Aus den Niederlanden. In den Niederlanden wie in NRW hat sich der Wolf niedergelassen. Warum auch im Nachbarland immer wieder Stimmen nach einem Abschuss laut werden.
Der Wolf ist im Grenzgebiet angekommen: Auf der niederländischen wie auf der deutschen Seite hat sich das Tier in den vergangenen Jahren eine neue Heimat erschlossen. Doch das sorgt nicht überall für Euphorie. Nach einem mutmaßlichen Wolfsriss eines Ponys in Hünxe am Niederrhein entfachte NRW-Landesumweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) erst jüngst eine neue Debatte über den möglichen Abschuss des Wolfes.
Auch auf der niederländischen Seite der Grenzregion werden Rufe nach dem Abschuss von Wölfen immer wieder laut - obwohl das Tier im Nachbarland – genau wie in Deutschland – unter Artenschutz steht. „Solche Stimmen gab es von Beginn an“, sagt Hugh Jansman von der niederländischen Universität Wageningen. Dabei werden nach rund 150 Jahren Abwesenheit erst seit 2015 wieder Wölfe im Nachbarland gesichtet, wie der Ökologe berichtet, der im Auftrag der Regierung jüngst eine Studie über die Rückkehr des Wolfes in die Niederlande veröffentlicht hat.
Niederlande: Wolf bereits von Unbekannten rechtswidrig abgeschossen
Erst Anfang September war in der Grenzprovinz Gelderland ein toter Wolf gefunden worden, der offenbar von einem oder mehreren Unbekannten rechtswidrig abgeschossen wurde. Die Ermittlungen laufen. Für die Tat können bis zu dreieinhalb Jahre Gefängnis fällig werden. Der Fall zeigt, wie stark die Ablehnung des Wolfes in Teilen der Bevölkerung ist. Das liegt, so Jansman, auch an dem schlechten Image, das das Tier seit Jahrhunderten in Europa hat. Wissenschaftliche Untersuchungen hätten gezeigt, dass vor allem die Landbevölkerung ihre eigene Frustration auf die Tiere projiziere.
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Der Wissenschaftler will das anhand einer Frage verdeutlichen: „Wie kann es sein, dass so viele Schafe durch Hunde getötet werden und niemand sich beschwert? Dann kommt der Wolf und es wird über die Tiere wie über Mörder gesprochen. Gleichzeitig kommen pro Woche 14.000 Schafe in den Niederlanden auf die Schlachtbank. Es geht um Emotionen.“ Dass beim Thema Wolf die Gefühle weiter aufkochen werden, ist abzusehen. Schließlich breitet sich das Tier zunehmend aus – in den Niederlanden wie in Deutschland.
Wölfe auf dem Weg zwischen Niederlanden und Deutschland
Artenschützer und Forschende wie der Ökologe Hugh Jansman begrüßen das. Es sei eine Besonderheit, dass sich das von Natur aus scheue Tier wieder in einem so kleinen und dichtbesiedelten Land niederlasse. Viele von ihnen seien über Deutschland gekommen. Zwischen 15 und 20 Tiere leben laut Jansman aktuell in den Niederlanden. „Wir haben ein Rudel, das inzwischen schon drei Jahre in Folge Junge hat“, berichtet der Ökologe. Aber es gebe auch Einzeltiere, die durch das Land ziehen – vornehmlich in den Regionen Gelderland, Drenthe und Overijssel nahe der Grenze.
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Insgesamt 35 Wölfe seien in den Niederlanden in den vergangenen Jahren gesichtet worden. Doch längst nicht alle Tiere hätten sich in den Niederlanden fest niedergelassen. Ob die Wölfe auf der niederländischen Seite der Grenze bleiben oder wieder umkehren, hänge von den Tieren selbst ab, weiß Jansman. „Wölfe sind Individuen mit einem eigenen Charakter. Es gibt aktivere und schüchternere Tiere.“ Einige würden ihren Weg wieder über die Grenze nach Deutschland zurück suchen, in weniger dicht besiedelte Gebiete als in den Niederlanden.
Wissenschaftler: Zusammenleben mit Wölfen ist möglich
Denn: „Begegnungen mit Menschen sorgen bei den Tieren für Stress“, so Jansman. Resistentere Wölfe wiederum fänden ihren Platz in den Niederlanden. Mit diesen Tieren müsse man lernen zu leben. Zwar sei es nicht ungewöhnlich, dass Wölfe über die deutsch-niederländische Grenze hin und her schweifen. Aber: „Wir haben noch kein festes, grenzüberschreitendes Rudel.“ In Deutschland sei das anders, an der Grenze zu Polen und Österreich gebe es entsprechende Wolfsfamilien. „Dann wird das natürlich eine ganz andere Geschichte.“
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Hugh Jansman kann sich vorstellen, dass es in Zukunft auch ein deutsch-niederländisches Rudel geben könnte. Dann müsse auch die Zusammenarbeit zwischen beiden Ländern intensiviert werden. Die Forschenden aus den Niederlanden arbeiten bereits eng mit Institutionen in Deutschland zusammen und informieren sich gegenseitig über Tiere, die über die Grenze ziehen. „Die Zusammenarbeit klappt sehr gut“, so der Ökologe. „Deutschland ist für uns ein Vorbild, was den Umgang mit Wölfen anbelangt. Dort gibt es schon seit rund zwanzig Jahren Erfahrung. Bei uns ist das erst seit kurzem ein Thema.“
Eines, dass auch weiterhin für geteilte Meinungen sorgt. Hugh Jansman zumindest findet: Durch Präventionsmaßnahmen wie elektrische Zäune sei ein Zusammenleben mit Wölfen gut möglich. „Aber dann muss die große Mehrheit sich daran halten“, betont der Wissenschaftler. „Dann erst lernt der Wolf, dass es nicht interessant ist, Schafe anzugreifen.“ Auch in den Niederlanden gebe es wie in Deutschland in Wolfsgebieten Kompensationen für gerissene Tiere und Geld für Herdenschutzmaßnahmen. Doch die Bereitschaft der Schäfer, diese Mittel abzurufen, sei noch gering.