An Rhein und Ruhr. In den Krankenhäusern in NRW fehlen viele Kinderkrankenpfleger. Was die Ursache des Mangels ist und wie das Problem bekämpft werden kann.
Mehr als 1400 Pflegekräfte fehlen in der Kinderkrankenpflege in NRW. Das geht aus Zahlen des NRW-Arbeitsministeriums hervor. Und die generalistische Pflegeausbildung verschlimmere die Situation, kritisiert Prof. Dr. Dominik Schneider, Direktor der Kinderklinik am Klinikum Dortmund. Er bessere Bedingungen in der Pflege. Aber auch anderen Kliniken in NRW mangelt es an Personal für die Kinderstationen.
Arbeitsmarkt kann Nachfrage nicht bedienen
„In der Kinderkrankenpflege ist es nicht anders als in der Erwachsenenpflege. Es fehlen Pflegekräfte an allen Ecken und Enden“, berichtet Dominik Schneider und beruft sich auf Zahlen des NRW-Arbeitsministeriums: So seien in NRW mehr als 1400 Stellen in der Kinderkrankenpflege nicht besetzt. Rund 3000 seien es in ganz Deutschland, wobei es bundesweit rund 38.000 Kinderkrankenpflegekräfte gebe. „Runtergerechnet auf die 350 Kinderkliniken in Deutschland, wären es etwa 10 offene Stellen pro Klinik. Aber in unserer Kinderklinik könnten wir direkt 50 Pflegekräfte einstellen. Und es hätten alle reichlich zu tun“, betont Schneider.
Ebenso gebe es auch bei Kindern spezialisierte, pflegeaufwändige Bereiche wie die Frühgeborenenmedizin. Dazu komme eine hohe Dokumentationspflicht. „Das Ganze hat sich durch gesetzliche Verordnungen verschärft“, erklärt der Klinikdirektor. „In einigen Bereichen gibt es einen hohen Personalschlüssel, der vom Arbeitsmarkt derzeit nicht bedient werden kann.“
Hohe Anforderungen an Auszubildende
In anderen Kliniken in NRW ist das Personal auf den Kinderstationen ebenso knapp. „Auch wir haben offene Stellen“, erklärt ein Sprecher der Uniklinik Essen. Besonders im Intensivbereich und der Frühchenstation brauche man Verstärkung. „Über unsere eigene Pflegeschule bilden wir auch für unsere Kinderstationen aus und freuen uns, dass in diesem Herbst 17 Auszubildende beabsichtigen, in der Kinderklinik zu arbeiten.“
Und auch das Evangelische Krankenhaus Düsseldorf (EVK) ist auf der Suche nach Pflegekräften für die Kinderstation, wie ein Sprecher bestätigt. „Auf unserer pädiatrischen Station sind wir relativ gut aufgestellt.“ Der Mangel sei eher bei der Neugeborenenmedizin bemerkbar, „was auch mit dem hohen Qualifikationsprofil zu tun hat.“ Die Auszubildenden des EVK haben derweil regelmäßig Einsätze auf den pädiatrischen Stationen, so der EVK-Sprecher.
Derweil beklagt das Evangelische Klinikum Niederrhein, das mehrere Standorte in Duisburg, Oberhausen und Dinslaken betreibt, dass in NRW jährlich etwa 300 Kinderkrankenpfleger mehr in den Ruhestand gehen als durch die Ausbildung nachkommen. Die generalistische Ausbildung könne diese Lücke nicht füllen, so eine Sprecherin. Einige Fachgesellschaften erkennen zudem Pflegekräfte der Generalistik nicht für den pädiatrischen Bereich an, wenn diese keine Spezialisierung in der Pädiatrie absolviert haben. Und bereits ohne Spezialisierung geben es zu wenig Einsatzzeiten in der Pädiatrie.
Zusammenlegung mit Erwachsenen- und Altenpflege
Früher war die Kinderpflegeausbildung eigenständig. In der neuen Generalistik ist diese mit der Alten- und Erwachsenenpflege zusammengelegt. Dominik Schneider hält das für einen Fehler: „Wir müssen wieder verstärkt auf die spezialisierte Kinderpflegeausbildung gehen. Die Alten- und Erwachsenenpflege kann man zusammenlegen, aber die Kinderkrankenpflege hätte man niemals in die Generalistik stecken dürfen“, kritisiert er. Denn in der alten Ausbildung habe es viel Arbeit mit Kindern gegeben. In der Generalistik habe man in drei Jahren etwa zwei Wochen mit Kindern gearbeitet.
„Es ist fast undenkbar, diese Pflegekräfte an Säuglingen oder Kleinkindern arbeiten zu lassen“, meint Schneider. „Denn je jünger Kinder sind, desto mehr Pflege ist nötig.“ Zudem müsse muss man sie anders beobachten als Erwachsene, „denn kleine Kinder können nicht ausdrücken, was ihnen fehlt“, führt er aus. Dafür brauche es eine spezielle Ausbildung. „Dieses Wissen erlernt man nicht in zwei Wochen.“ Die Ärzte seien auf solche speziell ausgebildeten Pflegekräfte angewiesen.
Mehr Geld und mehr Verantwortung
„Wir laufen trocken und es kommt nichts nach“, beklagt er. „So können wir die gesetzlichen Anforderungen nicht mehr erfüllen, was zu Strafzahlungen führt. Also werden wir künftig Auszubildende aus der Generalistik übernehmen müssen und diese dann bei uns fortbilden. Das kostet Zeit und Geld.“
Das sei eine Katastrophe mit Ansage. „Die Kinderkrankenpflege ist ein schöner Beruf, aber er braucht bessere Bedingungen“, fordert Schneider. Dinge wie der Schichtdienst seien ertragbar, wenn man genügend Personal hat. „Wenn man aber ständig Lücken füllen muss und keine Erholungszeiten mehr hat, dann laufen wir in ein chronisches Problem.“ Helfen könne es, sich andere Länder wie die Schweiz als Vorbild zu nehmen, wo die Pflegekräfte mehr Gehalt bekommen und mehr Verantwortung haben.“