant.
Für den Umbau des Autobahnkreuzes ist die Erweiterung von fünf Brücken und der Neubau von fünf weiteren vorgesehen, weil die bisherigen Breiten nicht mehr ausreichen. Um Anwohner vor Lärm zu schützen, werden Schallschutzwände gebaut und Flüsterasphalt im kompletten Umbaubereich der A3 und A2 aufgetragen. Der Flüsterasphalt soll eine Verringerung von fünf Dezibel bringen.
Breiteres Kreuz Oberhausen: Warum das Ganze?
Der Landesbetrieb Straßen NRW prognostiziert für das Jahr 2030 im Kreuz Oberhausen auf der A3 in Richtung Köln 130.430 Kraftfahrzeuge pro Werktag. Das würde ein Plus von 9,6 Prozent bedeuten. In Richtung Arnheim fällt die Zunahme des Verkehrs der Prognose zufolge mit 15,5 Prozent noch höher aus. Hier werden dann 73.320 Fahrzeuge täglich erwartet.
Die Rampe Köln-Arnheim soll zukünftig von 15.440 Kfz pro Tag genutzt werden (+0,8 %), in anderer Richtung von 18.150 Kraftfahrzeugen (+57,4 %). Nur auf der A2 in Richtung Hannover erwartet Straßen NRW einen Rückgang von vier Prozent zum heutigen Verkehrsaufkommen und damit 121.200 Fahrzeugen pro Tag. Auch der Leiter der Abteilung Verkehrssteuerung in der Verkehrszentrale NRW in Leverkusen, Jan Lohoff, sagte noch im Januar im Gespräch mit der NRZ: „Man kommt hier an einem Ausbau nicht vorbei.“
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Aber: Sind angesichts steigenden Umweltbewusstseins und des auch zukünftig verstärkten Arbeitens im Homeoffice diese Prognosen noch aktuell? „Die aktuelle Verkehrsuntersuchung mit dem Prognosehorizont 2030 hat weiterhin Bestand. Der temporäre Rückgang der Verkehrszahlen in der ersten Jahreshälfte hat sich weitestgehend wieder normalisiert und eine gravierende Veränderung in den nächsten zehn Jahren ist aus jetziger Sicht nicht abzusehen“, schreibt eine Sprecherin der Regionalniederlassung von Straßen NRW auf Anfrage der Redaktion.
Das sind die Streitpunkte: Bürgerinitiative will Wald schützen
Nach den Protesten vor allem der Bürgerinitiative sind die Planungen angepasst worden. Prinzipiell bevorzugt die Bürgerinitiative eine andere Planungsvariante, die einen Bypass, also eine Umgehung, vorsieht statt einer halbdirekten Rampenzufahrt. Das lehnt Straßen NRW ab. „Die Bürgerinitiative Dunkelschlag möchte das Projekt nicht verhindern, setzt sich jedoch für eine alternative, umweltverträglichere Planungsvariante ein“, sagt Jörk Lutz.
Auch wenn es den Planungsunterlagen zufolge keine Bypass-Lösung geben soll, so rücken die geplanten Trassen nun näher an die Autobahn heran, so dass der Eingriff in den Wald geringer ausfällt. Während der BUND Oberhausen von elf Hektar – 4000 bis 5000 Bäume – spricht, die im Sterkrader Wald gerodet werden müssten, gibt Straßen NRW eine geringere Fläche an. Demnach gehe es im Naturschutzgebiet Sterkrader Wald nordöstlich des Autobahnkreuzes um 1,6 Hektar, von denen 0,4 Hektar nur übergangsweise gebraucht und nach den Bauarbeiten wieder hergestellt würden.
Im Landschaftsschutzgebiet Sterkrader Wald/Dunkelschlag westlich, südöstlich und nordöstlich vom Autobahnkreuz würden dem Wald 5,3 Hektar genommen. Davon würden auf 3,3 Hektar dauerhaft die neue Rampe Nord-West und West-Nord gebaut, die Fahrbahnfläche der A 3 und A 2 verbreitert, eine Regenwasserbehandlungsanlage, Entwässerungsmulden, Seitenstreifen sowie Straßenböschungen angelegt.
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Den Eingriff in die Natur lehnen die Umweltverbände in Oberhausen grundsätzlich ab. Auch die Oberhausener Grünen stehen dem Projekt kritisch gegenüber. Vor allem, weil die für die Rodungen notwendigen Ausgleichsflächen nur zum geringerem Anteil in Oberhausen entstehen.
Insgesamt 20,9 Hektar werden den Plänen zufolge kompensiert – davon 11,6 Hektar im Kreis Wesel und eben nicht in Oberhausen. Die Bürgerinitiative fordert außerdem, die Schallschutzwände von der Autobahnseite zu erbauen, damit nicht noch weitere Bäume gefällt werden müssen, erklärt Gründer und Sprecher der Initiative, Jörk Lutz.
Soviel soll der Umbau kosten
Laut Planungsunterlagen rechnet Straßen NRW bei der vom Landesbetrieb favorisierten und vorgestellten Lösung mit Baukosten von rund 30,7 Millionen Euro.
Kreuz Oberhausen: Wann beginnt der Ausbau?
Wann das Baurecht erteilt wird, ist noch unklar. Derzeit werden die Einwendungen geprüft, anschließend kommt es zu Erörterungsterminen. Sollten beispielsweise die Umweltverbände den Klageweg anstreben, wird sich der Bau weiter verzögern. Die ursprünglichen Planungen sahen vor, dass die Bauarbeiten bereits 2021 starten könnten. Das ist nach jetzigem Stand eher unwahrscheinlich. Zu einer längeren Vollsperrung einzelner Autobahnabschnitte soll es während der Bauarbeiten nicht kommen, sagt Straßen NRW auf Anfrage der Redaktion. Allerdings müssten sich Autofahrer auf zeitweise Sperrungen, über Stunden oder Tage, einstellen. Vor allem dann, wenn zum Beispiel Brücken erbaut werden.
Pendler finden Autobahn-Ausbau unnötig
Fast täglich stehen Pendler rund um das Kreuz im Stau, schreiben uns einige User auf unserer Facebook-Seiten. Den Ausbau sehen einige hingegen nicht unbedingt als Lösung für das Verkehrsproblem an. Petra Brockhaus aus Dinslaken ist der Meinung, dass ein Ausbau des Autobahnkreuzes kaum Verbesserungen bringen würde, denn: „Gegen Fahrfehler hilft die beste Straße nicht“, schreibt sie uns. Autofahrer würden die ganze Spur ausbremsen, wenn sie die Spuren wechseln wollen, oder seien zu zögerlich auf den Beschleunigungsstreifen.
Ihr täte es leid „um den Sterkrader Wald am Dunkelschlag, das Handbachtal und die Naturdenkmal-Buchen, die dort stehen.“ Der Umbau „wird nicht ohne Kollateralschaden am Wald durchführbar sein und ist doch sinnlos…“ Guido Glowacki meint, dass man sich den Umbau „und die dadurch entstehenden Kosten sparen“ könne, wenn einige Verkehrsteilnehmer lernen würden, wie man beschleunige und sich in den fließenden Verkehr einzufädeln habe. Auch Günter Schüller aus Dinslaken findet: „Der Umbau ist unnötig.“