An Rhein und Ruhr. Radfahrer in NRW geben besonders den Ruhrgebietskommunen in Sachen Fahrradfreundlichkeit schlechte Noten beim „Fahrradklima-Test“ des ADFC.

„Viel Licht und viel Schatten“ zeigt der so genannte „Fahrradklima-Test“ 2022 des Fahrrad-Clubs ADFC. Wobei das „Licht“ eher im Münsterland strahlt, während das Ruhrgebiet großflächig im Schatten liegt. Laut den beiden ADFC-Landesvorsitzenden Rebecca Heinz und Axel Fell tritt das bevölkerungsreichste Bundesland beim Radfahren auf der Stelle. „Es wird nicht besser“, sagten sie am Montag im Landtag.

Münster weiter auf Spitzenplatz

Die gute Nachricht aus NRW-Sicht: Münster holt sich den ersten Platz bei den deutschen Städten über 200.000 Einwohnern zurück (Schulnote 3,0). Ein „Sonderpreis“ fürs Radeln im ländlichen Raum geht an Wettringen im Kreis Steinfurt (Note 2,0).

Auch Bocholt, Meckenheim und Coesfeld sowie Reken erreichen gute Platzierungen. Köln und Bonn gelten als „Aufsteiger“. Diese Städte zeigten, wie es gehe, so Axel Fell. Einfach Maßnahmen wie eine gute Erreichbarkeit des Zentrums, die Öffnung von Einbahnstraßen für den Radverkehr in Gegenrichtung, die Kontrolle von Falschparkenden und Winterdienst hätten dort die Lage für Radler spürbar verbessert.

Zappenduster hingegen fällt das Urteil der Befragten über das Ruhrgebiet aus. Duisburg (Note 4,5) und Hagen (4.6) liegen in ihrer „Ortsgrößenklasse“ weit hinten. Essen landete auf dem letzten Platz aller deutschen Städte über 500.000 Einwohner (Note 4,3).

„Das Ruhrgebiet hat leider seine Chance nicht genutzt, im Zuge des Strukturwandels auch die Mobilität umzubauen. Es hat, was den Verkehr betrifft, einfach so weitergemacht“, wetterte Axel Fell. Der zwischen Duisburg und Hamm geplante Radschnellweg 1 (RS1), der eigentlich ein Aushängeschild werden sollte, sei bisher nur ein Beispiel für „Kompetenz-Wirrwarr“ der beteiligten Städte. „Die Zuständigkeiten für Verkehr und Planung sind beim RS1 absolut undurchsichtig“, sagte Fell. Das Ergebnis: Dutzende Teilstücke mit unterschiedlichem Baufortschritt.

Keine Verwunderung über das schlechte Ergebnis für Duisburg

Thorsten Meyer, einer der Vorstandssprecher des ADFC in Duisburg, ist nicht wirklich überrascht über das Ergebnis. „Duisburg ist eine gewachsene Stadt für den Auto-, nicht für den Radverkehr.“ Ihn verwundert darum nicht, dass die Stadt bei Themen wie „Radwege (Hindernisse, Oberfläche und Breite)“, „Sicherheitsgefühl“ und „Akzeptanz als Verkehrsteilnehmer / Konflikte mit KfZ“ überaus schlechte Noten verpasst bekommen hat. „Damit ist Duisburg leider nicht alleine im Ruhrgebiet.“ Einige für den Freizeitverkehr gedachte Strecken in der Region, etwa am Rhein-Herne-Kanal entlang, seien vorzeigbar. „Aber für das tägliche Pendeln innerhalb der Stadt, etwa für den Weg zur Arbeit, muss noch viel angepackt werden.“

Meyer sieht aber einiges an Bewegung. „Wir führen gute Gespräche, sind als ADFC eingebunden und in Kontakt mit der Kommunalpolitik. Aber was über Jahrzehnte liegen geblieben ist, kann nicht so schnell verändert werden.“

In Düsseldorf wird Stagnation beklagt

Über schmale und schlecht geführte Radwege, gerade in Baustellenbereichen, sowie fehlende Kontrolle von Falschparkern kann sich auch Lerke Tyra ärgern. „Es gibt sehr viel Stagnation“, erklärt die Vorsitzende des ADFC in Düsseldorf. Die Landeshauptstadt landet mit der Note 4,1 in der Rangliste der Städte über 500.000 Einwohner auf einem Mittelfeld-Platz. „Ich kann es niemandem verübeln, der sagt, dass er in Düsseldorf nicht gerne Rad fährt“, so Tyra.

„Die Bürgerinnen und Bürger sind unzufrieden mit der schleppenden Umsetzung von groß angekündigten Verbesserungen für den Radverkehr.“ Pläne der schwarz-grünen Ratsmehrheit gebe es einige. Realität seien diese aber noch nicht geworden. „Immerhin merken wir aber, dass sich die Stadt bemüht. Wir wissen, dass es etwa im Planungsbereich aktuell sehr schwierig ist, neues Personal zu finden“, hat Tyra sogar einiges an Verständnis.

Zu wenige Fahrradstraßen in der Landeshauptstadt

„Doch wenn uns die Verkehrswende wichtig ist, müssen wir aktiver werden. Etwa im Bereich der Fahrradstraßen müssen wir etwas tun, bei uns gibt es gerade mal zwei Stück.“ Noch schrecke die Politik davor zurück, etwa Parkplätze zurückzubauen, um Platz für den Radverkehr zu schaffen.

Immerhin zeige sich bei den Fahrradzählstellen in Düsseldorf, 15 Stück betreibt die Stadt, dass die Düsseldorferinnen und Düsseldorfer verstärkt aufs Rad setzen. „Zuletzt haben wir von 2021 auf 2022 eine Zunahme von sieben Prozent bei den Radfahrern gesehen.

Gute Grundvoraussetzungen in Wesel

In Wesel kann Olaf Bunzel, dortiger Vorsitzender des ADFC, die verhältnismäßige gute Gesamtnote (eine 3,6) nachvollziehen. „Man kann in Wesel gut Rad fahren.“ Gleichwohl sieht Bunzel noch Schwachstellen. „Eine bessere farbliche Hervorhebung der Radwege ist eine Sache. Auch gibt es weiterhin Lücken im Radwegenetz.“ Die Grundvoraussetzungen seien aber vorhanden. „Die Qualität insgesamt muss aber noch verbessert werden.