An Rhein und Ruhr. Der Bund will die Mittel für die Förderung von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt kürzen. Was dies für NRW bedeuten würde.
Die Bundesregierung will die Hilfen für Langzeitarbeitslose kürzen. 600 Millionen Euro stehen im Raum. Das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hatte bereits im Sommer vor Kürzungen bei der Eingliederung von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt gewarnt. Besonders das neue Teilhabechancengesetz dürfe nicht wegfallen, sagte IAB-Forscher Joachim Wolff. Jetzt folgen erste Appelle aus Kreisen und Kommunen. Der Kreis Recklinghausen, der Deutsche Gewerkschaftsbund und die evangelischen und katholischen Kirchen protestieren in einem „Vestischen Appell“ gegen die Kürzungspläne. Es wird ein Rückschlag für den sozialen Arbeitsmarkt befürchtet.
Und dieser sei in NRW gut gestartet, bilanziert die Regionaldirektion der Agentur für Arbeit in Düsseldorf auf NRZ-Nachfrage. 2.800 Langzeitarbeitlose (Stand: Ende 2021) konnten bereits auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen. Sie sind im Zuge des 2019 in Kraft getretenen Teilhabechancengesetz unter anderem durch ein begleitendes Coaching so fit für den Job gemacht worden, dass sie schon zweieinhalb Jahre nach dem Ende der Förderung, die eigentlich bis auf fünf Jahre angelegt ist, am ersten Arbeitsmarkt weiter beschäftigt sind. „Die Menschen haben den Sprung schon in eine dauerhaft ungeförderte Anstellung geschafft. Das ist viel“, sagt Christoph Löhr, Pressesprecher der Agentur für Arbeit NRW.
16.300 Förderungen in den ersten Arbeitsmarkt
Aktuell laufen 16.300 Förderungen von Eingliederungen in den ersten Arbeitsmarkt, wo sie sich selbstständig im Job bewähren – und zu 77 Prozent auch unabhängig vom Jobcenter leben. 23 Prozent von ihnen müssen „aufstocken“ (Stand: Juni 2022). Während Corona hätten sich diese Arbeitsverhältnisse als sehr stabil erwiesen. Die Vermittlungen seien nur leicht spürbar zurückgegangen, „doch die Befürchtung, dass Unternehmen in einer wirtschaftlich angespannten Situation womöglich als erstes auf ihre vermeintlich schwächeren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verzichten werden, ist nicht eingetroffen,“ so Löhr. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer würden geschätzt und erfüllten in der Regel die Erwartungen. Dies bestätige, „dass das Engagement der Jobcenter wie das finanzielle der Gesellschaft sich langfristig“ auszahle.
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Auch in der Region zieht man eine positive Bilanz des Teilhabechancengesetzes, durch das es in Duisburg gelungen ist, 1.511 langzeitarbeitslose Menschen in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Vermittlung im Rahmen des Sozialen Arbeitsmarktes erfolgte in nahezu alle Bereiche wie Bau, Büro und Verwaltung, Einzelhandel, Handwerk, Kinderbetreuung, Lager und Logistik, Pflege und pflegenahe Dienstleistungen. „Zahlreiche Duisburger Unternehmen haben sich vor dem Hintergrund der Fördermodalitäten dazu entschlossen, neuen Mitarbeitern eine Chance zu geben. Wohlwissend, dass sie keine Fachkraft einstellen, aber jemanden ins Unternehmen holen, der eine Fachkraft bei einfachen Arbeiten entlasten und zudem langfristig für das Unternehmen qualifiziert werden kann“, heißt es beim Jobcenter Duisburg. Dessen Geschäftsführer Frank Böttcher sieht den Sozialen Markt als einen, der „Langzeitarbeitslosen realistische Chancen gibt, in den Arbeitsmarkt integriert zu werden.“ Gerade in einer Stadt wie Duisburg „mit einem hohen Anteil langzeitarbeitsloser Personen“ komme diesem Instrument eine wichtige Bedeutung zu.“
Kürzungen treffen nicht nur den Sozialen Arbeitsmarkt
Was konkret die geplanten Kürzungen seitens des Bundes in Höhe von insgesamt 600 Millionen Euro für den Sozialen Arbeitsmarkt in NRW bedeutet, lasse sich noch nicht richtig abschätzen, da sich die Zuteilungen von Jahr zu Jahr verändern und direkt an die Jobcenter gehen. Aber eine vorsichtige Schätzung der Agentur für Arbeit in Düsseldorf kommt auf eine Summe von etwa rund 160 Millionen Euro. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Kürzung nicht nur den „sozialen Arbeitsmarkt“ treffe. Es gehe auch ganz allgemein um die Eingliederungsmittel, also auch um andere Möglichkeiten der Unterstützung von Arbeitslosen, etwa auch der Finanzierung eines Führerscheins oder der Eingliederungszuschuss, Offen sei auch noch welche Förderungen es im Zuge des Bürgergeldes geben wird.
Im Kreis Recklinghausen rechnet man mit Kürzungen von rund acht Millionen Euro. Der DGB-Regionsgeschäftsführer Mark Rosendahl weist darauf hin, dass sich der Soziale Arbeitsmarkt über den Drehtüreffekt mit Steuereinnahmen und Sozialversicherungsbeiträgen indirekt selbst finanziere. Und was noch wichtiger sei: „Die Kinder aus den Familien wachsen mit Eltern auf, die ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren.“ - mit