An Rhein und Ruhr. Alte Bäume sind gut für das Stadtklima. Baumschutzsatzungen regulieren Fällungen im Privatbereich. Doch nicht jede Stadt setzt darauf.
„Bäume geben mir Kraft, sie sind sehr wichtig in unserem Leben“, sagt Leonard Herzer merklich bedrückt. Monatelang haben seine Frau und er gemeinsam mit vielen anderen Duisburgerinnen und Duisburgern für den Erhalt von 26 Platanen auf der Wedauer Straße gekämpft. Nach einem Offenen Brief an den Landtag NRW nahm sich der Petitionsausschuss der Sache an, prüfte das Vorhaben der Stadt Duisburg, die alten Bäume aufgrund von Straßensanierungsplänen zu fällen. Am Dienstagabend dann die schlechte Nachricht: Nach einem Erörterungstermin vor Ort kam der Petitionsausschuss zu dem Entschluss, der Stadt freie Hand zu lassen.
Laut Kerstin Ciesla, Vorsitzende des Umweltschutzvereins BUND Duisburg, sei das Vorhaben der Stadtverwaltung nur symptomatisch für die fehlende Wertschätzung der Ökosystemleistung alter, großkroniger Bäume. „Es zeigt, wie ignorant die Stadt ist und wie sie die Bedeutung der Bäume für das Stadtklima nicht ernst nimmt, das sind die Klimaanlagen der kleinen Leute im heißen Sommer“, sagt Ciesla und verweist auf eine Studie des Umweltbundesamtes (UBA) aus dem vergangenen Jahr. „Wir sind dem Hitzeinseleffekt nicht schutzlos ausgeliefert“, heißt es von UBA-Präsident Dirk Messern.
UBA-Studie: Auch alter Baumbestand muss erhalten werden
Auch interessant
Mit mehr Grün, neuen Bäumen und mehr Verschattung durch außenliegenden Sonnenschutz sowie Dach- und Fassadenbegrünung ließen sich der Aufenthalt im Freien und die Temperaturen in den Wohnungen der Innenstädte angenehmer gestalten. Gerade der Erhalt alter Bäume sei mit Blick auf den Klimawandel wichtig. „Neben neuen Bäumen müssen wir vor allem den alten Baumbestand in den Städten schützen – und ihn bei anhaltender Trockenheit regelmäßig bewässern“, so der UBA-Präsident weiter.
Um alten Baumbestand zu erhalten und somit das Stadtklima zu verbessern, setzen viele Kommunen in der Region auf eine Baumschutzsatzung. Diese gilt meist nur im Privatbereich und untersagt das Fällen von Bäumen oberhalb eines gewissen Stammumfangs. Emmerich beispielsweise schützt mit ihrer Satzung Sorten wie Walnussbäume, Esskastanien und Gingko.
Auch interessant
Die Stadt Duisburg hingegen hat die Baumschutzsatzung im Jahr 2015 abgeschafft. Begründet wurde diese Entscheidung damals laut einem Stadtsprecher mit einer „bürgerfreundlicheren und unbürokratischeren Gestaltung sowie Schaffung lebensnaher Regularien und Vermeidung von Konfliktpotenzial in einer dicht bebauten Großstadt.“
Duisburg ohne Baumschutzsatzung eine Ausnahme
Ein Blick in die Region zeigt: Mit der fehlenden Baumschutzsatzung ist Duisburg nahezu eine Ausnahme. Neben der Stadt Emmerich, Dinslaken und Wesel, verfügen auch die Städte Essen und Moers über eine Baumschutzsatzung. „Der Schutz des Baumbestands in Essen ist unter anderem aus Gründen des Klima- und Artenschutzes oder des Boden- und Gewässerschutzes erforderlich. Hinzu kommt natürlich auch die naturbezogene Erholung sowie der Schutz vor Lärm und Luftverunreinigungen“, erklärt ein Stadtsprecher auf NRZ-Anfrage. Auch bei Neupflanzungen scheint die Stadt erfolgreich, wie die Baumbilanz aus dem Jahr 2021 zeigt: Waren es im Jahr 2013 noch 194.444 Bäume, wurden im Jahr 2021 209.287 Bäume im Stadtgebiet gezählt.
Auch interessant
Auch bei der Stadt Moers stehe der Baumschutz im Vordergrund, wie Stadtsprecher Thorsten Schröder auf Anfrage erklärt. „Jeder, der Grün im Garten hat, merkt, was das für eine Wirkung im Sommer hat“, weiß der Sprecher. Ziel sei es, auch auf städtischem Gebiet so viele Bäume wie möglich zu erhalten. Regelmäßig würden die Bäume kontrolliert und abgewogen, wie sinnvoll ein Erhalt des Baumes ist. „Wenn man weiß, dass der Baum langfristig sowieso weichen muss, dann macht es manchmal auch mehr Sinn ihn direkt wegzunehmen und durch eine Neupflanzung zu ersetzen.“
Neupflanzungen mit Blick auf Klimawandel
Die Artenauswahl sei dabei besonders im Hinblick auf die Klimaanpassung wichtig. So würden bestimmte Eschen-Sorten, Schnurrbäume, Amberbäume und Ölbaumgewächse gepflanzt. Auch in Moers gebe es momentan zwei Bereiche, in denen Bäume für städtische Projekte gefällt werden müssen. „In beiden Fällen werden Bäume im selben Umfang dort nachgepflanzt“, so Stadtsprecher Thorsten Schröder.
Auch interessant
Nachpflanzungen plant auch die Stadt Duisburg auf der Wedauer Straße. 30 Bäume auf der Südseite sowie Sträucher und Hecken auf der nördlichen Grünfläche sollen gesetzt werden, heißt es auf Anfrage der NRZ.
Kein Trost wohl für die Wedauer, die sich für den Erhalt der alten Platanen stark gemacht haben. „Wir sind wirklich traurig“, erzählt Leonard Herzer, Am Samstag sollen die Fällarbeiten laut Duisburgs Stadtsprecher Peter Hilbrands starten. Im Laufe des Samstags sollen die Arbeiten dann bereits abgeschlossen werden und die teils 100 Jahre alten Bäume sind damit Geschichte.