Am Niederrhein. Maria Vöckler ist Mutter eines trans* Kindes. Was das für die ganze Familie bedeutet, erzählt sie im Buch „Blau mit ganz viel Glitzer“.
Es ist diese kleine Besonderheit, die immer noch so betroffen macht, hilflos, ratlos, verzweifelt, die Familien über eine Achterbahn der Gefühle jagt und von einem großen Teil der Gesellschaft ignoriert wird – aus Nichtwissen – nicht wissen wollen und nicht wissen können. Wie ist das, wenn Kinder trans* sind, wenn Kinder sich in ihrem Körper nicht wohl fühlen, wenn Mädchen eigentlich Jungs und Jungs eigentlich Mädchen sind.
Trans* Kinder – was verbirgt sich dahinter? Eine Mutter und eine sie begleitende Journalistin und Niederrheinredakteurin haben ein Buch darüber geschrieben, ein sehr persönliches Buch: „Blau mit ganz viel Glitzer – Das Leben mit meinem trans* Kind“. Vor wenigen Tagen ist es auf den Markt gekommen.
Persönliche Geschichte einer Mutter
Und die Mutter, im Buch heißt sie Maria Vöckler, nimmt ihre Leserinnen und Leser mit auf eine sehr persönliche, sehr liebevolle und innige Reise in eine Entwicklungsgeschichte, die nicht nur alles in ihrem Leben umgekrempelt hat, sondern auch das Leben von ihrem Kind auf den Kopf stellte. Luisa, die mit drei Jahren schon wusste, dass sie ein Mädchen ist – auch wenn ihr Körper und ihr alter Name das nicht zeigten. Nun ist Luisa neun Jahre alt, ein glückliches Mädchen, das Glitzer liebt, vernarrt ist in Eiskönigin Elsa und sich wahnsinnig gern verkleidet.
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Luisa ist ein trans* Kind – und das meint, dass die geschlechtliche Identität nicht immer und automatisch bei der Geburt mitgegeben wird, sondern durchaus ganz anders empfunden werden kann. Aber: „Menschen können trans* sein, ohne ein Unbehagen über ihre körperlichen Geschlechtsmerkmale zu empfinden“, sagt Autorin Sara Schurmann. „Hierin spiegelt sich die Vielfalt menschlicher Geschlechtlichkeit wider, das soll auch das Sternchen hinter trans* symbolisieren.“
Spezieller Wunsch zu Weihnachten
Doch wie ist das, wenn ein Dreijähriger beim Weihnachts-Wunsch-Nachmittag im Kindergarten sich nicht ein Feuerwehrauto wünscht oder ein Fahrrad oder einen Baukasten – sondern – eine Scheide? Wie gehen Erzieherinnen und Erzieher damit um – wie reagieren die Eltern? Mit Verwirrung? Warum ist das so? Kann ein Dreijähriger „das“ überhaupt schon „wissen“? Was tun, wo kann man Hilfe bekommen, wann ist ein Kind trans* und wann nicht? Und muss trans* Sein gleich bedeuten, dass man auch die typischen Geschlechtsmerkmale ändern will – oder gar sollte…?
„Nicht jedes Kind, das Pink und Glitzer mag und Stereotypen auslebt, ist ein trans* Kind“, sagt die Mutter von Luisa, Maria Vöckler, die für das Buch in ihren Mädchennamen geschlüpft ist. Um ihr Kind zu schützen – in einer Gesellschaft, die immer noch eher die Augenbrauen in die Höhe zieht als fröhlich in die Hände zu klatschen, wenn ein Mensch, und besonders wenn ein Kind, sich nicht dem ihm bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht zugehörig fühlt.
Emotionale Einblicke in den Alltag einer Familie
„Bis zu fünf Prozent aller Kinder unter zwölf Jahren zeigen im Laufe ihrer Kindheit sogenanntes ‚geschlechts-atypisches Verhalten‘, also Phasen, in denen sie von den Normen abweichen, die in der Gesellschaft für Mädchen und Jungen gelten“, so Kinder- und Jugendlichentherapeutin Judith Lichtenberg im Nachwort. Ein Junge, der lieber Klavier als Fußball spielt, das Mädchen, das lieber auf Bäume klettert als mit der Barbie spielt – das habe in der Regel wenig mit einer „Geschlechtsidentitätsstörung“ zu tun, so die Expertin. Erst wenn eine Vielzahl solcher Merkmale zusammenträfen und der Leidensdruck groß werde, könne ein trans* Kind Hilfe und Unterstützung benötigen.
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Ein berührendes Buch, das allen, die nicht in der queeren Community zu Hause sind, tiefe und emotionale Einblicke gewährt in den mitunter stürmischen Alltag von Maria Vöckler, ihrem Mann Cai, Luisas Bruder Finn und Luisa, die früher einmal anders hieß.
„Das Buch erhebt keinen Anspruch darauf, repräsentativ für das Thema Transidentität zu stehen“, sagt Autorin Sara Schurmann. „Andere Familien können ähnliche oder auch ganz andere Erfahrungen gesammelt haben.“ Maria Vöckler möchte „Mut machen“ und aller Welt – und besonders ihrer Tochter Luisa – sagen, wie sehr sie sie liebt.
Maria Vöckler mir Sara Schurmann: „Blau mit ganz viel Glitzer“, erschienen im Querverlag, 15 Euro.
>>> Autorinnen zu Gast im NRZ-Podcast „An der Theke“
In der neuen Folge des Podcasts „An der Theke“ sprechen Maria Vöckler und Sara Schurmann über „Blau mit ganz viel Glitzer – Das Leben mit meinem trans* Kind“. Die beiden erzählen, wie ihre Zusammenarbeit überhaupt zustande gekommen ist. Aber es geht auch um die schweren Zeiten, die die Familie durchmachen musste…
Denn nachdem die Eltern realisiert haben, dass sie keinen Sohn, sondern eine Tochter haben, scheint zunächst alles gut zu laufen. Luisa wird im Kindergarten endlich als das Mädchen akzeptiert, das sie in Wahrheit schon immer war. Dann aber kommt ein Brief vom Jugendamt. Der Vorwurf: Kindeswohlgefährdung.
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