Köln. Zweimal wurde ein Mann Opfer von Überfällen auf Geldtransporter. Der Zeuge im Prozess gegen Reemtsma-Entführer Drach kann nun wohl doch aussagen.

Im Prozess gegen Reemtsma-Entführer Thomas Drach ist ein wichtiger Zeuge nun möglicherweise doch vernehmungsfähig. Das ging am Mittwoch vor dem Kölner Landgericht aus einem Attest der Ärzte des Mannes hervor. Nach Angaben eines Drach-Verteidigers ist es nun „nicht mehr gänzlich ausgeschlossen“, dass der Zeuge „in drei bis vier Monaten“ doch noch in dem Prozess vernommen werden könne.

Der Mann soll gleich zweimal Opfer von Geldtransporter-Überfällen geworden sein, die Drach zur Last gelegt werden. Dabei handelt es sich um eine Tat im März 2018 vor einer Ikea-Filiale in Köln-Godorf, bei der Drach ihm mit vorgehaltener Waffe den Geldkoffer abgenommen haben soll. Auch bei einem Überfall im März 2019 am Flughafen Köln/Bonn soll der Mann zur Besatzung des ausgeraubten Geldtransporters gehört haben.

Zeuge habe "widersprüchliche Angaben gemacht"

Zwei Polizeibeamte berichteten am Mittwoch im Zeugenstand, dass der Geldbote im Fall des Godorfer Überfalls eine Zeit lang als Tatverdächtiger galt. Er habe „widersprüchliche und zum Teil falsche Angaben“ über den Ablauf des Überfalls gemacht, wie der damalige Ermittlungsführer sagte.

So habe der Geldbote angegeben, dass der Werttransporter direkt vor dem Personaleingang der Ikea-Filiale geparkt habe, bevor der Bote den Geldkoffer mit den Einnahmen holen gegangen sei. „Das deckte sich aber nicht mit den Tatbegebenheiten am Tattag“, sagte der 36 Jahre alte Beamte. Stattdessen habe der Transporter auf Anweisung des Geldboten 17 Meter vom Eingang entfernt auf einem Behindertenparkplatz gewartet.

Drach schweigt weiterhin

Ferner sei ungewöhnlich gewesen, dass die Dienstwaffe des Geldboten nicht geladen gewesen sei. „Das ist ja sein Job als Wachmann, das Bargeld im Extremfall zu verteidigen“, sagte ein 41-jähriger Polizist als Zeuge. Dennoch habe sich „ein Tatverdacht nicht erhärtet“. Die Staatsanwaltschaft hatte die Ermittlungen gegen den Boten eingestellt. Aus Sicht der Drach-Verteidiger gilt er aber weiterhin als möglicher Täter. Drach selbst schweigt bislang in dem Verfahren.

Der 61-Jährige ist wegen insgesamt vier Überfällen auf Geldtransporter angeklagt. Bei zwei der Taten soll er auf Geldboten geschossen und sie lebensgefährlich verletzt haben. Deshalb lautet die Anklage auch auf versuchten Mord. Neben Drach sitzt ein mutmaßlicher Komplize auf der Anklagebank.

Drach hatte 1996 den Tabakkonzern-Erben Jan-Philipps Reemtsma entführt. Für diese Tat war er zu vierzehneinhalb Jahren Haft verurteilt worden. (dpa)

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