Xanten. Der Xantener Karnevalszug schlängelt sich nach 2018 erstmals wieder durch die Domstadt. Jubiläumsjahr für den Blutwurstsonntagszug.
Sie gilt als eine der ältesten Wurstarten und soll schon in Homers Odyssee erwähnt werden. In ihrer Herstellung aus Schweineblut, Speck, Schwarte, Schweinefleisch und Gewürzen ist sie deftig und geschmacklich nicht Jedermanns Sache. Dabei ist die Blutwurst weit verbreitet. Die Flamen kennen sie, es gibt sie auf Lyoner oder auf polnische Art. Im Rheinland gehört sie zum Gericht „Himmel und Erde“ und natürlich ist sie Bestandteil einer jeden Schlachtplatte. Seit einem halben Jahrhundert gibt sie außerdem dem Karnevalsumzug in Xanten ihren Namen. Nach fünf Jahren Abstinenz lädt das Xantener Blutwurstkomitee (XBK) für Sonntag, 19. Februar, ab 14.11 Uhr, zum Jubiläumszug durch die Stadt ein.
Dabei ist die Wurst bei weitem nicht nur Namensgeberin, sie nimmt ziemlich aktiv am Umzug teil. Wohl ein ganz besonderes Alleinstellungsmerkmal für die schöne Domstadt. Wie aber ist es dazu gekommen, Herr van Gemmeren? „Die Gründungsmitglieder unseres Komitees“, erklärt der heutige XBK-Präsident Werner van Gemmeren, „saßen am 11. November 1972 beim Stammtisch in der Kneipe Hußmann-Arens.“ Bei Getränken und „Bier begleitendem Essen“ stellten sie fest, dass in Xanten „nix mehr los sei“. Bis der Xantener Hubert Spöllmann eine Schnapsidee hatte. Was würde dagegen sprechen, so sein Vorschlag, wenn man für den Karnevalssonntag eine Blutwurst machen würde, die gut zehn Meter lang wäre. Die sollte dann von den Xantener Metzgern durch die Stadt getragen und anschließend kostenlos verteilt werden.
Bei Bierchen und Blutwurst
Weil alle Anwesenden begeistert waren, war bei Bierchen und Blutwurst mit Senf nicht nur der Blutwurstsonntagszug, sondern auch der dazugehörige Karnevalsverein geboren, Hubert Spöllmann wurde sein erster Präsident. Die Gecken zogen am 4. März 1973 erstmals durch die Stadt. Die Altstadtmetzger Theo Kurtenbach, Siegfried Schmelzer, Kurt Wolf, Gerd und Norbert Drießen übernahmen die Herstellung des „Wurfmaterials“ und produzierten eine Blutwurst mit einer Länge von 10,76 Metern und einer Dicke von 6,5 Zentimetern. Und sie erklärten sich bereit, die Riesenwurst durch die Straßen von Xanten zu tragen und Stück für Stück an das Narrenvolk zu verteilen. „Früher waren es ausschließlich Metzger, die im Zug mitfuhren“, erinnert sich Werner van Gemmeren. Inzwischen gebe es nur noch eine Metzgerei in Xanten, die Blutwurst mache.
Bis 1978 rollte jedes Jahr ein Karnevalszug durch Xanten. Als das finanziell nicht mehr zu stemmen war, organisierte das Komitee jedes zweite Jahr ein Straßenfest, um von dem eingenommenen Geld im darauf folgenden Jahr wieder ziehen zu können. Alle zwei Jahre gibt es den närrischen Lindwurm von nun an in geraden Jahren und immer am Tulpensonntag, der in Xanten so natürlich nicht heißt. Zum Komitee gesellten sich im Lauf der Jahrzehnte weitere Aktive. 1981 gründete sich der Fanfarenzug „Grün Weiß Xanten“. 2006 kam das „Flönzballett“ hinzu. Wer es nicht weiß: Flönz ist im Rheinländischen die allgemeine Bezeichnung für Blutwurst.
Die längste Blutwurst der Welt
Originelle Ideen zur Finanzierung ihres Zuges haben die Xantener Narren in all den Jahren reichlich gehabt. So stiftete 1973 ein Gast 15.000 Eier. Bis kurz vor Weihnachten wurden es stolze 65.000, die palettenweise verkauft wurden. Im gleichen Jahr entstand die „längste Blutwurst der Welt“, wie der Verein auf seiner Homepage verkündet. Der Erlös kam damals der „Aktion Sorgenkind“ (heute Aktion Mensch) zugute. Ihre Marktfete stellen die XBK-Mitglieder in den ungeraden Jahren bis heute auf die Beine. „Bislang finanzieren wir damit den Zug“, erklärt van Gemmeren. Auch wenn das inzwischen immer schwieriger werde.
Ab dem 11. November werden Lose im Einzelhandel verkauft, während der Party auf dem Marktplatz dann attraktive Gewinne gezogen. „Großzügige Unterstützung bekommen wir auch von Michael Neumaier“, sagt der 58-Jährige, der dem Komitee seit 2016 als Präsident vorsteht. Neumaier betreibt das Xantener Schützenhaus und damit die Karnevalsveranstaltungen von Altweiber bis zum Blutwurstsonntag.
Alternative zu Kamelle
Übrigens: Selbstverständlich warfen die Xantener Karnevalisten jahrzehntelang keine Kamelle von ihren Wagen. Wer am Zugweg steht, dem fliegt in Folie eingeschweißte, frische Blutwurst um die Ohren. Galt es doch jedes Mal gut 26 Zentner von ihr unter die Leute zu bringen. „Weil Blutwurst früher aber viel häufiger gegessen wurde als heute, werfen wir erstmals auch anderes Material“, erklärt van Gemmeren.
Den letzten Zug konnte das Komitee 2018 auf die Beine stellen. 2020 wurde der Zug wegen einer Sturmwarnung erst verschoben, wegen des Ausbruchs der Corona-Pandemie wie auch 2022 dann ganz abgesagt. „Wir sind fünf Jahre in Verzug“, sagt Werner van Gemmeren. „Wir freuen uns riesig, dass es in diesem Jahr endlich wieder losgeht“, hofft er jetzt auf gutes Narrenwetter.
>>> Der Blutwurstsonntagszug in Xanten
Mit 19 großen und kleinen Wagen, acht Fußgruppen und sieben Musikkapellen startet der Blutwurstsonntagszug am 19. Februar, 14.11 Uhr am Langacker/Erprather Weg und zieht dann durch die Innenstadt. An der Lüttinger Straße/ Kreisverkehr APX löst sich der Zug auf. Weiter gefeiert wird ab 17 Uhr im Schützenhaus auf dem Fürstenberg.