An Rhein und Ruhr. Nach der Razzia gegen Tagebaubetreiber RWE wegen der Flutkatastrophe fordern die Grünen Sicherheitsüberprüfungen der Kiesgruben am Niederrhein.

Nach den Polizei-Durchsuchungen wegen des schweren Hochwasser-Erdrutschs in Erftstadt-Blessem wollen die Grünen in NRW die Sicherheit beim Kiesabbau auch am Niederrhein auf den Prüfstand stellen. Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt im Fall Blessem wegen des Verdachts des fahrlässigen Herbeiführens einer Überschwemmung, der Baugefährdung sowie des Verstoßes gegen das Bundesberggesetz.

„Der Abbau oberflächennaher Rohstoffe am Niederrhein ist in seinem aktuellen Ausmaß nicht nur umweltpolitisch hochproblematisch. Nach den staatsanwaltschaftlichen Durchsuchungen in Zusammenhang mit der Hochwasserkatastrophe im Juli in Erftstadt-Blessem rückt neben dem Naturschutz- jetzt auch der Sicherheitsaspekt in den Fokus“, sagt die Landesvorsitzende der Grünen, Mona Neubaur. Die Landesregierung müsse kurzfristig sicherstellen, dass Kiesgruben und vergleichbare Tagebaue, die in der Nähe von Siedlungen, Straßen oder Bahntrassen liegen, die vorgeschriebenen behördlichen Anforderungen und Bestimmungen erfüllen.

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Die Grünen wollen nach der Landtagswahl im Mai den Landesentwicklungsplan „überarbeiten und die bestehenden Genehmigungen für Kiesgruben überprüfen“, kündigte Neubaur gegenüber der NRZ an.

Genehmigungen überprüfen

Auch die Regeln, nach denen in NRW Neugenehmigungen erfolgen, gehörten auf den Prüfstand. Bei der Ausweisung neuer Flächen sollten die Versorgungszeiträume künftig von 25 wieder auf maximal 15 Jahre reduziert werden. Dabei müsse der regionale Bedarf der Bauindustrie die entscheidende Grundlage sein und nicht die zurückliegenden Abbaumengen.

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Wibke Brems, energiepolitische Sprecherin der Grünen im NRW-Landtag, kritisiert, dass im Fall der Kiesgrube Blessem über 20 Jahre hinweg Genehmigungen immer wieder verlängert oder neu erteilt wurden, obwohl die damit verbundenen Maßnahmen zum Ausgleich des Überschwemmungsgebietes bislang nicht umgesetzt wurden. Dazu hat sie auch Kleine Anfragen an die Landesregierung gestellt. Sie fordert, dass beim Wasserschutz die wasserrechtlichen Genehmigungen und Prüfungen in Zukunft vom Umweltministerium und nicht, wie bislang, von der Bergbehörde durchgeführt werden.

Brems: „Es müssen politische Konsequenzen folgen“

Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommen für sie daher wenig überraschend. „Ich hoffe, dass die Ermittlungsbehörden die Verantwortlichkeiten für dieses Unglück klären können. Wenn sich bestätigen sollte, dass Kontrollen und Genehmigungen nicht korrekt waren, bestärkt mich das in meiner Überzeugung: Es müssen politische Konsequenzen folgen. Das Bergrecht räumt der Behörde in Fragen des Wasserrechts eine zu hohe Entscheidungsgewalt ein“, sagt sie zur NRZ.

In Erftstadt war während der Hochwasser-Katastrophe in der Nacht zum 16. Juli 2021 der Boden nahe einer Kiesgrube am Fluss Erft weggerutscht, nachdem Starkregen die Grube geflutet hatte. Mehrere Gebäude wurden mitgerissen. Am Dienstag waren die Ermittler mit Durchsuchungen gegen mehrere Beschuldigte vorgegangen, darunter fünf Mitarbeiter der Betreibergesellschaft der Kiesgrube. Ermittelt wird auch gegen den Eigentümer und Verpächter des Tagebaus sowie gegen vier Mitarbeiter der Bezirksregierung Arnsberg, der zuständigen Aufsichts- und Genehmigungsbehörde.

>>> Info: Zukunft des Kiesabbaus in Blessem ungewiss

Die Rheinischen Baustoffwerke, eine RWE-Tochter, haben die Grube in Blessem 2016 gepachtet und „seitdem genehmigungskonform unter Aufsicht der Bergbehörde betrieben“, wie ein RWE-Sprecher auf NRZ-Anfrage sagt. Die Hochwasserschutzanlagen seien von der Aufsichtsbehörde abgenommen worden. „Der Hochwasserschutz war genehmigungskonform und intakt.

Nach der Flutkatastrophe ist die Kiesgrube noch Meterhoch mit Wasser gefüllt, das dem RWE-Sprecher zufolge nur langsam versickert und nach Regen manchmal sogar leicht steigt. „Wie es mit dem Kiesgrubenbetrieb weitergeht, wissen wir nicht. Eine Wiederaufnahme des Kiesgrubenbetriebs wird nur dann sinnvoll und möglich sein und durch RBS in Betracht gezogen, wenn sie sich im Rahmen eines abgestimmten, akzeptierten Gesamtkonzepts für den langfristigen Schutz der Ortslage vor Hochwassern bewegt.“