Weeze. Zehn Millionen Euro Direktinvestition in die Region – und das jedes Jahr. Warum Parookaville für den Niederrhein „ein Glücksfall“ ist.

Wie viele Torten es am Ende sein werden, die in den Gesichtern der feiernden Festivalbesucherinnen und -besucher landen, das weiß Joachim Reffeling nicht. Zum sechsten Mal fertigt der Chef der gleichnamigen Bäckereikette aus Goch in diesem Jahr die Torten, die DJ Steve Aoki zur Krönung seiner Show bei Parookaville ins Publikum wirft. „Vor ein paar Tagen haben wir das Rezept für die Torten erhalten“, erzählt der 61-Jährige. Geschmack, Größe und Verzierung? „Das darf ich leider nicht verraten.“ Nur so viel: „Es sind keine Sonntagskuchen“, sagt Reffeling und lacht, sondern leichte Schaumtorten mit viel Zucker, die am Festivalsonntag durch die Luft fliegen.

Der Bäcker und Konditor ist einer von vielen Unternehmerinnen und Unternehmern aus der Region, die das dreitägige Musikfestival für die Besucherinnen und Besucher zu einem unvergesslichen Erlebnis machen. „Parookaville ist ein Glücksfall für den Kreis Kleve und die gesamte Region“, sagt Andreas Henseler, stellvertretender Geschäftsführer der IHK Niederrhein. Rund 225.000 Menschen werden erwartet, ein Besucherrekord, von dem sowohl Handwerker und Monteure als auch Hoteliers und Gastronomen profitieren. „Die Hotels und Gaststätten sind sowohl vor als auch nach dem Festival-Wochenende ausgelastet“, sagt Henseler. Ein Segen für die krisengebeutelte Branche: So seien die Übernachtungszahlen während der Pandemie „massiv eingebrochen“.

Parookaville: Veranstalter investieren zehn Millionen Euro in die Region

Zehn Millionen Euro investieren die Veranstalter aus Weeze in die Region – „und das jedes Jahr“, sagt Bernd Dicks, der neben Norbert Bongers und Georg van Wickeren zu den Gründern des Festivals gehört. „Etwa 40 Firmen, die mit und für uns arbeiten, kommen aus Weeze und dem Zentralkreis Kleve“, so der 39-Jährige, „vom Hotelier über den Wasserinstallateur bis zum Elektriker.“ Allein das seien jährlich Aufträge in einem Volumen von bis zu fünf Millionen Euro.

Hinzu komme der Umsatz, den die Supermärkte, Eisdielen und Tankstellen während des Festivals machten. „Wir haben in den vergangenen Jahren repräsentative Nielsen-Umfragen erstellen lassen, in der wir auch gefragt haben, was die Gäste abseits des Festivals gemacht haben“, sagt Dicks. Waren sie noch einkaufen, in der Apotheke, im Supermarkt oder beim Bäcker? „Und wir haben gefragt, wie viel Geld sie dabei ausgegeben haben“: Rund fünf Millionen Euro.

Bernd Dicks gehört neben Norbert Bongers und Georg van Wickeren zu den Gründern des Parookaville-Festivals.
Bernd Dicks gehört neben Norbert Bongers und Georg van Wickeren zu den Gründern des Parookaville-Festivals. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

„Parookaville ist ein wirkliches Aushängeschild für die Region“, sagt Martina Baumgärtner vom Niederrhein Tourismus – „nicht nur aufgrund der hohen Besucherzahl, sondern auch aufgrund des internationalen Publikums“. Hinzu komme die Aufmerksamkeit und Bekanntheit, die auf die Region gezogen werde. So kehren einige Besucherinnen und Besucher nach Jahren mit ihren Familien zurück in die Region, besuchen das Wunderland in Kalkar oder das Irrland in Kevelaer, wie Andreas Henseler von der IHK weiß.

Allein dass in diesem Jahr aufgrund von Bauarbeiten kein Zug nach Weeze fährt, sei „ein großes Ärgernis“, so der Leiter der Zweigstelle Kleve. „Das kann das Image der Region erschweren und ist keine gute Werbung für uns.“ Zwar biete der Veranstalter Ersatzbusse an. Aber die Besucherinnen und Besucher merkten: „Man ist aufgeschmissen, wenn der ÖPNV nicht funktioniert.“ Henseler: „Da wünschen wir uns tragfähigere Konzepte und mehr Verlässlichkeit von der Bahngesellschaft.“

Parookaville: Anwohnerinnen und Anwohner erhalten kostenlose Tickets

Der benachbarte Airport Weeze dagegen profitiert: „Das Megaevent Parookaville sorgt dafür, den Standort Airport Weeze in Deutschland und Europa weiter bekanntzumachen“, sagt Marketing-Manager Holger Terhorst – insbesondere bei der jüngeren Zielgruppe. „Wenn über 200.000 Gäste nach Parookaville pilgern, so sehen sie bei der Gelegenheit auch den benachbarten Flughafen – und das bei allerbester Stimmung.“

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Und dabei dürfte es auch ordentlich laut werden. Um die Anwohnerinnen und Anwohner nicht zu verärgern, reagieren die Veranstalter präventiv: So erhalten Bürgerinnen und Bürger aus Weeze vergünstigte Tickets, alle direkten Nachbarn werden eingeladen. „Das sind mehrere Hundert, die ein Ticket für das ganze Wochenende kriegen“, sagt Bernd Dicks. Und auch potenziellem Ärger wird entgegengewirkt: „Wir sprechen mit jedem, der sich bei uns meldet und irgendein Problem hat, sei es, weil zu schnell gefahren wird oder jemand irgendwo zu Unrecht parkt.“ Eigentlich freuten sich die Weezer aber auf das Festival. „Der Ansturm auf die Tickets ist immer immens.“

Hochzeitstorte nach dem Rezept von Steve Aoki: „Das ist schon cool“

75.000 Besucherinnen und Besucher am Tag, so viele Einwohner hat keine Stadt im Kreis Kleve. Vor allem jetzt, in Zeiten von Personalknappheit und steigenden Preisen, mache es sich bemerkbar, seit Jahren auf regionale Zusammenarbeit gesetzt zu haben, sagt Dicks. „Diese örtliche Bindung macht es einfacher, das Personal für unsere Dienstleister zusammenzuhalten“, so der Veranstalter. „Wenn wir den örtlichen Wasserinstallateur fragen ‚Bist du wieder startklar?‘, dann sagt er: ‚Auf jeden Fall und ich habe auch alle Leute da!‘“ Jemand, zu dem die Gründer keine persönliche Bindung haben, hätte eher abgesagt, vermutet Dicks.

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Auch Joachim Reffeling und sein Team sind in diesem Jahr wieder dabei. 15 bis 20 Torten werden sie in den Tagen vor dem Festival backen – und vermutlich auch die ein oder andere in den Wochen danach. Immer mal wieder kämen Kundinnen und Kunden und bestellten eine von Steve Aokis Torten. „Es kam einmal ein Paar, das hat sich während der Tortenschlacht bei Parookaville verlobt“, erzählt Reffeling. „Bei mir haben sie dann ihre Hochzeitstorte bestellt“ – eine Torte nach dem Rezept von Steve Aoki. „Das“, sagt Joachim Reffeling sichtlich stolz, „ist schon cool.“