An Rhein und Ruhr. Eine Studie zeigt, dass mehr Personen in Parks, unter Brücken oder bei Verwandten leben, als angenommen. Warum es noch mehr werden könnten.
In Nordrhein-Westfalen leben mehr Menschen auf der Straße als bislang angenommen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie zur verdeckten Wohnungslosigkeit, die die Gesellschaft für innovative Sozialforschung und Sozialplanung Bremen (GISS) im Auftrag des NRW-Sozialministeriums erstellt hat. Demnach lebten im Juni und Juli 2021 in NRW 5300 Menschen in Parks, unter Brücken, in U-Bahn-Haltestellen oder kommen zur Übernachtung bei Bekannten und Verwandten unter. Das sind 3800 Personen mehr als die Landesstatistik zum Stichtag 30. Juni 2021 erfasst hat. Und es könnten noch mehr werden.
Steigende Energiepreise sind ein Risiko für Verschuldung
Die steigenden Energiepreise stellen ein Risiko für Menschen dar, sich zu verschulden und in der Folge ihre Miete nicht mehr zahlen zu können, erläutert GISS-Geschäftsführerin Jutta Henke. Sie appelliert, die Energieschuldenberatung auszubauen.
Der Stichprobe zufolge hatten knapp 60 Prozent der rund 1800 befragten Betroffenen keine Unterkunft. Dazu kommen etwa 40 Prozent, die verdeckt wohnungslos waren, die also bei Verwandten oder Bekannten untergekommen sind. Die Befragung fand in den Kommunen des Kreises Wesel, im Kreis Lippe, in Köln, Dortmund, Münster und Remscheid statt.
Über 50.000 Betroffene in NRW
Laut der jährlichen Wohnungsnotfallberichterstattung des Landes NRW waren zum 30. Juni 2020 insgesamt 49.987 Menschen von Wohnungslosigkeit betroffen. Menschen, die auf der Straße oder bei Freunden leben, werden hier nur zum Teil erfasst.
Die Studie macht auch deutlich, dass es noch mehr Vorsorge braucht. So gaben 42 Prozent der Befragten an, sich vor der Wohnungslosigkeit keinerlei Hilfe geholt zu haben, 23 Prozent hatten beim Jobcenter Hilfe gesucht.
Laumann will „Kümmerer-Projekte“ ausbauen
Aus diesem Grund will Sozial- und Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die „Kümmerer-Projekte“ ausbauen und bestehende verlängern. Das trifft unter anderem auf Essen, Düsseldorf und den Kreis Wesel zu. Knapp 3500 Menschen hätten durch die Landesinitiative ein neues Zuhause gefunden.
Zudem will Laumann die mobile medizinische Versorgung mit 350.000 Euro jährlich finanziell unterstützen. Denn die Befragung hat ergeben, dass viele Betroffene unter Suchtproblemen sowie körperlichen und psychischen Krankheiten leiden. Zusätzlich zu den Kältehilfen im Winter will das Land im Sommer erstmalig Hitzehilfen in Höhe von rund 250.000 Euro zur Verfügung stellen. Insgesamt stehen zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit in diesem Jahr aus Landes- und EU-Fördermitteln rund 14 Millionen Euro zur Verfügung.