An Rhei und Ruhr. Die steigenden Corona-Zahlen sorgen für Verunsicherung. Immer mehr Firmen in NRW stornieren ihre Feiern. Gastro-Betriebe sind zunehmend besorgt.

Es schien alles perfekt zu laufen: Bis vor zwei Wochen stand das Telefon im Haus Hiesfeld nicht still. „Es gab Buchungen, die wir teilweise nicht mehr unterbringen konnten“, erinnert sich Melanie Ostwald, Serviceleitung in dem Dinslakener Restaurant. Nach Monaten der Ungewissheit und der Corona-Beschränkungen planten immer mehr Firmen, Vereine und Familien ihre Weihnachtsfeiern. Das Geschäft erholte sich, die Pandemie schien im Griff. „Doch dann stiegen die Infektionszahlen rasant an“, so Ostwald. Und je mehr sich die Lage verschlechterte, desto ruhiger wurde auch das Telefon.

„Das Weihnachtsgeschäft ist für die Gastro-Branche sehr wichtig, weil zum Jahresende viele kleinere und größere Veranstaltungen durchgeführt werden“, erklärt Thorsten Hellwig, Sprecher des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in NRW. Von der Feier mit Arbeitskollegen bis hin zu Treffen im Familien- und Freundeskreis: Der Dezember zählt für viele Restaurants in NRW zu den wichtigsten Monaten des Jahres. Vor allem nach dem Lockdown im vergangenen Winter hatten viele Betreiber ihre Hoffnungen auf das Weihnachtsgeschäft gesetzt. Doch daraus wird wohl nichts.

Restaurant Reintjes: Gäste buchen vermehrt Einzeltische

Eine Dehoga-Umfrage von Anfang November hatte bereits gezeigt: Nur wenige Restaurants in NRW konnten sich über eine so gute Buchungslage freuen wie das Haus Hiesfeld. Zwei Drittel der Gastro- und Hotelbetriebe (64,2 Prozent) gaben an, weniger Reservierungen für Dezember zu verzeichnen als im Vor-Corona-Jahr 2019. Ein Trend, der auch im Oberhausener Restaurant Reintjes beobachtet werden konnte. „Die Leute sind zurückhaltend“, berichtet Inhaber Zvjezdan Savnic. Einzeltische würden zwar stark nachgefragt – „aber wir hatten von Anfang an deutlich weniger große Gesellschaften als früher“.

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Doch es kommt noch schlimmer. Denn auch die wenigen bereits gebuchten Veranstaltungen stehen nun auf der Kippe. „Vor einer Woche hat es ungefähr angefangen, dass fast alle Feiern mit 20 bis 40 Personen abgesagt wurden“, sagt Savnic. Seitdem gebe es täglich Firmen und Vereine, die ihre Reservierungen stornieren. Auch das Weihnachtsgeschäft im Haus Hiesfeld droht auf der Zielgeraden einzubrechen. Seit Anfang vergangener Woche nehme die Zahl der Absagen zu – darunter drei fest eingeplante Veranstaltungen mit rund 20 Gästen.

Dehoga NRW: Gesamte Branche kämpft mit Personalmangel

Die steigenden Infektionszahlen kommen für die Gastro-Betriebe zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. „Die Pandemie und ihre Auswirkungen sind immer noch mehr als spürbar“, so Dehoga-Sprecher Hellwig. „Momentan kämpft die gesamte Branche mit Personalengpässen, die Überbrückungshilfen laufen Ende des Jahres erst einmal aus, viele Kredite haben sich angehäuft und müssen zurückgezahlt werden.“ Eine Phase, in der viele Restaurants in NRW mehr denn je auf die Einnahmen aus dem Weihnachtsgeschäft angewiesen sind.

Hellwig hofft, dass Firmen und Vereine ihre Veranstaltungen in den kommenden Tagen nicht reihenweise stornieren. Zumal die Betriebe unter den aktuell gültigen Corona-Auflagen trotz steigender Inzidenzen ein sicheres Ausgehen ermöglichen würden. „Wer verunsichert ist oder sich mit dem Gedanken trägt, eine Feier abzusagen, sollte auf jeden Fall noch einmal in Ruhe mit seinem Gastronomen sprechen“, empfiehlt Hellwig. „Wir können uns vielen Wünschen unserer Gäste anpassen.“

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Thyssenkrupp will hingegen in Anbetracht der steigenden Infektionszahlen kein unnötiges Risiko eingehen. „Wir beobachten das Pandemie-Geschehen sehr genau“, so ein Sprecher auf NRZ-Anfrage. Der Schutz der Mitarbeiter und die Eindämmung der Neuinfektionen hätten oberste Priorität. Aus diesem Grund seien die Beschäftigten gebeten worden, auf Weihnachtsfeiern und Team-Abende in diesem Winter zu verzichten. Auch eine firmeninterne Veranstaltung in der Essener Zentrale werde es nicht geben.

Haus Hiesfeld: „Eigentlich sah es bis vor zwei Wochen gut aus“

Gabriele Michel, Inhaberin der Gaststätte Uhlenkrug in Essen, steht in engem Austausch mit ihren Gästen. „Bislang wurde erst eine Veranstaltung abgesagt. Die anderen Gäste sind noch zurückhaltend und warten die Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag ab.“ Die vom Land NRW angekündigte Verschärfung auf 2G würde für Michel keine große Veränderung bedeuten. Bereits seit sechs Wochen lasse die Geschäftsfrau nur Geimpfte und Genesene in ihr Restaurant. „Wir haben sehr gute Erfahrungen damit gemacht.“ Problematischer dürfte allerdings die Signalwirkung sein, die von flächendeckenden Verschärfungen ausgeht.

Entsprechend getrübt ist die Stimmung im Haus Hiesfeld. „Eigentlich sah es bis vor zwei Wochen wirklich gut aus“, so Ostwald. Doch nun drohen den Gastronomen erneut finanzielle Einbußen. „Mal abwarten, was passiert.“ Auch im Essener Uhlenkrug fällt die Prognose mit Blick auf die sich verschärfende Corona-Lage verhalten aus. „Ich habe kein gutes Gefühl“, sagt Inhaberin Michel. „Ich befürchte, das wird nicht das Weihnachtsgeschäft, das wir uns erhofft haben.“