Vom Himmel hoch. Von Anreise bis Zimtstern:Tipps für ein Frohes Fest ohne schlechtes Klima-Gewissen. Warum weniger manchmal mehr ist - nicht nur bei den Kalorien.
Gut, fangen wir mit dem Geschenkekauf an: Da wird der nüchterne Berater von der Verbraucherzentrale NRW fast romantisch: „Letztes Jahr habe ich von meiner Tante die Wohnzimmerlampe bekommen, die ich schon immer toll fand“, erzählt Philip Heldt. Ein persönliches Geschenk mit Erinnerungswert – besser geht es nicht. Ansonsten lautet sein Tipp: einander Zeit schenken. Und vielleicht, auch, wenn das etwas unromantisch klingen sollte, darüber nachdenken, Gebrauchtes weiter zu schenken. Die Hirten beim allerersten Weihnachten hatten vorher auch nicht groß eingekauft. Gut, kurze Zeit später gab es dann Gold, Weihrauch und Myrrhe. Was übrigens das beliebte Buch zum Fest angeht: Wer mehr als 15 bis 20 Bücher im Jahr liest und sein E-Book schön mit grünem Strom auflädt, liegt so bei der Klimabilanz vorn. Ansonsten empfehlen wir natürlich ganz uneigennützig, die – zuvor sorgfältig gelesene – NRZ als Geschenkpapier zu nutzen. Ach, Herr Heldt, wie beleuchtet eigentlich die Tante jetzt die gute Stube? „Sie hat noch eine Stehlampe.“ Na, dann!
Damit uns ein Licht aufgeht:
Die richten Kerzen: Ernüchternd: Paraffin ist nichts anderes als: Erdöl! Man darf sie aber trotzdem abbrennen, sagt Philip Heldt von der Verbraucherzentrale NRW. Auch mangels Alternativen: „Bienenwachs ist zum einen eine Preisfrage. Und zum anderen gibt es gar nicht genug Bienen, um jeden Haushalt mit Kerzen zu versorgen.“ Und ganz harte Veganer würden derlei Wachs aus Tierproduktion sowieso ablehnen. Was bleibt – aber weniger romantisch ist: Energiesparende LED-Lichterketten, die natürlich und vor allem mit Ökostrom zum strahlen gebracht werden. Ansonsten bei Kerzen auf entsprechende Siegel achten, dass diese fair und ökologisch hergestellt wurden. Biokerzen aus Palmöl (kann sich auch als Stearin tarnen) – auch da sollte einem ein Warnlicht aufgehen. Das RSPO-Label (Runder Tisch für nachhaltiges Palmöl) weist die richtige Richtung. Bei der Deutschen Umwelthilfe (duh.de) gibt es einen Kerzencheck.
Ä Tännschen please! Der richtige Baum
Der Tannenbaum darf Ihnen noch ins Haus kommen – von draußen vom Walde versteht sich. Dieser Wald sollte nahe gelegen sein: Die Fichte aus dem Sauerland oder der Eifel ist die bessere Wahl als Bäume aus Polen oder Skandinavien. Unter robinwood.de gibt es eine Liste von Baumärkten und Höfen, die Bäume mit Siegel verkaufen: Demeter, Naturland, Bio sind gut. „Sicher kann man sich auch eine Plastiktanne ins Wohnzimmer stellen“, sagt Philip Heldt (Verbraucherzentrale NRW. Um aber in der Ökobilanz mit einem Bio-Naturbaum gleichziehen zu können, muss das meist aus Fernost angereiste Plastikprodukt alle Jahre wieder besungen werden – mindestens 20 Jahre. Was leider auch wenig taugt: Der Baum mit Ballen. Mehr Gewicht, mehr Transportaufwand – und angesichts des Wechsels vom Kalten in die warme Stube und dann wieder hinaus sind die Überlebensquoten der Ballenbäume sehr gering. Profi-Tipp: Holzgestelle mit lokalem Tannengrün schmücken. Gibt’s zum an die Wand hängen und zum Aufstellen.
Schöne Bescherung: Die Anreise
Wenn Sie aus der Heimreise zum Fest einen so schönen Song machen wie Chris Rea mit „Driving Home for Christmas“ in den 80ern, dürfen Sie gern das E-Auto nehmen. Ansonsten gilt der Oldie (von 1966) „Fahr lieber mit der Bundesbahn!“ Die heißt jetzt Flix oder DB Fernverkehr. Letztere bringt zwischen dem 23.12 und dem 2.1. rund 100 Fernzüge extra auf die Schiene, an Rhein und Ruhr auf den Strecken von und nach Hamburg und Berlin vor allem. Voll wird es trotzdem und mit den üblichen Problemen auf der Schiene darf gerechnet werden. Kritischster Tag dürfte Freitag, 23.12., werden. Wer Nerven hat, wartet bis zum 24.12.. Wer schon früher freimachen kann, ist gut beraten, schon Mittwoch oder Donnerstag loszufahren. Klar ist auch: Mit Platzreservierung reist es sich entspannter. Gönnen Sie sich, es ist ja Weihnachten, ein 1. Klasse-Ticket, da sind die 4,50 Euro für die Platzreservierung inbegriffen. Ebenso klar ist auch: Flugreisen gilt es zu vermeiden, es sei denn, man ist der Weihnachtsmann und bewegt sich mit Rentieren durch die Lüfte. Wobei: die schnaufen ja womöglich auch Kohlendioxid aus...
Und jetzt endlich: Zu Tisch!
Wer Vanillekipferl oder Zimtsterne mag (mit fair gehandelter Vanille und ebensolchem Zimt) ist klar im Vorteil: Schokoladenplätzchen haben – wegen der energieintensiven Erzeugung von Kakao und Schokolade – einen 3,5 fach höheren CO2-Fußabdruck. Aber kommen wir erst einmal zum Weihnachtsmenü: Fleisch ja, aber dann wenig und möglichst regional – so wie es unser Menütipp unten auf der Seite vorsieht. Statt der polnischen Mastgans also eher die regionale Biogans vom Niederrhein oder – fast noch besser, weil dafür kein Futteranbau und Flächenfraß erforderlich ist: Wild. Denn Wildschwein, Reh und Hirsch ernähren sich weitgehend klimaneutral in unseren Wäldern, meist auch Bio. Wer jetzt auf der Homepage des Regionalverbandes Ruhr (rvr.ruhr) das Wildbretbestellformular ausfüllt, kann sein regionales Wild noch vor dem Fest auf der Umweltpädagogischen Station des RVR in Bottrop-Kirchhellen abholen. Alternativ bietet sich an, Jäger oder Forstämter zu kontaktieren. Insgesamt gilt: Die Verbraucherzentrale will niemandem den Weihnachtsbraten madig machen, rät aber auch hier: Lieber Qualität statt Quantität – aber das wichtigste sind ja ohnehin die Saucen. Und davon versteht Florian Langhoff besonders viel, weswegen wir jetzt noch mal kurz ins Lippeschlößchen in Wesel gehen zum Topfgucken:
Das empfiehlt der Profi als Festschmaus:
Wer an Weihnachten im Restaurant Lippeschlößchen in Wesel Essen geht, den erwartet unter anderem eine niederrheinische Rinderkraftbrühe als Vorspeise, ein Rinderfiletsteak mit Steinpilzsauce, Spitzkohl und Kartoffeln oder Hirschrückenmedaillons mit Rotkohl im Hauptgang.
„Wir verwenden für unsere Menüs nur regionale und saisonale Produkte“, betont Restaurantchef Ulrich Langhoff. Nachhaltig zu kochen, habe sich Langhoff schon vor Jahrzehnten auf die Fahne geschrieben. „Das bedeutet für mich, auf biologisch angebaute und fair gehandelte Lebensmittel zurückzugreifen. Selbst im Großhandel finden wir mittlerweile schöne Angebote aus der Region, die nachhaltig sind und mit entsprechenden Siegeln versehen sind.“
Für diejenigen, die das Festessen rund um die Weihnachtstage lieber selbst auf den Tisch bringen, hat Langhoff ein paar Ideen, um ebenfalls ein klimafreundliches Weihnachtsmenü zu zaubern. Als Appetitanreger würde der Koch ein frisches Landbrot vom Bäcker mit einem Preiselbeer-Dip servieren. Als Vorspeise käme Bio-Schinken mit Blattsalat, Kartoffeldressing und Johannisbeer-Gelee auf den Tisch. Der Hauptgang wäre dann mit einer niederrheinischen Weihnachtsgans mit Rotkohl, Kartoffelklößen und Maronen ganz klassisch. „Wer klimafreundlich kochen will, muss dabei nicht vollkommen auf Fleisch verzichten. Man sollte beim Einkauf aber auf die Siegel achten“, erklärt Langhoff.
Wer Bio-Gänse oder Fleisch von Gänsen mit der Bezeichnung „Freilandhaltung“, „bäuerliche Freilandhaltung“ oder „bäuerliche Freilandhaltung – unbegrenzter Auslauf“ kauft, ist auf der sicheren Seite, dass sein Tier aus tiergerechter Haltung stammt. Bei diesen europaweit gesetzlich definierten Haltungsformen müssen bei der „Freilandhaltung“ mindestens vier Quadratmeter Auslauf pro Tier, bei der „bäuerlichen Freilandhaltung“ sogar zehn Quadratmeter pro Gans oder sogar unbegrenzter Auslauf garantiert sein. Außerdem ist festgelegt, wie viele Tiere maximal in einem Stall untergebracht werden dürfen, teilt die Verbraucherzentrale mit.
Herrencreme (!) zum Nachtisch
Zurück zum Weihnachtsessen. Das Dessert steht noch aus. Ulrich Langhoff würde eine Herrencreme mit warmen Waldfrüchten empfehlen. Exotische Früchte wie Ananas oder auch Erdbeeren haben für den Weseler Koch hingegen nichts auf dem Menü zu suchen. „Allein aus ernährungsphysiologischer Sicht sollte man dieses Obst zu dieser Jahreszeit gar nicht essen. Sie liefern nicht die Nährstoffe, die der Körper braucht, um durch die kalte Winterzeit zu kommen“, erklärt der Restaurantchef.
Und wie sieht’s beim Gemüse aus? Da sollte jetzt auf Spitzkohl, Wirsing oder Grünkohl gesetzt werden. Ulrich Langhoff erklärt: „Das sind alles typische Zutaten, die jetzt wachsen. Sie sind gesund, regional und somit richtig klimafreundlich. Und gut zubereitet passen sie auch perfekt zu dem einen oder anderen Festtagsessen.“