Krefeld. Die Krefelderin Mauga Houba-Hausherr hat das Projekt „Frauen zeigen Gesicht“ gestartet. Gerade jetzt sei das Thema wichtiger denn je, sagt sie.

In ihren Augen liegt eine gewisse Melancholie. Oder ist es etwa Traurigkeit? Mauga Houba-Hausherr zuckt mit den Schultern und lächelt. „Das muss jeder für sich selbst herausfinden.“ Nur so viel kann sie verraten: „Ich habe das Bild ungefähr 20 Mal neu gezeichnet.“ Immer wieder hat sie sich fragen müssen: Wie weit darf ich gehen? Welche Form ist die richtige? Am Ende fügen sich ihre ausdrucksstarken Pinselstriche zu einem schwarz-weißen Selbstportrait zusammen, das den Anfang für ihr außergewöhnliches Kunstprojekt bildet: „Frauen zeigen Gesicht“.

Es ist ein Thema, das die Krefelder Künstlerin seit vielen Jahren nicht loslässt. Nein, Feministin würde sie sich nicht unbedingt nennen. Wobei… „Was ist denn für Sie Feminismus?“ Wenn es um die Gleichberechtigung von Mann und Frau geht, dann setzt sich sich auf jeden Fall dafür ein. „Denn das funktioniert einfach noch nicht, obwohl wir vom Können und Intellekt doch gleich sind.“ Selbst im 21. Jahrhundert gibt’s zu wenige Frauen in Führungspositionen, herrschen veraltete Rollenbilder. Und in anderen Ländern sieht’s noch dramatischer aus. Aktuelles, trauriges Beispiel: der Iran.

Starke Frauen mit Migrationshintergrund

„Wir sind die Hälfte der Gesellschaft und es ist wichtig, uns sichtbar zu machen“, betont Houba-Hausherr. Genau aus diesem Grund entwickelte sie die Idee zu ihrem Kunstprojekt, das im Januar 2021 in Zusammenarbeit mit der damaligen Krefelder Integrationsbeauftragten, Tagrid Yousef, gestartet ist. 30 Frauen mit Migrationshintergrund hat die gebürtige Polin dazu getroffen, um mit ihnen zunächst einmal ins Gespräch zu kommen. Denn, das ist ihr wichtig zu betonen: „Ich möchte das Innere der Frauen zeigen.“ Das ist aber natürlich nicht so einfach zu finden, geschweige denn bildnerisch festzuhalten...

Wie also ein so intimes, tiefergehendes Gespräch starten? „Jede Frau sollte einen Lebensspruch aufschreiben“, erzählt die Künstlerin. Darüber konnte sie mit ihnen reden, um sie dadurch besser kennenzulernen. Wieso beispielsweise hat die eine „Ich bin (mir) wichtig!“ aufgeschrieben, die andere dagegen „Yes, We Can! Alles!“? Doch nicht nur der Inhalt, auch das Schriftbild waren entscheidend. „Jede hat einen eigenen Strich, egal ob bei einer Zeichnung oder bei Buchstaben“, sagt sie. Deshalb sollten die Frauen ihren gewählten Spruch unter jedes gezeichnete Bild selbst schreiben.

Ausstellungen in Krefeld und Duisburg

Das macht das Ganze noch individueller, persönlicher. Tatsächlich scheint Houba-Hausherr es geschafft zu haben, die Seele der Frauen in ihren Zeichnungen festzuhalten. „Eine Frau war zu Tränen gerührt, weil sie meinte, dass ich sie so dargestellt habe, wie sie sich fühlt“, erzählt sie. Es waren beeindruckende, emotionale Begegnungen mit spannenden, starken Frauen, das kann sie so sagen. Wenn sie sich beispielsweise an die Sängerin erinnert, die ein Lied angestimmt hat… „Das sorgt dann bei mir auch für einen Glücksmoment.“

Die Künstlerin Mauga Houba-Hausherr kann auch bunt – wie ein Besuch in ihrem Krefelder Atelier zeigt.
Die Künstlerin Mauga Houba-Hausherr kann auch bunt – wie ein Besuch in ihrem Krefelder Atelier zeigt. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Und vielleicht ist genau das der Grund, weshalb das Kunstprojekt eine nicht vorauszuahnende Eigendynamik entwickelt hat. Weshalb nach der ersten Ausstellung in Krefeld schon bald eine zweite Präsentation in Duisburg folgte, weshalb die Künstlerin immer mehr Frauen – mit und ohne Migrationshintergrund, alt und jung – portraitierte. Darunter Bundestagspräsidentin Bärbel Bas, aber auch eine Schauspielerin, eine Briefträgerin oder eine Mutter. „Mir geht’s nicht um berühmte Frauen“, betont sie, „ich suche Frauen aus, die alle unsere Gesellschaft vertreten.“

Portraits auf Litfaßsäulen

Da ist die Anwältin, die sich für Frauenrechte einsetzt. Da ist die Ehefrau, die sich nicht traut, in der Öffentlichkeit so aufzutreten, wie sie möchte. Es sind viele Geschichten, viele Bilder. 111 schätzt die Künstlerin selbst, wenn sie so auf die vielen Rollen in ihrem Atelier schaut. Überall, wo ein „F“ draufsteht, steckt ein großformatiger Banner mit jeweils einem aufgedruckten Portrait drin. Anlässlich des diesjährigen Frauentags waren ihre Werke außerdem auf 50 Krefelder Litfaßsäulen zu sehen, das war noch einmal ein ganz besonderer Moment. „Die Frauen sind auch stolz darauf, so gezeigt zu werden“, weiß sie.

Mauga Houba-Hausherr aus Krefeld hat schätzungsweise schon 111 Frauen für ihr Kunstprojekt portraitiert.
Mauga Houba-Hausherr aus Krefeld hat schätzungsweise schon 111 Frauen für ihr Kunstprojekt portraitiert. © FUNKE Foto Services | Kai Kitschenberg

Denn eines steht doch fest, findet Houba-Hausherr: „Wir sind alle schön, auf unsere Art und Weise.“ Schön und stark, auch – oder gerade – in einer noch immer patriarchalen Gesellschaft. Und weil es eben noch einiges zu tun gibt, beschäftigt sie sich weiter mit dem Thema. Aktuell arbeitet sie an einer Serie zur Rolle der Frau. Auf der einen Leinwand sitzt eine Figur nachts allein am Bahnhof. „Wieso haben wir in einer solchen Situation Angst und Männer nicht?“, fragt sie. In einem anderen Bild kauert die Mutter unter der Wäscheleine. „Kann ich nur Mutter sein? Ich bin doch immer noch ein eigenständiger Mensch!“

„Frauen zeigen Gesicht“ geht weiter

So viele Fragen, so viele Frauen, so viele Bilder – die es alle noch zu malen gilt. Deshalb hat die Künstlerin auch mit „Frauen zeigen Gesicht“ noch längst nicht abgeschlossen. Die Liste der Personen, die sie gern portraitieren würde, ist lang. Und ja, irgendwann wird sie die nach und nach abarbeiten. Denn, so lautet auch der Spruch unter ihrem Selbstbildnis: „Ich bin da!“

>>> Über Mauga Houba-Hausherr

Mauga Houba-Hausherr wurde 1963 in Polen geboren und kam 1983 nach Deutschland. Auf die Frage, was für sie eine starke Frau ausmacht, antwortet sie: „Jeder Mensch hat Stärken und Schwächen. Die größte Stärke besteht meiner Meinung darin, die eigenen Schwächen zuzugeben.“

Ihre Werke sind unter anderem im Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld und im Landtag NRW ausgestellt. Im Frühjahr und Herbst präsentierte sie zudem ihre Arbeiten im Rahmen der Krefelder Atelier-Ausstellung „A“. Mehr Informationen zur Künstlerin und ihrem Werk finden Interessierte auf www.mauga.de