Voerde. Die ersten philippinischen Pflegekräfte sind in Deutschland angekommen. Caritas und Bund wollen mit ihnen den Pflegenotstand bekämpfen.

Aliyon, Dona, Mary Joy und Daryl Mae wirken aufgeregt, nervös. Nur leise und zögerlich, merklich nach deutschen Wörtern im Kopf suchend, antworten sie auf Fragen. Kein Wunder: Die vier jungen Pflegekräfte sind erst vor wenigen Tagen nach Deutschland gekommen. Mehrere Tage waren sie unterwegs, mit dem Flugzeug, dem Zug und der Bahn. Von den Philippinen bis zum Niederrhein. Nun sind sie am Ziel, sitzen in der Caritas Geschäftsstelle in Voerde. 12.000 Kilometer weg von der Heimat, den Philippinen, getrennt von Familien und Freunden.

Aliyon, Dona, Mary Joy und Daryl Mae sind die ersten von insgesamt 35 Pflegekräften, die der Caritasverband für die Dekanate Dinslaken und Wesel, mit der Unterstützung von Sabine Weiss (CDU), Mitglied des Bundestages, nach Deutschland eingeladen hat (wir berichteten). Der Grund: Man wolle dem Pflegenotstand – zumindest ein Stück weit – entgegenwirken. Aber nicht nur: „Wir wollen unseren Mitarbeitern Wertschätzung entgegenbringen, indem wir die Menschen als Unterstützung hierherholen. Wir wollen die Menschen aber nicht nur als neue Mitarbeiter. Wir wollen sie als Menschen in unserer Gesellschaft“, betont Guido Busch von der Caritas und ergänzt: „Bei der Auswahl des Landes, aus dem die neuen Mitarbeiter kommen, war es uns wichtig, dass wir ein Land auswählen, in dem es keinen Pflegenotstand gibt.“

Caritas stellt Philippinos Paten zur Seite

Um den neuen Mitarbeitern die Ankunft in dem für sie noch so fremden Land zu erleichtern, stehen den Philippinos eine Art Paten zur Seite. Monika Liesenfeld, die bei der Caritas unter anderem in der Sozialberatung für ausländische Mitbürger tätig ist, hilft bei Behördengängen oder der Kontoeröffnung und Neli Jungbauer tröstet, wenn Heimweh aufkommen sollte. „Wie eine ,Ate‘, also eine große Schwester“, übersetzt sie von Tagalog, der offiziellen Landessprache auf den Philippinen, ins Deutsche. Jungbauer weiß genau, wie sich die jungen Pflegekräfte fühlen. „Ich bin 1995 selbst als Pflegekraft nach Deutschlandgekommen und kannte auch die Sprache und das Land nicht.“

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Mittlerweile ist Jungbauer verheiratet, hat zwei Kinder, arbeitet als OP-Schwester in einem Krankenhaus. Ein positives Vorbild und dennoch, Restskepsis bleibt bei Aliyon, Dona, Mary Joy und Daryl Mae. „Ich habe auch Angst“, gibt Mary Joy zu. Die deutsche Sprache zu lernen, sei eine große Hürde. Dabei können die Vier schon jetzt, wenn Gesprächspartner langsam sprechen, auf Deutsch Fragen beantworten – selten muss Neli Jungbauer übersetzen.

Pflegekräfte arbeiten in Altenheimen in Dinslaken und Wesel

Die Deutschkurse, die sie belegt haben und auch weiter belegen werden, zeigen bereits Wirkung. „Wenn man sich mal nicht verbal verständigen kann, bleiben immer noch Hände und Füße oder Übersetzungsprogramme im Internet“, zeigt sich Barbara Förster zuversichtlich. Sie ist Leiterin des Alfred-Delp-Hauses, einer Caritas-Altenpflegeeinrichtung in Dinslaken, in der zwei der Philippinos ab kommender Woche ihren Dienst antreten. Die anderen beiden würden in einem Pflegeheim der Caritas in Wesel anfangen. „Klar wird es Herausforderungen geben, gerade was die Pflegedokumentation angeht. Aber eins nach dem anderen. Am Anfang geht es erst einmal darum, das ,Kerngeschäft Pflege‘ in Deutschland kennenzulernen“, sagt Förster.

Begleitend zu der Arbeit in den Heimen, gehen die Pflegekräfte noch einmal zur Pflegeschule und müssen eine Prüfung absolvieren. Dabei seien sie bereits bestens ausgebildet, sagt Sabine Weiss. In Deutschland sei die Ausbildung auf den Philippinen mit einem Bachelor gleichzusetzen. Doch die Bezahlung in dem Land sei sehr schlecht. 400 bis 600 Euro pro Monat würden sie verdienen, mit denen die Familie versorgt werden müsse.

Finanzielle Hilfe für Familien auf den Philippinen

Für viele Philippinos ein Grund nach Deutschland zu kommen – auch für Daryl Mae. Die 33-Jährige hat eine sechsjährige Tochter auf den Philippinen, die sie versorgen muss. „Ich vermisse sie. Über Videotelefonate sehe ich sie aber jeden Tag“, sagt sie. Aufwachsen würde das Mädchen nun erst einmal bei dem Vater und den Großeltern. „Ich möchte sie aber gerne auch noch nach Deutschland holen“, lauten die Zukunftspläne der gebürtigen Philippinerin. Auch Aliyon, Dona und Mary Joy sehen ihre Zukunft in Deutschland. „Ich wollte als Kind schon immer Krankenschwester werden. Mir haben damals die weißen Anziehsachen so gut gefallen“, erinnert sich Mary Joy und lacht. Diesen Beruf in Deutschland ausüben zu dürfen sei für sie „schon immer ein Traum gewesen.“