Rheinberg. Nach 24 Wochen bekam ein Paar aus Rheinberg Zwillinge. Tochter Josie überlebte nicht, für Sohn Jonah gibt es Hoffnung durch eine teure Therapie.

Jonah ist das einzige Kind in seiner Krabbelgruppe, das nicht krabbeln kann. Für Julia Winnekens ist ihr Sohn trotzdem ein ganz normales Kind. Mehr noch: Jonah ist ihr Halt und ihre Hoffnung nach der schwersten Zeit ihres Lebens. Deshalb erzählt die Mutter aus Rheinberg-Millingen heute stolz, wie tapfer sich Jonah nach seiner extremen Frühgeburt ins Leben gekämpft hat.

Einen Kinderwunsch hatten Julia und ihr Mann Julian schon lange. Mit Julians Krebsdiagnose im Jahr 2018 änderte sich der Plan, das Paar fror einige Spermienzellen vor Beginn der Chemotherapie ein. Er besiegte die schwere Krankheit, der Familienplanung stand nichts im Weg. Mit einer ICSI-Behandlung, einem Verfahren für künstliche Befruchtung, ließ sich Julia zwei befruchtete Eizellen einsetzen und wurde gleich im ersten Versuch mit Zwillingen schwanger. Bis in den August 2021 verlief die Schwangerschaft ohne Komplikationen – plötzlich kamen Jonah und Josie nach nur 24 Wochen zur Welt. Nicht einmal 700 Gramm brachten die Frühchen auf die Waage.

Paar aus Rheinberg verliert Kind nach Frühgeburt: „Josie passt als Schutzengel auf“

Am dritten Lebenstag ereilte der erste Schock das junge Familienglück: Jonah erlitt eine schwere Hirnblutung. Weil es in dem Krankenhaus keine Kinderchirurgie gibt, musste das Paar die Zwillinge trennen, Jonah wurde nach Oberhausen verlegt, Schwester Josie blieb in Moers. „Das Pendeln zwischen den Kliniken war eine Katastrophe“, erinnert sich die 28-Jährige. „Ich bin viel bei Jonah geblieben, weil es ihm deutlich schlechter ging als seiner Schwester. Ich habe jeden Tag gebetet, ihn nicht zu verlieren.“ Am zehnten Lebenstag kam alles ganz anders. Am Morgen infizierte sich Josie über einen Zugang an einem Hautkeim. Dann ging es schnell. „Nachmittags fingen die Geräte an zu piepen. Die Ärzte hatten noch Hoffnung. Nachts kam dann der Anruf, dass wir schnell kommen sollen, um uns von Josie zu verabschieden.“ Julia Winnekens kämpft auch eineinhalb Jahre später mit den Tränen, wenn sie von diesem Tag erzählt. „Wir sagen immer, dass sie als Schutzengel auf Jonah aufpasst.“

Beistand konnte der Kleine schon häufig gebrauchen. Die schwere Hirnblutung, ein Loch im Darm, 16 Operationen und unzählige Krankenhausaufenthalte haben sein noch junges Leben geprägt. Die letzte OP liegt ein Jahr zurück. Seitdem hat sich Jonah gut entwickelt, will lernen, lacht gern und hat vor allem viel „Quatschkäse“ im Kopf, wie seine Mutter sagt. „Er kann zwar noch nicht alleine sitzen oder krabbeln. Aber uns haben damals Ärzte geraten, die Geräte abzuschalten, weil Jonah niemals selbstständig atmen oder essen könnte. All das kann er heute. Und ich bin mir sicher, dass er irgendwann sogar laufen wird.“

Stammzellenbehandlung: Hoffnung für Jonah durch Nabelschnurblut-Transplantation

Neben regelmäßigen Terminen bei der Ergotherapie, Physiotherapie und Frühförderung soll eine seltene Behandlungsmethode aus dem Ausland die Entwicklung von Jonah beschleunigen. Von einer Stammzellentherapie verspricht sich das Rheinberger Paar eine deutliche Verbesserung der kognitiven und motorischen Funktionen ihres Sohnes. Dabei werden pro Kilogramm Körpergewicht 50 Millionen Zellen aus Nabelschnurblut transplantiert. Aktuell wiegt Jonah 8,5 Kilogramm und bekommt somit mehr als 400 Millionen Stammzellen.

Tapfer wie ein Großer: Frühchen Jonah aus Rheinberg.
Tapfer wie ein Großer: Frühchen Jonah aus Rheinberg. © FUNKE Foto Services | Lars Heidrich

Die Kosten für die erste Behandlung von 18.000 Euro haben Julia und Julian Winnekens durch einen Online-Spendenaufruf „schneller als je erträumt“ erzielt. In zwei Wochen beginnt die Behandlung in einer Klinik im niederländischen Eindhoven, in Deutschland ist diese Art der Therapie für solche Fälle nicht zugelassen. Erste Erfolge sollen nach sechs bis acht Monaten zu sehen sein, nach rund neun Monaten soll die Stammzellenbehandlung wiederholt und abgeschlossen werden.

Mutter Julia Winnekens richtet ihren Blick schon jetzt nur noch nach vorn. Ihre Arbeit als Bundespolizistin im Duisburger Hauptbahnhof hat sie kürzlich wieder aufgenommen. Auch dort spricht sie transparent über ihre Schicksalsschläge. „Wir wollen schließlich, dass Jonah ein offenes Leben führen kann.“ Durch ihre eigene Offenheit will sie anderen verzweifelten Eltern Mut machen. Und zeigen, dass es sich lohnt, für die Familie zu kämpfen. Die könnte im Hause Winnekens bald sogar Zuwachs bekommen. „Ich bin mir sicher, dass ein gesundes Geschwisterkind der Entwicklung von Jonah gut tun würde. Aber erst einmal haben wir seine Therapie im Fokus.“