Kleve. „Schatzhaus & Labor“ heißt die Jubiläums-Ausstellung zum 25. Jahrestag des Museum Kurhaus Kleve. Das erwartet Interessierte bis zum 20. November.

Ein Brunnen, der überläuft, Bilder eines Waldbrand, alte weiße Männer, eine Vulva mit Zähnen, Pissoirs, schwebende Radiatoren, ein Finger, der in eine Wand bohrt, Industrieholz, welches zum Ursprung geführt wird, ein Totenkopf oder auch ein Haufen Zementstaub: Das alles ist Kunst, hat einen komplexeren Hintergrund als diese Aufzählung vielleicht auf Anhieb vermittelt und ist ab Samstag, 23. Juli, in der Jubiläumsausstellung „Schatzhaus & Labor“ des Museum Kurhaus in Kleve zu sehen. „Wir sind schon enorm euphorisch“, erklärt Direktor Prof. Harald Kunde. Eröffnet wird um 19.30 Uhr unter anderem mit Vertretern der Landesregierung NRW und der Stadt Kleve.

"Schatzhaus & Labor": Julia Moebus-Puck (Wissenschaftliche Volontärin), Susanne Figner (Kuratorin), Valentina Vlasic (Kuratorin) und Prof. Harald Kunde (Direktor). © NRZ | Tobias Harmeling

Kunde hat zusammen mit den Kuratorinnen Susanne Figner und Valentina Vlasic die Auswahl zur Ausstellung getroffen. Vertreten sind Werke von 25 Künstlerinnen und Künstlern, die bereits eng mit dem Museum Kurhaus verbunden sind. „Der Auswahlprozess war natürlich schwierig, weil wir nicht alle Künstler*innen die hier in den 25 Jahren ausgestellt haben, berücksichtigen konnten“, erklärt Harald Kunde.

Auch interessant

Neben den Werken, der 25 im Kurhaus bereits etablierten Künstlerinnen und Künstlern, werden auch noch fünf ganz neue Positionen zu sehen sein. Alle Ausstellungsstücke können an den rosa Infotäfelchen erkannt werden, die neben den Werken hängen.

Entwicklung der Künstlerinnen und Künstler wird sichtbar

Laut der Kuratorinnen wird es für viele Menschen, die das Museum Kurhaus seit vielen Jahren Besuchen eine sehr interessante Zeitreise werden. „Wenn man 1997 hier schon Werke von Katharina Fritsch gesehen hat, spannt sich mit ihren Werken in der heutigen Ausstellung gewissermaßen ein Bogen“, erklärt Valentina Vlasic. Nun könne man gut sehen, wie sich die Künstlerinnen und Künstler in dieser Zeit entwickelt haben.

Installationen im Untergeschoss des Museums Kurhaus Kleve.
Installationen im Untergeschoss des Museums Kurhaus Kleve. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Für das Kunst- und Kulturherz ist in dieser großangelegten Ausstellung einiges zu entdecken: Aufwendige und große Installationen, kleine Plastiken, Fotokunst, gemalte Bilder, witzige, verrückte, gruselige und teils vielleicht verstörende Installationen. Dabei werden zeitgleich ernste und hochpolitische Inhalte in den Werken transportiert.

Ein Raum stellt beispielsweise eine Kritik an alten weißen Männern und Businessmännern in Anzügen dar. Zum einen schaut man auf der einen Seite in fünf verschiedenfarbige von Thomas Schütte gestaltete Fratzen, die nichts Schönes assoziieren lassen und grimmig drein schauen. Auf der gegenüberliegenden Seite prangt dann das „Relief mit vier Männern“ von Stephan Balkenhol. Es kann als Hommage an die Statue „Neuer Eiserner Mann“ gesehen werden, die seit 2004 im Besitz des Kurhaus Kleve ist und unweit im Barockgarten zwischen Kanal und Amphitheater steht.

Guiseppe Penone: Ein Baum im Baum

Ein anderer Raum zeigt große Installationen von Carl Andre, Mario Merz und Guiseppe Penone. Letzterer hat in der, wie die Kuratorinnen sagen, „aufwendigsten Installation der Ausstellung“, für die Industrie vorbereitete große Stämme in handarbeit über ein Jahr lang bearbeitet. Dabei hat er den, in den dicken Stämmen liegenden Kern, freigelegt, einen kleineren Stamm und die Verästlungen wieder zum Vorschein gebracht und somit quasi einen Baum im Baum gezeigt. „Das könnte man auch mit Michel Angelo assoziieren, der die Skulptur im unbearbeiteten Steinblock ja auch schon vorher gesehen und dann herausgearbeitet hat“, sagt Prof. Harald Kunde, fasziniert von dem großen Werk.

Das Werk von Guiseppe Penenona „Alberi libro (Book trees)“.
Das Werk von Guiseppe Penenona „Alberi libro (Book trees)“. © Museum Kurhaus Kleve | Museum Kurhaus Kleve

Auch die eng mit dem Museum verbundene Katharina Fritsch hat Arbeiten zu der Jubiläums-Ausstellung beigesteuert – „nicht ohne eine Prise Humor und Ironie“, wie es im Katalog zur Ausstellung zu lesen ist. Zu sehen sind die Skulpturen „Totenkopf“ und „Figur (schwarzer Kopf)“. Letztere hat sie höchstpersönlich an Ort und Stelle im Museum Kurhaus platziert.

Auch interessant

In der Ausstellung kann man viel Zeit verbringen und wahrscheinlich nicht alles beim ersten Mal gebührend aufnehmen. „Es gibt viel zu entdecken“, fasst es Valentina Vlasic passend zusammen.

Richard-Long-Ausstellung

Zusätzlich zur Jubiläumsausstellung gibt es im obersten Stockwerk des Museums eine eindrucksvolle Ausstellung der wissenschaftlichen Volontärin und Kunsthistorikerin Julia Moebus-Puck namens „49 Aktenordner: Richard Long & das Ausstellen von Ausstellungen“.

Ein Teil der 49 Aktenordnern der Richard Long Ausstellung.
Ein Teil der 49 Aktenordnern der Richard Long Ausstellung. © FUNKE Foto Services | Fabian Strauch

Dazu hat sie das große Archiv des niederländischen Kunstliebhabers Gerard Vermeulen inventarisiert und digitalisiert, der sich Jahrzehnte akribisch mit dem Werk des britischen Künstlers Richard Long befasst hat. Diese Ausstellung eröffnet ebenfalls am 23. Juli, aber bereits um 17 Uhr und kann auch bis zum 20. November betrachtet werden.

Infos zur Ausstellung im Museum Kurhaus Kleve

Die Jubiläumsausstellung „Schatzhaus & Labor“ ist vom 23. Juli bis zum 20. November 2022 im Museum Kurhaus in Kleve zu sehen. Folgende Künstlerinnen und Künstler sind zu sehen: John Akomfrah, Carl Andre, Stephan Balkenhol, Lucas Blalock, Birgit Brenner, Ulrich Erben, Franka Hörnschemeyer, Pia Fries, Katharina Fritsch, Isa Genzken, Yann Gerstberger, Franz Gertsch, Axel Hütte, Robert Indiana, Via Lewandowsky, Richard Long, Mario Merz, Giuseppe Penone, Stephen Prina, Thomas Ruff, Michael Sailstorfer, Andreas Schmitten, Gregor Schneider, Thomas Schütte, Haim Steinbach, Paloma Varga Weisz, Johannes Wald, , Franka Hörnschemeyer, Cristina Iglesias, Ragen Moss und Pietro Sanguineti.

Zur Ausstellung erscheint auch ein Katalog (192 Seiten) für 35 Euro.