An Rhein und Ruhr. Hoher Krankenstand und ein der Fachkräftemangel sorgen für immer mehr Ausfälle und Verspätungen von Zügen. Pro Bahn schlägt einen Grundtakt vor.
Die Verkehrsunternehmen in NRW kämpfen weiter mit Personalproblemen. Bei der Deutschen Bahn, aber auch kleineren Firmen, kommt es auch durch Krankenfälle regelmäßig zu Ausfällen im Zugverkehr. Sehr zum Ärger der Fahrgäste, die immer öfter auf der Anzeige am Gleis „kurzfristiger Personalausfall“ lesen.
Bahn gibt verschiedene Ursachen für Personalausfälle an
„Die angespannte Personalsituation hat verschiedene Ursachen“, erklärt eine Bahnsprecherin auf Anfrage. So gebe es einen erhöhten Krankenstand. Dazu kommen Bauarbeiten, wofür man zusätzliche Lokführer und Fahrzeuge benötige.
„Außerdem wurden für die Übernahme der Notverkehre nach der Insolvenz von Abellio zusätzliche Mitarbeiter in einem ohnehin angespannten Arbeitsmarkt gebraucht“, heißt es. Obwohl das bereits mehr als ein Jahr her ist: „Daher kann es an der einen oder anderen Stelle zu geringen Einschränkungen im Zugverkehr kommen.“
Verbandsvertreter sieht keine Besserung in den kommenden Jahren
Gering? Lothar Ebbers, Sprecher des Verbands Pro Bahn NRW, spricht derweil von „historisch hohen Krankenfällen“. So seien es im vergangenen Sommer bis zu 20 Prozent gewesen. Zu aktuellen Zahlen machte die Bahn keine Angaben. Jedoch: Die Ausfälle kämen auch von der Belastung der letzten Jahre. „Da dürften auch Burnout-Fälle dabei sein. Dazu herrscht ein allgemeiner Mangel an Fachkräften. Und die Bahn hat einen Berg an Überstunden und Urlauben vor sich hergeschoben“, so Ebbers. „Ich fahre seit 60 Jahren Eisenbahn, aber ich habe noch nie über längere Zeit solche Probleme gesehen.“
Auch VRR-Gremienvertreter Frank Heidenreich (CDU) sieht einen „bunten Strauß aus Fehlern und Problemen der Vergangenheit“ als ursächlich für die vielen Ausfälle. Dazu zählt er den hohen Krankenstand und viele Umplanungen durch das 49-Euro-Ticket. Es sei aber auch zu wenig ausgebildet worden. „Die Deutsche Bahn hat generell zu wenig Personal“, sagt Heidenreich. „Manchmal ist auch ein Stellwerk nicht besetzt. Da fehlt es dann der DB Netz an Personal.“ Für die absehbare Zukunft sieht er keine Besserung. „Wir stehen vor dem Jahrhundert der Baustellen, in dem komplette Strecken und Stellwerke saniert werden müssen.“
Pro Bahn NRW fordert stabilen Fahrplan und Grundtakt
Den VRR-Gremienvertretern sei indes gesagt worden, die Personallage habe sich stabilisiert, berichtet Vertreter Norbert Czerwinski (Grüne). „Aber das Niveau, auf dem es sich stabilisiert hat, ist zu hoch. Die Personaldecke wurde nicht erhöht, deswegen fällt ein ganzer Zug aus, wenn ein Lokführer ausfällt“, bemängelt er.
Lothar Ebbers zufolge führen die vielen Ausfälle und Verspätungen zunehmend zu Frust bei den Fahrgästen. „Die Leute wenden sich von der Bahn ab“, warnt er. Es dürfe nicht sein, dass „ich am Abend nicht weiß, ob am Morgen mein Zug pünktlich oder überhaupt fährt und ob ich meinen Anschluss bekomme“, so Ebbers. Um etwas dagegen zu unternehmen, empfiehlt er den Blick in die Niederlande. Auch da habe die Bahngesellschaft, die Nederlandse Spoorwegen, Personalsorgen. Dort habe man aber reagiert und 13 Prozent des Angebots rausgenommen. „Aber dafür war der Fahrplan stabil. Das gibt es bei uns nicht“, sagt Ebbers. „Hier wird spontan entschieden, was ausfällt. Das fallen auch manchmal ganze Tagesdienste aus.“
Deutsche Bahn verweist auf alternative Linien und den ÖPNV
Dem Fahrgast nütze es nicht, „wenn man ein großes Fahrplanangebot hat, wo es aber viele volatile Ausfälle gibt. Es wäre besser, weniger anzubieten, dafür aber einen stabileren Fahrplan zu haben“, betont Ebbers.
Er habe auch dem VRR bereits eine Priorisierung vorgeschlagen. „Es muss Verbindungen geben, die garantiert sind“, fordert Ebbers. „Wenn man dann zu wenig Personal hat, muss man sehen, was ausfallen darf. Auf wichtigen Strecken muss es einen Mindesttakt geben. Wenigstens die Tagesrandfahrten müssen fahren, also der erste und letzte Zug. Und ein Grundtakt von einer Stunde muss es mindestens gegeben sein.“
Die Bahnsprecherin betont: „Dort, wo Zugverbindungen ausfallen müssen, gibt es in aller Regel parallel laufende Linien und alternative ÖPNV-Angebote.“ Man tue alles, um die Auswirkungen auf die Fahrgäste so gering wie möglich zu halten. Für kranke Mitarbeiter versuche man, schnell Ersatz zu finden.
Eurobahn unterstützt Mitarbeiter nach Unfällen
Von den Personalsorgen sind aber auch andere Unternehmen betroffen. Die Auswirkungen auf den Betriebsablauf seien unterschiedlich“, erklärt der VRR auf Anfrage. „Am stärksten ist hierbei DB Regio NRW betroffen. Der Personalmangel hat zeitweise zur Einstellung des Betriebes ganzer Linien geführt wie RE49 (Wesel-Oberhausen-Essen-Wuppertal), S68 (Langenfeld-Düsseldorf-Wuppertal) oder auch der Zwischentakt der RE42 von Essen nach Münster.“ Weiterhin sei es auch zu Ausfällen auf den Linien RB32 (Duisburg-Oberhausen-Gelsenkirchen-Dortmund) und RB40 (Essen-Hagen) gekommen.
Auch die Eurobahn gibt für ihren hohen Krankenstand mehrere Gründe an. So seien die Mitarbeiter auch während der Pandemie stets im Einsatz gewesen, so eine Sprecherin. Zudem berichtet sie von Vorfällen, durch die Lokführer länger ausfallen: „Es gab Pkw-Unfälle an Bahnübergängen sowie Personen im Gleis. Diese Unfälle ziehen immer auch eine Krankmeldung nach sich“, so die Sprecherin. Lokführer bekämen eine fachliche Betreuung nach solchen Ereignissen, um diese Situationen aufarbeiten zu können. „Sie selbst haben niemals Einfluss darauf, wenn Autofahrer trotz Signale die Bahnübergänge überqueren oder sich Personen im Gleis befinden.“