An Rhein und Ruhr. Zum Tag der Arbeit berichten Gewerkschaftsmitglieder, warum sie am 1. Mai auf die Straße gehen. Ein Gespräch über die Bedeutung des Feiertages.
Der Tag der Arbeit am 1. Mai hat viel Konkurrenz. Er muss sich zwischen Bollerwagentouren, Maigängen und frühlingshaften Fahrradausflügen durchsetzen. Bei Manja Schnetgöke hat er gewonnen. Vor vier Jahren nahm die 26-Jährige das erste Mal in Duisburg an einer Kundgebung zum 1. Mai teil – und ist immer wieder mit an Bord. Auch für Wilhelm Segerath ist der 1. Mai noch immer ein Tag „an dem ich für Arbeitnehmer und Menschenrechte auf die Straße gehe“, sagt er.
Der 69-Jährige hat 48 Jahre bei der Thyssenkrupp AG gearbeitet, war dort Vorsitzender des Konzernbetriebsrats, engagierte sich in der IG Metall. Trotz Ruhestand will der Duisburger nicht aufhören für bessere Arbeit zu kämpfen. Seit September 2021 ist er Vorsitzender der DGB (Deutscher Gewerkschaftsbund) Senioren in Duisburg. Kein Staat, kein Arbeitgeber würde sich so sehr für Arbeitnehmer einsetzen wie eine Gewerkschaft: „Die Ergebnisse, die wir bisher erzielt haben, sind alles Ergebnisse von Streiks.“
Bedeutung des Maifeiertages gerät in Vergessenheit
Dennoch gerät die Bedeutung des Maifeiertages immer mehr in Vergessenheit, „weil einfach viele die Geschichte der Arbeiterbewegung nicht kennen“, kritisiert Segerath. „Im Geschichtsunterricht der Schulen werden andere Dinge viel ausführlicher thematisiert.“ Dabei ist es beeindruckend, was Segerath gemeinsam mit Gewerkschaftskollegen der Metallindustrie unter anderem erreicht hat: Die Einführung einer 35-Stunden-Woche und 30 anstatt nur 18 Tage Urlaub im Jahr.
Heutzutage halte er Themen wie Kinder- und Altersarmut „für sehr, sehr wichtige Punkte“. Warum engagieren sich aber immer weniger Menschen? Sind Maikundgebungen nicht mehr modern? „Der 1. Mai ist immer noch ,in’“, ist sich Segerath sicher. Zusätzlich brauche es nur andere Formate, wie Video-Veranstaltungen, um jüngere Generationen gezielter anzusprechen. Und dennoch ist sich der 69-Jährige sicher: „Das Beste ist immer noch der Demo-Zug.“ Schließlich gebe es auch heute noch genug, wofür es sich lohne auf die Straße zu gehen.
Duisburger Gewerkschafterin will sich für die Rechte von Mitarbeitenden einsetzen
So sieht es auch Manja Schnetgöke. Die 26-Jährige ist im Jugendausschuss des DGB in Duisburgaktiv. Sie gehört der Gewerkschaft EVG an, ist Betriebsrätin bei der Deutschen Bahn. Im vergangenen Jahr hat sie zum ersten Mal auf der Kundgebung zum 1. Mai in Duisburg gesprochen, in diesem Jahr wird es auch so sein. Schnetgöke hat in ihrem Unternehmen von Beginn an eine gute Jugendvertretung und einen guten Betriebsrat kennengelernt, die Beziehung zur Gewerkschaft war gut. Hier wollte sie mitarbeiten, sich für die Rechte von Mitarbeitenden einsetzen, damit es ihnen im Berufsleben ebenso gut geht, wie ihr. Für was aber gehen die jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Straße?
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Der 26-jährigen Gewerkschafterin fällt eine Menge ein. Klar, im Moment bewege vor allem der Ukraine-Krieg. Aber es gehe auch um bezahlbaren Wohnraum. „Es gibt Studentenheime – warum gibt es so etwas nicht auch für Auszubildende?“, nennt sie ein Thema.
Dafür gehen junge Menschen in NRW auf die Straße
Es geht um Ausbildungsplatz- und Übernahmegarantien; darum, die industrielle Transformation zu begleiten und neue Ausbildungsplätze zu schaffen; darum, Tarifverträge für Studierende auszuhandeln, die an den Hochschulen arbeiten; darum, Antifaschismus zu bekämpfen und sich gegen rechte Parolen zur Wehr zu setzen. Das alles sei wichtig und interessiere jungen Menschen. Heute und morgen. „Dafür kommen die jungen Menschen mit auf die Straße. Wir sind zwar lange nicht so viele wie die Erwachsenen, aber wir sind viele“, sagt sie. „Dieses Gefühl da zu sein, mit den ganzen jungen Leuten auf die Straße zu gehen, laut zu sein, das ist ein unbeschreibliches Gefühl für mich.“ Sie rät jedem Arbeitnehmer – ob jung oder alt: „Auch wenn man das Gefühl hat, es läuft gut – so ist es in vielen Betrieben eben nur, weil es eine Gewerkschaft gibt“, sagt sie.