An Rhein und Ruhr. Immer mehr Fahrschüler in NRW fallen durch die Prüfung. Das liegt auch an betrügerischen Fahrschulen - aber nicht nur.
Gebüffelt, geübt, durchgefallen: Wenn Fahrschüler durch die Prüfung fallen, macht sich Frust breit. Die Durchfallquoten bei Fahrschülern steigen an. Ein Zustand, der sowohl dem TÜV als auch dem Fahrlehrerverband NRW Sorgen bereitet. Denn die hohen Nichtbestehensquoten lägen zum Teil auch an einem zweifelhaften Geschäftsmodell einiger Fahrschulen.
So soll es in Nordrhein-Westfalen Fahrschulen geben, die ihren Schülerinnen und Schülern wenige und sehr günstige Fahrstunden anbieten, sie dann schnell zur Prüfung zulassen, die sie dann aber aufgrund mangelnder Vorbereitung nicht bestehen. Die Prüfungsgebühr ließen sich diese Fahrschulen im Gegensatz zu den Fahrstunden besonders hoch bezahlen – und verdienten damit ihr Geld.
In seriösen Fahrschulen errechne sich die Prüfungsgebühr üblicherweise aus dem Preis einer Fahrstunde mal drei, erklärt Kurt Bartels, Vorsitzender des Fahrlehrerverbands NRW, im Gespräch mit der NRZ. Geht man von 60 Euro für eine Fahrstunde aus, wären 180 bis 200 Euro also eine übliche Summe als Prüfungsgebühr. „Es gibt Fahrschulen, die nehmen 300, 350 oder 400 Euro“, sagt Bartels.
Durchfallquoten bei Fahrschulen von bis zu 100 Prozent
Ihn ärgert besonders, dass die vielen Fahrschulen, die einen guten Job machen, durch solche Fälle in Misskredit gebracht werden könnten. Deswegen fordert er diesbezüglich mehr Kontrollen von den örtlichen Behörden. „Es gibt Fahrschulen, da kommt kein Fahrschüler vom Hof runter“, kritisiert er.
Aufgefallen ist das dem TÜV durch teils immens hohe Durchfallquoten. So gibt es laut TÜV Rheinland Fahrschulen, die Durchfallquoten von fast 60, 70 oder gar 100 Prozent aufweisen. Das zeigen Zahlen des TÜV Rheinland von Januar bis August 2022. Zum Vergleich: Der Durchschnitt der nicht bestandenen Prüfungen in ganz Nordrhein-Westfalen liegt bei 28,6 Prozent. Bei insgesamt 87 Fahrschulen in NRW hingegen liegt die Durchfallquote bei mehr als 40 Prozent.
Auch Smartphone-Nutzung könnte mit dazu beitragen
Auch der TÜV Nord beobachtet auf NRZ-Nachfrage eine steigende Durchfallquote bei der Führerscheinprüfung. Ein Sprecher schildert die Gründe: „Unter anderem steigt die Zahl der Fahrzeuge unablässig und der Straßenverkehr wird komplexer“, erklärt er. Zum anderen nehme das natürliche Verkehrssehen ab. „Im Zeitalter der Smartphone-Nutzung beobachten weniger junge Menschen schon vor der Fahrschulzeit den Straßenverkehr detaillierter.“ Aber auch der TÜV Nord erkenne bei zehn Prozent aller Fahrschulen in dem Zuständigkeitsbereich Nichtbestehensquoten von 50 bis 80 Prozent. „Das wirft Fragen der Ausbildungsqualität einiger Fahrschulen auf.“ Der TÜV Nord rät, auf seriöse Angebote zurückzugreifen und Lockangebote genau zu prüfen.
Dem NRW-Verkehrsministerium „liegen einzelne, aber keine belastbaren Hinweise“ auf diese zweifelhaften Geschäftsmodelle vor, heißt es dort auf NRZ-Anfrage. „Es gibt einzelne bestätigte Fälle von Fahrschulen mit erhöhten Durchfallquoten. Die Hintergründe können allerdings vielschichtig sein und von den Gegebenheiten vor Ort, über das Bildungsniveau der Bewerberinnen und Bewerber bis hin zur Zeitspanne der letzten Fahrstunde und Prüfung reichen.“
Oberverwaltungsgericht hat einer Fahrschule die Lizenz entzogen
Für die Überwachung der Fahrschulen in NRW sind die Kreise und Städte zuständig. Dem Ministerium lägen keine Erkenntnisse vor, dass entsprechenden Hinweisen nicht nachgegangen werde. Auch dem Kreis Wesel sind keine solcher Fälle von Fahrschulen bekannt, erklärt eine Sprecherin. Ebenso stellt sich die Lage in der Stadt Düsseldorf dar, auch dort gibt es keine bekannten Fälle. Die Fahrschulen würden gemäß den aktuellen Regelungen des Fahrlehrerrechts durch Mitarbeitende des Kreises Wesel alle zwei bis vier Jahre kontrolliert. Dabei würden die Räumlichkeiten der Fahrschule und die zu führenden Aufzeichnungen geprüft. Zudem finde eine pädagogische Überwachung der Unterrichte statt. „Zudem können anlassbezogene Überwachungen jederzeit stattfinden“, schildert die Sprecherin.
Das Oberverwaltungsgericht NRW entschied in diesem Jahr über einen solchen Fall und entzog einer Fahrschule die Lizenz. Demnach dürfen theoretische und praktische Ausbildung erst abgeschlossen werden, wenn die Fahrschülerinnen und Fahrschüler den Unterricht im gesetzlich vorgeschriebenen Umfang absolviert haben und der Fahrlehrer überzeugt ist, dass die Ausbildungsziele erreicht sind, heißt es in der Urteilsbegründung.
Sicherheit im Straßenverkehr wird gefährdet
Hohe Durchfallquoten über einen längeren Zeitraum als im Schnitt könnten ein Anhaltspunkt für Pflichtverstöße sein, hießt es weiter. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass durch solche Verstöße von Fahrschulen die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet werden kann. Der Fahrlehrerverband ist froh über diese Entscheidung und will das Urteil „genau prüfen“, sagt Bartels.
Womöglich bietet es mehr Handlungsspielräume gegen die schwarzen Schafe der Branche. Bartels betont: „Der überwiegende Teil der Fahrschulen macht wirklich gute Arbeit.“