An Rhein und Ruhr. Der Kürbisanbau am Niederrhein wird zum Wirtschaftsfaktor. Die Erträge und Anbauflächen steigen an. Wie Landwirte in der Region profitieren.

Mit dem Tipp eines Saatgutlieferanten fing es an: Eine Handvoll Kürbissamen brachte Landwirtin Judith Schäfer vor einigen Jahren auf ihrem Hof in Dingden/Nordbrock bei Hamminkeln aus. Eigentlich wollte sie auf einer größeren Fläche ein Blumenfeld zum Selbstpflücken anlegen. Zum Erfolg wurden aber jene Kürbisse, die erst nur ein Testballon waren.

Zum Betriebszweig geworden

„Inzwischen ist es ein ganzer Betriebszweig“, kann die Landwirtin von einer Erfolgsgeschichte berichten. Über 100 Sorten werden auf aktuell 2,5 Hektar, das sind etwas mehr als dreieinhalb Fußballfelder, angebaut, der Ertrag liegt bei mehr als 100 Tonnen pro Jahr.

Der Hof Schäfer ist nicht allein auf den Kürbis gekommen, wie die steigenden Erntemengen in Deutschland zeigen (siehe Infobox). „Es ist zu einem wichtigen Standbein geworden“, so Schäfer. Gerade in den aktuellen Herbsttagen – die Saison hat ihren Höhepunkt im September und Oktober mit dem großen Endpunkt Halloween – wird es auf dem Dingdener Hof trubelig.

Erst einige Wochen ist das große Kürbisfest her, bei dem zwei Tage lang alles im Zeichen des meist orangefarbenen Fruchtgemüses stand. Die Nachfrage hält aber weiter an. „Viele Familien nutzen den Kürbis als Dekoration zu Halloween, Eltern schneiden zusammen mit ihren Kindern aus“, berichtet Judith Schäfer.

„Neben dem bekannten Hokkaido-Kürbis sind in diesem Jahr die Sorten Spaghettikürbis, Muskatkürbis und Butterkürbis gefragt.“ In ihrem Hofladen verkauft Schäfer neben den Kürbissen auch weiterverarbeitete Spezialitäten – Chutneys, Kürbisstuten und vieles mehr. „Wir lassen uns da immer wieder etwas einfallen. Der Stuten kommt frisch aus unserem Ofen.“

Bis zu 30 Sorten baut Sibille Weyand auf ihrem Hof in Duisburg-Baerl an.
Bis zu 30 Sorten baut Sibille Weyand auf ihrem Hof in Duisburg-Baerl an. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Die Duisburger Landwirtin Sibille Weyand, die selbst auf einer Fläche von etwa einem Hektar im Stadtteil Baerl rund 30 Sorten anbaut, hat einen klaren Favoriten: den Hokkaidokürbis. „Er ist sehr leicht zu verarbeiten und sehr vielseitig einsetzbar.“ Die dünne Schale, die beim Kochen weich wird, kann mitgegessen werden. Zum Einsatz kommt er in Suppen, Salaten und Hauptgerichten. „Aber auch in süßen Speisen als Nachtisch macht er sich gut“, befindet Sibille Weyand.

Vorsicht beim Wässern

Auch wenn es in diesem Sommer viele extrem trockene Phasen gab, ist ihr Ehemann Reinhard Weyand nicht unzufrieden mit der Ernte. „Wir mussten die Kürbisse zum Teil länger mit Wasser versorgen.“ Im Unterschied zu einigen anderen Pflanzen werden die Kürbisse nicht „beregnet“, also von oben mit Wasser versorgt. „Die Feuchtigkeit wird von unten zugeführt“, so Reinhard Weyand. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass sich durch Pilze verursachte Pflanzenkrankheiten wie etwa der Mehltau ausbreiten.

Vom Kürbis als größer werdenden Wirtschaftsfaktor für die Region spricht Michael Seegers, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Kleve. „Allein im Bereich Uedem werden auf einer Fläche zwischen 100 und 150 Hektar Kürbisse angebaut. Da sind Junglandwirte aktiv geworden, die eine Marktlücke entdeckt und sich spezialisiert haben.“ Klar seien Mais, Getreide und Rüben für den Niederrhein momentan prägender, „doch ist es toll, wenn man über den Tellerrand schaut“.

Kürbisse werden nicht nur an Privatkunden verkauft. „Es wird auch immer mehr Kürbisöl produziert“, so Seegers. Die Kerne gingen zudem an Bäckereien. „Heute morgen erst habe ich in so ein Brötchen mit Kürbiskernen gebissen“, stellt Seegers lachend fest.

Erntemengen steigen weiter an

Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) berichtet, erlebt das Fruchtgemüse in der gesamten Republik einen anhaltenden Boom. 99.100 Tonnen Speisekürbisse wurden im Jahr 2021 in Deutschland geerntet – das waren 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Und es war der höchste Wert seit dem Jahr 2006, in dem die Erntemengen von Speisekürbissen erstmals erfasst wurden. Nordrhein-Westfalen tut sich dabei unter den Bundesländern als Kürbisregion Nummer eins hervor: 24.478 Tonnen Speisekürbisse wurden in NRW 2021 geerntet, deutlich mehr als noch 2020 (18.630 Tonnen) oder 2019 (14.167 Tonnen). Auch die Anbauflächen für Kürbisse werden in Nordrhein-Westfalen ausgeweitet, 2021 waren es 968 Hektar (2020: 827 Hektar; 2019: 687 Hektar).