An Rhein und Ruhr. Laut einer Umfrage der Dehoga NRW haben 90 Prozent der Mitglieder Probleme mit offenen Stellen. Wie die Gastronomen auf die Krise reagieren.

Der Personalmangel in der Gastronomie zwingt die Wirte in der Region zum Handeln. Einige reagieren mit verkürzten Öffnungszeiten, führen neue Ruhetage ein und wiederum andere verkleinern ihr Speiseangebot. Das ergab eine Mitgliederumfrage des Hotel- und Gaststättenverband Dehoga NRW. Die Gäste bemerken das Fehlen von Mitarbeitern vor allem an längeren Wartezeiten.

Tausende Mitarbeiter fehlen im Gastgewerbe in NRW

„90 Prozent unserer befragten Mitglieder meldeten Probleme bei der Besetzung offener Stellen“, erklärt Thorsten Hellwig, Sprecher der Dehoga NRW, gegenüber der NRZ. „Wir hatten zwischen 2009 und 2019 einen Beschäftigungszuwachs von rund 30 Prozent. Die Zahl der Mitarbeiter ist da von etwa 300.000 auf über 400.000 gestiegen. Aber auch damals war der Arbeitskräftemangel schon spürbar.“

Die Pandemie habe die Situation noch verschlimmert. So arbeiteten im September 2019 rund 415.000 Menschen im Gastgewerbe in NRW, berichtet Hellwig. Zwei Jahre später Ende September 2021 seien es noch 375.000 gewesen. „Die Zahl wird sich mittlerweile verbessert haben, aber das grundsätzliche Problem bleibt. Und von den Zahlen aus 2019 sind wir leider noch weit entfernt.“

Neue Öffnungszeiten und eine kleinere Karte

Die Frage sei nun, wie man als Gastronom reagieren könne. „Im Rahmen einer Umfrage im Frühling dieses Jahres gaben unsere Mitglieder an, sie zahlten höhere Löhne, veränderten die Öffnungszeiten oder das Angebot, versuchten Prozesse zu optimieren oder weiteten die Ruhetage aus“, so Hellwig weiter.

„Wir haben jetzt montags und dienstags Ruhetag, was wir sonst nie hatten“, berichtet Tanja Bluhm von der Gaststätte „Kornmarkt by Blühmi“ in Wesel. Zudem überlege man gerade, ab kommender Woche die Öffnungszeiten zu verändern. „Wir haben normal von 10 Uhr bis 1 Uhr geöffnet. Ab demnächst öffnen wir dann wohl erst ab 14 Uhr.“ Das stehe aber noch nicht fest. Auch die Speisekarte habe man schon stark reduziert.

„Fünf neue Leute wären schon super“, sagt Bluhm zu offenen Stellen im Betrieb. „Letztes Jahr haben wir noch mehrere Neue angelernt, aber die sind jetzt auch wieder weg, weil sie studieren oder eine Ausbildung angefangen haben“, erklärt sie.

Krankheitsausfälle setzen Personal unter Druck

Auch ein Trend zum Selbstabholen und längere Wartezeiten für Gäste sei eine Folge des Arbeitskräftemangels, sagt Patrick Rothkopf, Präsident des Dehoga NRW, der DPA. Zudem machten die starken Preisanstiege bei Energie und Lebensmitteln Gastronomen und Gästen gleichermaßen zu schaffen. So war laut Statistischem Landesamt NRW der Umsatz im Gastgewerbe insgesamt in diesem Mai gegenüber dem gleichen Monat vor drei Jahren um 13,6 Prozent niedriger.

Der Mitarbeitermangel kommt für die Gastronomen nun als weiteres Problem hinzu. Denn auch bedingt durch die Corona-Sommerwelle fallen viele Beschäftigte aus. „Die Personaldecke ist so dünn, dass bei diesem Wetter gerade eigentlich niemand ausfallen darf“, sagt André Krämer, Inhaber des Restaurants „Lukas – Kulinarischer Bahnhof“ in Essen-Kupferdreh. Und wenn dann doch jemand ausfalle, „dann müssen alle – mich mit eingeschlossen – einen Schritt schneller laufen“, so Krämer.

Höheres Gehalt in Krisenzeiten

Über die Corona-Pandemie hinweg konnte Giuseppe Saitta hingegen fast sein ganzes Personal halten. „Wir haben während der Kurzarbeit das Gehalt zu 100 Prozent gezahlt und haben wegen der aktuellen Preissteigerungen die Gehälter angepasst“, erklärt Saitta, der in Düsseldorf in den Stadtteilen Oberkassel und Niederkassel einige Restaurants betreibt. „Nur zwei Leute sind gewechselt. Aber andere Kollegen haben natürlich Probleme, so dass sie ihre Öffnungszeiten reduzieren müssen“, weiß Saitta, der auch Vorsitzender der Dehoga in Düsseldorf ist.

Doch um einen weiteren Ruhetag komme er bei einem seiner Läden nicht herum. Im September mache sein Restaurant „Osteria Saitta“ in Niederkassel wieder auf. „Da werden wir dann einen weiteren Ruhetag einführen, weil wir sonst nicht genügend Leute zusammenbekommen.“

Laut einer Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) von Anfang Juli seien viele der ehemals im Gastgewerbe Beschäftigten in den Handel gewechselt.

Oktoberfest Xanten fällt auch wegen Personalmangels aus

Vom Personalmangel in der Gastronomie sind auch Veranstaltungen betroffen. So musste das Oktoberfest Xanten auch wegen Personalmangels abgesagt werden. Das teilte die Geschäftsführung mit. Auch wurden das Corona-Infektionsgeschehen und die Kostenentwicklung als Gründe genannt. Die 22. Ausgabe des Festes in Xanten war eigentlich vom 30. September bis 23. Oktober geplant.

Bereits in den Pandemiejahren 2020 und 2021 musste es verschoben werden. Nun die erneute Absage. Beteiligte Partner sollten Planungssicherheit durch diese Entscheidung bekommen. Reservierungen behalten jedoch für das nächste Jahr ihre Gültigkeit. Dann soll das Fest vom 29. September bis zum 2. Oktober 2023 stattfinden. Stornierungen und Umbuchungen sind kostenfrei.