Krefeld/Moers. Ein neues Gutachten belegt, dass der Surfpark an der Grenze zu Moers zwar weiter geplant werden kann, Stadt und Investor müssen aber nachbessern.

Iterativ. So lautete das Wort des Dienstages im Krefelder Rathaus, als ein Gutachten für das Mega-Projekt Surfpark vorgestellt wurde. „Sich einer Lösung schrittweise annähern“, beschreibt der Duden den Begriff. Zumindest bei der Entwicklung des Surfpark-Projektes am Elfrather See, direkt an der Stadtgrenze zu Moers und Duisburg, ist der nächste Schritt getan. Denn ein neues Rechtsgutachten der Essener Kanzlei Heinemann und Partner kommt – anders als ein Gutachten der Umweltschutzinitiative BUND aus dem vergangenen Jahr – zu dem Schluss, dass das Vorhaben weiterverfolgt werden kann. Doch es gibt ein Aber: Stadt und Investor müssen an einigen Stellen nacharbeiten.

40 Millionen Euro sollen investiert werden

Rund 40 Millionen Euro will das Unternehmen Elakari mit Sitz in Monheim am Elfrather See investieren. Auf dem neun Hektar großen Areal sollen Surfer die perfekten Wellen serviert bekommen, womöglich auf dem dazu gebauten Campingplatz übernachten. Es sind Flächen für Beach-Soccer, Volleyball und Klettern sowie eine Gastronomie vorgesehen.

Der Badesee soll im Rahmen des Masterplans Elfrather See reaktiviert werden.
Der Badesee soll im Rahmen des Masterplans Elfrather See reaktiviert werden. © FUNKE Foto Services | kk

Kurzum: Es ist ein Megaprojekt, das hier entstehen soll. Eines, das die Krefelder spaltet. Eines, das auch der Stadt Moers Sorgen bereitet.

Die Grafenstadt hat bei der Offenlegung ihre Einwendung abgegeben, weil sie eine erhöhte Verkehrsbelastung befürchtet. Schließlich erwartet der Investor nach eigenen Angaben knapp 200.000 Besucher pro Jahr. Seitdem habe die Stadt Moers nichts mehr aus der Nachbarkommune zu dem Projekt gehört, wie ein Stadtsprecher auf Anfrage der Redaktion bestätigt.

Rund 200 Einwendungen hat es nach Angaben von Ludger Walter, stellvertretender Leiter des Bereichs Stadtplanung bei der Stadt Krefeld, gegeben. Alle seien gesichtet worden und befinden sich noch in Bearbeitung. Das wird Zeit, denn schon im Sommer will der Stadtrat über das Projekt entscheiden. Ein Monat wird nicht genannt, wohlwissend, dass ein Beschluss vor den großen Ferien arg knapp werden würde. Der Investor rechnet nach eigenen Angaben auf seiner Internetseite mit dem Abschluss der Bauarbeiten im Jahr 2025.

Gutachten gegen Gutachten

Das nun vorgestellte Gutachten im Auftrag der Stadt Krefeld gibt der Stadt und dem Investor noch ein paar Hausaufgaben auf den Weg. So müsse die Stadt transparenter und ausführlicher ihre Argumente und Strategien darlegen, wie ein solch energieintensiver Surfpark in einer Stadt gebaut werden kann, die bis zum Jahr 2035 klimaneutral sein will. Wie passt ein Surfpark in die Wärme- und Wasserstoffstrategie der Stadt?

Die Antworten auf diese Fragen habe man im Kopf, erklärt Umweltdezernentin Sabine Lauxen, man müsse sie nun zu Papier bringen, damit die Politiker im Stadtrat eine Entscheidungsgrundlage haben. Denn sie haben das letzte Wort bei dem Projekt.

Sorgen vor Verkehrs- und Umweltbelastung

Während die Stadt mit dem Projekt auf einen Imagegewinn und eine Einnahmequelle hofft – Stadtdirektor Markus Schön betonte auch am Dienstag die „Einzigartigkeit“ – befürchtet die Bürgerinitiative BIENE Umwelt- und Verkehrsbelastungen. Das von ihr beauftragte Gutachten kam im vergangenen Jahr zum Schluss, dass das Bauleitverfahren aufgrund von Rechtsfehlern unverzüglich einzustellen sei.

Das neue Gutachten sehen die BIENE-Aktivisten zum Teil als Beleg für ihre Einschätzung. Auch wenn es noch nicht das Ende für die Surfpark-Planungen bedeuteten würde, so zeige das Gutachten doch „eindrücklich“ und „zum wiederholten Mal“, „wie lückenhaft und unstrukturiert, ja teilweise geradezu fahrlässig mit Belangen von Landschaftsplanung, globalem Klima, Gewässerschutz, Schallschutz, geschützten Landschaftsbestandteilen und Artenschutz in der Bauleitplanung für den Surfpark umgegangen wurde“, lautet die Stellungnahme der Bürgerinitiative gegenüber der NRZ.

„Die vorgelegte Stellungnahme betont ja gerade die Wichtigkeit der Abwägung konkurrierender Belange und deutet an, dass es schwierig werden kann, den Bedarf des Surfparks gegenüber den betroffenen Umweltbelangen zu rechtfertigen. Da diese Abwägung seitens der Stadt in vielen Belangen noch komplett fehlt, ist es geradezu kühn zu sagen, ihre Planung leide in Kenntnis dieses Gutachtens nicht unter Rechtsfehlern. Dies ist in unseren Augen eine weitere schwere Schlappe für die Planenden der Stadtverwaltung.“ Die Politik und der Rat der Stadt werden sich daher weiter kritisch fragen lassen müssen, ob an diesem fragwürdigen Projekt festgehalten werden sollte.“

Der Elfrather See vom TV Vennikel aus gesehen.
Der Elfrather See vom TV Vennikel aus gesehen. © Funke Foto | Kai Kitschenberg

Rechtsanwalt Janosch Neumann, der das 108-seitige Gutachten schrieb, machte hingegen deutlich, dass es nach derzeitiger Rechtsauffassung aktuell noch nicht so sei, dass Klimaschutz einen Vorrang gegenüber anderen Belangen habe.

Auch die Wassersportabteilung des TV Vennikel hält an ihrer Kritik an dem Projekt fest. Man befürchte überfüllte Parkplätze, eine hohe Verkehrsbelastung und Lärm, schildert Vereinspressewart Lennart Gläser. Das öffentliche Naherholungsgebiet werde durch den privaten Surfpark voller, Spaziergänger oder Radfahrer womöglich verdrängt – und das alles für den „Spaß weniger Privilegierter“. Denn, so Gläser, vergleichbare Surf-Lagunen nähmen um die 80 Euro Eintritt.

So ähnlich sieht es auch ein junges Pärchen, das sich in dem Bereich der Tischtennisplatten auf eine Bank gesetzt hat. Sie bräuchten keinen Surfpark, der „E-See“ sei toll wie er ist. Gabriele und ihre Freundin, die am Dienstag durch den Park spazieren, sind noch zwiegespalten. Einerseits müsse die Stadt „mal was machen“, meint sie. Andererseits fürchtet ihre Freundin den „Massentourismus“.

Ganz anders sieht das Roland Rech, der mit seinem Hund Theo Gassi geht. „Ich würde mich freuen, wenn der Surfpark kommt“, sagt er. „Der Elfrather See gammelt doch vor sich hin. Endlich mal was Neues!“ Er würde zwar nicht surfen, sich aber die Wellenreiter gern bei einer Tasse Kaffee in der Gastronomie ansehen.