Düsseldorf. Schuld sind hohe Ausfallquoten durch Corona. Zudem buchen laut TÜV und Inhabern vermehrt Fahrschulen Termine „auf Vorrat“

Wegen langer Wartezeiten für praktische Fahrprüfungen in Düsseldorf und ganz NRW wurde der TÜV Rheinland in den vergangenen Wochen und Monaten scharf kritisiert. Der schreibt den Fahrschulen nun aber eine Teilschuld an der extremen Lage zu, denn: Es werden mehr Termine gebucht, als eigentlich benötigt. Und auch eine starke Zunahme an Corona-Erkrankungen führe aktuell zu einem Rückstau an Prüflingen.

Im Durchschnitt wartet ein Fahrschüler aktuell bis zu acht Wochen auf einen Termin für die Führerscheinprüfung, heißt es vom TÜV. Einer der Hauptgründe sind nach wie vor Corona-Erkrankungen. „Die Ausfallquote liegt bei 15 Prozent und damit etwa zehn Prozent über der Quote normaler Jahre. In absoluten Zahlen heißt das: Auf Grund von Corona-Erkrankungen mussten dieses Jahr in NRW rund 11.000 praktische Fahrerlaubnisprüfungen abgesagt und neu terminiert werden“, erklärt Ralf Strunk, verantwortlich für Fahrerlaubnisprüfungen beim TÜV Rheinland.

Prüferquote wird aufgestockt

Mitverantwortlich seien laut TÜV aber auch die Fahrschulen, die mehr Prüfungen buchen, als sie tatsächlich benötigen. Ein großer Teil würde im Nachgang wieder abgesagt werden. „Da die Rückgabe oft sehr kurzfristig erfolgt, geht ein großer Teil dieser Termine regelmäßig verloren, weil sie sich nicht mehr anderweitig disponieren lassen“, so Strunk. „Das trägt erheblich zu den verlängerten Wartezeiten bei.“

Um die Wartedauer zu reduzieren, bietet der TÜV nun auch samstags praktische Prüfungen an. Zusätzlich wolle man der großen Terminnachfrage mit mehr Fahrprüfern begegnen. Dazu wurde die Zahl der Prüfer bereits um 33 Prozent aufgestockt und Ruheständler zurückgeholt.

Fahrschulen buchen Termine „auf Vorrat“

Trotz aller Bemühungen haben die Fahrschulen mit den extremen Wartezeiten zu kämpfen. „Teilweise müssen meine Schüler bis zu vier Monate auf einen neuen Prüftermin warten, wenn sie durchgefallen sind“, berichtet ein Fahrschulbetreiber aus dem Düsseldorfer Norden, der seinen Namen lieber nicht in der Zeitung lesen will. „Und auch bei der Theorieprüfung muss man mit einer Wartezeit von zwei Monaten rechen.“ Die Folge: Viele Fahrschüler sind bereits am Ende ihrer Fahrausbildung, warten aber lange auf einen Prüftermin. „Wir wissen nicht, wen wir dann priorisieren sollen.“

Die Schuld lege laut dem Fahrschulbetreiber aber nicht allein beim TÜV. „Ich habe mitbekommen, dass viele Fahrschulen mehr Termine buchen, als sie benötigen. Und dass, schon seit der Pandemie.“

Und auch Horst Mankel, Inhaber der gleichnamigen Fahrschule in Rath, berichtet von Wartezeiten von bis zu vier Monaten. „Irgendwas läuft da nicht ganz richtig. Es sind immer die gleichen Fahrschulen, die täglich Prüfungen haben.“ Doch immerhin: „Seit letzter Woche tut sich dort etwas.“ Gerade die Samstagstermine könnten dazu führen, dass der Rückstau zum Teil aufgearbeitet wird. „Der Termin ist hauptsächlich für Mottorad und Großfahrzeuge, aber bei freien Kapazitäten können auch Prüfungen für das Auto absolviert werden“, so Mankel.

November-Prüfungen auf Februar verschoben

Marcel Korte, Inhaber der Fahrschule Korte in Eller, spricht von Wartezeiten von acht bis zehn Wochen. Zum Teil wurden seine Prüftermine, die im November stattfinden sollten, bis Anfang Februar verschoben. Auch ihm ist das Problem bekannt, dass Fahrschulen Termine „auf Vorrat“ buchen. „Sie wussten, dass sie die Prüftermine nicht immer wie angefragt bekommen oder sie verschoben werden und haben deswegen mehr angemeldet.“ Und auch bei der Theorieprüfung bekäme man nur mit Glück, noch vor Weihnachten einen Termin.

Damit seine Führerscheinanwärter in der Wartezeit bis zur Prüfung nicht aus der Fahrroutine kommen, hat er erste Anpassungen an seiner Ausbildung vorgenommen. „Sobald alle Pflichtstunden erfüllt wurden, lassen wir den Fahrschüler bis kurz vor der Prüfung pausieren. Der Feinschliff wird dann erst vorgenommen, wenn wirklich die Prüfung ansteht.“ Dennoch findet er versöhnliche Worte für den TÜV. „Wir haben jetzt für November noch jede Menge Prüfungen zugesprochen bekommen.“ Woher diese kommen, wisse er jedoch nicht. Man sei zwar noch nicht wieder im regulären Rhythmus drin, „doch bin ich guter Dinge“.

Inhaber hat Verständnis für den TÜV

Und auch Frank Schöffel, Fahrlehrer der gleichnamigen Fahrschule in Unterrath, zeigt Verständnis. Er habe wegen der aktuellen Situation bereits ein Schreiben an seine Schüler aufgesetzt, in dem er über die aktuellen Wartezeiten für Prüflinge aufklärt. „Genauso wie es bei mir Ausfälle durch Krankheiten gibt, ist es beim TÜV nicht anders. Es bringt nichts aufeinander drauf zu hauen.“

Neue Rekordzahl an Fahrprüfungen in 2022

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen und einer stetig steigenden Zahl von Durchfallern konnten die Prüfer von Januar bis Ende September erheblich mehr Fahrprüfungen fahren, als jemals zuvor.

Konkret waren es in NRW insgesamt 114.467 Fahrprüfungen. Zum Vergleich: Im bislang stärksten Jahr 2019, der Vor-Corona-Zeit, waren es „nur“ 109.103 praktischen Fahrprüfungen. Das ist ein Plus von insgesamt fünf Prozent.

Die deutliche Zunahme ist vor allem bemerkenswert, da seit dem 1. Januar 2021 weniger Fahrprüfungen pro Tag durchgeführt werden können, als zuvor. Die Dauer einer Prüfung beträgt nun 55 Minuten – rund 10 Minuten mehr als in den Vorjahren. Die Folge: Ein Prüfer kann heute noch neun Prüfungen pro Tag ablegen, zuvor waren es elf.