Am Niederrhein. Wer einst auf dem Rhein unterwegs war, hatte es besonders im Winter nicht leicht. Ein Blick zurück in jene Zeiten, als der Fluss noch zufror.

Seit ewigen Zeiten diente der Rhein als Transportweg für Güter unterschiedlichster Art, die vom Binnenland zu den Nordseehäfen und von der Küste ins Hinterland gebracht wurden. Die verschiedenen Streckenabschnitte brachten dabei ihre eigenen Herausforderungen mit sich.

Bei alledem hatten Ladung und Schiffsgröße sowie Wind und Wetter ihren Einfluss auf die Manövrierfähigkeit der Frachter. Während die Transporte rheinabwärts durch Strömungsgeschwindigkeit, Engstellen und Untiefen die Lenkungskünste der Bootsleute auf die Probe stellten, waren die Fahrten rheinaufwärts stark von Wind und Wetter beeinflusst. Stand der Wind günstig und blies mit ausreichender Kraft, dann konnte man sogar gegen die Strömung bergaufwärts segeln.

Gegen den Strom

Häufiger musste man jedoch auf Schleppkräfte am Ufer zurückgreifen. An beiden Rheinufern waren sogenannte Leinpfade angelegt, auf denen mit Hilfe von Pferden die Fracht gegen den Strom gezogen wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts konnten am Niederrhein bereits große Schiffe eingesetzt werden. Die Frachter aus Rotterdam hatten ein Fassungsvermögen bis 8000 Zentner. Je nach Schiffstyp mussten zehn bis vierzehn Pferde den Zugdienst verrichten. Mit 14 PS wurde also das Transportgut bergauf befördert!

Die Geschwindigkeit des Transports wurde nicht zuletzt durch die herrschende Witterung bestimmt. Zehn bis elf Tage musste man für die Strecke von Rotterdam nach Köln einplanen, in umgekehrter Richtung konnte man es in sieben Tagen schaffen. Die Treidelpfade waren zwar befestigt, konnten aber bei Regen rutschig werden. Da sie in unmittelbarer Nähe zum Ufer verliefen, wurden sie bei Hochwasser schnell überschwemmt und waren nicht mehr passierbar.

Bei Eis und Schnee

Bei Eis und Schnee war ohnehin nicht an eine Fortsetzung der Reise zu denken. Was uns in Zeiten von Erderwärmung und Klimanotstand vielleicht unvorstellbar erscheint: der Rhein konnte im Winter zufrieren! Für die Schiffer damals war dies mit erheblichen Gefahren verbunden. Nicht nur dass die Ladung nicht rechtzeitig angeliefert und damit der Transport nicht bezahlt wurde, auch eine Beschädigung oder der Verlust von Boot und Ladung waren nicht versichert.

Das Bild „Ruhrort um 1850“ zeigt das Nebeneinander von Segel- und Dampfschifffahrt.
Das Bild „Ruhrort um 1850“ zeigt das Nebeneinander von Segel- und Dampfschifffahrt. © LVR Niederrheinmuseum Wesel

Also versuchten die Bootseigner zwischen Mitte November und Februar winterfeste Quartiere zu erreichen. Was am Niederrhein nicht ganz einfach war, denn wie eine zeitgenössische Stimme aus dem Jahre 1816 vermeldete, waren die Häfen von Orsoy, Wesel und Rees in keinem guten Zustand. Der Hafen in Orsoy, „vormals einer der besten Häfen am Unterrhein“, war versandet. Ähnlich sah es im Weseler Hafen aus, der „daher höchst nothwendig gereinigt werden“ müsste und „zu Rees, wo sonst ein sehr guter Aufenthalt war, hat man leider den Hafen ganz verfallen lassen.“

Sicherer Hafen in Emmerich

Nur rheinabwärts „giebt es kaum einen sicherern Hafen, als der zu Emmerich, wo … beim Eisgang sich die Schiffer in den Hafen begeben.“ Die Zwangspause in der kalten Jahreszeit nannten die Schiffer „Verwinterung“ – mit der unangenehmen Begleiterscheinung, dass sie in dieser Zeit keine Einnahmen erzielen konnten. Sie mussten in den übrigen neun Monaten des Jahres ein ausreichendes Einkommen erzielen, um über den Winter zu kommen.

„Zeit ist Geld“ lautete daher das Motto, um in kurzer Zeit zu Einnahmen zu kommen. Zum Glück standen alsbald Schiffe zur Verfügung, die mit einem eigenen Motor ausgerüstet waren und den Unbilden des Wetters besser trotzen konnten.

Spazieren über den Rhein

Mit dem Aufkommen der Dampfschifffahrt war der Transport stromaufwärts nun deutlich schneller zu erledigen. Die Treidelschifffahrt wurde allerdings nicht sofort überflüssig und Transportsegelschiffe waren noch mindestens bis zur Mitte des Jahrhunderts im Einsatz.

Auch Eisgang und Verwinterung auf dem Rhein blieben Begleiterscheinungen. Noch 1929 und 1963 fror der Rhein so zu, dass man über ihn spazieren konnte. Das waren aber wohl die letzten Ausnahmen, eine Verwinterung steht bei den heutigen Binnenschiffern nicht mehr im Fahrplan.