Am Niederrhein. Vogelsensation auf der Bislicher Insel bei Xanten: Mit zwölf Brutpaaren bildet der Löffler die einzige Binnenlandbrutkolonie in ganz Deutschland.

Das Aue-Naturschutzgebiet Bislicher Insel bei Xanten ist über 1000 Hektar groß und bezüglich seiner Artenvielfalt von europäischer Bedeutung. Dadurch wird dieses Naturparadies seit Jahr und Tag auch von immer mehr Naturfreunden besucht. Die meisten Besucher verhalten sich vorschriftsmäßig und bleiben auf den Wegen. Es hat sich wohl herumgesprochen, dass Ranger vom RVR mit wachsamen Augen das ökologisch wertvolle Areal unter ihre Fittiche genommen haben. Insbesondere Vogelkundler zieht die Bislicher Insel geradezu magisch an. Mittlerweile auch von weit über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus.

Viele Naturfreunde wollen dort vor allem einmal den mächtigen Seeadler am Himmel sehen. Der ist da nämlich zuhause. Und seit ein paar Jahren zieht dort das einzige Seeadlerpaar Nordrhein-Westfalens seine Junge groß. Dieses Jahr wurden sogar drei Jungadler flügge. Das ist schon etwas sehr Besonderes. Damit aber nicht genug: Der Löffler hat in einer kleinen Kolonie jetzt im zweiten Jahr hintereinander dort ebenfalls erfolgreich für Nachwuchs gesorgt. Das ist wirklich eine ornithologische Sensation. Denn: Mit wahrscheinlich zwölf Brutpaaren bildet der Löffler im geschützten Xantener Auegebiet die einzige Binnenland-Brutkolonie in ganz Deutschland.

Im Trüben erfolgreich fischen

Der Löffler zählt zur Familie der Ibisse und erreicht nur eine Länge von 80 Zentimetern. Also kleiner als Weißstorch, Grau- und Silberreiher, die man ebenfalls regelmäßig auf der Bislicher Insel beobachten kann. Der markante, breite, abgeplattete, löffelartige Schnabel war wohl namensgebend. Löffler gehen gerne im Verbund auf Nahrungssuche. Dabei fischen sie durchaus auch im trüben Flachwasser, sogar ziemlich erfolgreich.

Erfolgreich zugeschnappt! Löffler futtern gern Kleinfische.
Erfolgreich zugeschnappt! Löffler futtern gern Kleinfische. © Peter Malzbender

Mit leicht geöffnetem Schnabel und stoischen Kopfpendel-Bewegungen durchseihen sie besonders gerne die Uferbereiche mit ausgeprägter Unterwasservegetation. Der hochsensible Schnabel eines Löfflers tastet im Bruchteil einer Sekunde den potenziellen Leckerbissen heraus. Und das alles in oftmals strammen Marsch und mit Ruckzuck-Ausfallschritten wie bei einer Tanzaufführung nach Pina Bausch. Löffler haben Kleinfische, Insekten und Larven, Krebs-, Weich- und sonstige Wassertiere zum Fressen gern. Ist die Beute ertastet, wird sie mit einer zügigen Kopf-in-den-Nacken-Bewegung in den Schlund befördert.

Löffler kehren im Februar zurück nach Xanten

Wie die meisten Ibisvögel brüten Löffler in Kolonien. Manchmal zusammen mit Reiherarten und auch dem Kormoran. Auf der Bislicher Insel brüten sie auf einer schwer zugänglichen Insel. Unterhalb der Kormorankolonie in einem über das Wasser ausladenden Weidegebüsch. Für Fressfeinde wie Fuchs, Hermelin und Wildschwein kaum erreichbar. Die Nester werden von den jeweiligen Paaren gemeinsam gebaut. Nistmaterial wird immer im Mundwinkel transportiert. Wahrscheinlich, um die empfindlich-taktile Schnabelspitze zu schonen.

Bereits Ende Februar trudeln die ersten Löffler im Xantener Brutgebiet wieder ein. Mitunter haben die Vögel große Strecken aus ihren afrikanischen Überwinterungsgebieten zurückgelegt. Im April oder Mai legt das Weibchen drei bis fünf Eier. Insbesondere zur Balz gibt es eine große Zahl ritualisierter Gesten. Dazu gehören das Senken des Kopfes, das gegenseitige Schnabelreiben und der Austausch von Nistmaterial etc.

Gleichberechtigtes Brüten

Beide Partner brüten abwechselnd. Nach knapp vier Wochen schlüpfen die Jungen, die dann weiter von beiden Eltern betreut werden. Nach vier Wochen verlassen die jungen Löffler das Nest. Erst nach einem weiteren Monat sind sie voll flugfähig. Die Löffler brüten innerhalb einer Kolonie nicht unbedingt synchron. Es gibt immer wieder Nachzügler, die ein paar Wochen später mit der Brut anfangen. Zudem schlüpft der Nachwuchs in einem Nest auch unregelmäßig.

Da kommt es bei den Geschwistern mitunter zu beträchtlichen Größenunterschieden. Mit dem Nachteil, dass bei Futterknappheit die Kleinsten auf der Strecke bleiben. Wissenschaftler haben ermittelt, dass pro Brut etwa zwei Junge flügge werden. Dafür hat die Natur für Löffler ein relativ langes Leben vorgesehen. Zwischen 14 und 16 Jahren sind bei dieser Vogelart in freier Wildbahn schon häufiger nachgewiesen worden. Ein Löffler soll sogar 28 Jahre alt geworden sein.

>>> 76 Löffler auf der Bislicher Insel

Da schon im September viele Löffler aus ihren Brutgebieten wieder abwandern, trifft man momentan an vielen Flachgewässern des Niederrheins die kleinen weißen Ibisse, meist mit Nachwuchs, an.

Auf der Bislicher Insel kommen zu dieser Jahreszeit schon seit Jahren auch Löffler aus holländischen Küsten-Brutgebieten hinzu. Nicht zuletzt, weil das Futterangebot in den Flachwasserbereichen hier meist noch reichhaltig vorhanden ist.

Der Autor selbst hat an der Flutmulde auf der Bislicher Insel am 3. September 76 Löffler gezählt. Das ist beeindruckend viel.