Aus den Niederlanden. Im Süden der Niederlande hat sich die Hochwasser-Lage an der Maas entspannt. Evakuierte können zurück. Behörden rufen dennoch zur Vorsicht auf.

Nach den großen Überschwemmungen entspannt sich auch in den Niederlanden die Lage. Die hohen Wasserstände in den Flüssen im Süden des Landes gehen nach Angaben der Behörden vom Montag nun schnell zurück. Die Behörden mahnen allerdings zur Wachsamkeit. Die Deiche könnten durch die großen Wassermassen beschädigt sein. Sobald das Wasser gesunken sei, sollten sie extra auf Schwachstellen kontrolliert werden.

Wie die Gemeinde Venlo an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen am Sonntagnachmittag mitteilte, konnten alle evakuierten Bewohnerinnen und Bewohner wieder in ihre Wohnungen oder Häuser zurückkehren. Die Deiche seien sicher.

Venlos Bürgermeister Antoin Scholten dankte im Newsblog der Stadt, den vielen Freiwilligen für ihre Hilfe bei der Hochwasser-Lage. Er bedankte sich zudem für die Unterstützung aus Deutschland - aus mehreren Orten aus dem Nachbarland seien Feuerwehren und Hilfskräfte über die Grenze gekommen, um die Niederländer beim Kampf gegen die Wassermassen zu unterstützen. Es habe Angebote zur Einquartierung von Bewohnern der evakuierten Gebiete gegeben, außerdem hätten Feuerwehren mit Material und Mannschaften zur Hilfe bereitgestanden. Angesichts der katastrophalen Lage in den deutschen Hochwassergebieten habe man nicht gewagt, um Hilfe zu bitten. Unter anderem war die Feuerwehr aus dem grenznahen Brüggen mit einem Löschzug zwischen Venlo und Roermond im Einsatz.

Auch in den Niederlanden sind die Schäden durch das Hochwasser groß - insgesamt kam das Land bis zum Sonntagmorgen aber mit weniger schweren Folgen davon. Im Gegensatz zu den Nachbarländern Deutschland und Belgien, wurden bisher keine Todesopfer registriert. Berichte über Verletzte gab es ebenfalls nicht. Die Regierung erklärte das Hochwasser schon am Donnerstagabend zu einem Katastrophenfall, womit der Staat für Schäden einspringen kann, die von Versicherungen nicht gedeckt werden. Auf die Frage, ob die Hochwasserkatastrophe mit dem Klimawandel zusammenhänge, sagte Rutte dem Sender NOS am Freitag bei einem Besuch in: „Das wird zweifelsohne so sein. Hier ist wirklich etwas im Gange.“

Der niederländische Premierminister Mark Rutte machte sich am Freitag ein Bild der Hochwasser-Lage in Venlo.
Der niederländische Premierminister Mark Rutte machte sich am Freitag ein Bild der Hochwasser-Lage in Venlo. © AFP | Vincent Jannink

Die Niederlande hätten sich aber auch auf solche Ereignisse vorbereitet, so Rutte. „Das Wichtigste ist es, (...) den Flüssen mehr Raum zu geben“, sagte der niederländische Regierungschef. In den Niederlanden sei dies zum Glück geschehen.

Nach heftigen Überschwemmungen in den 1990er Jahren waren vielerorts die Flussufer verbreitert worden, damit das Wasser bei Hochwasser überlaufen kann. Die Arbeiten im Umfang von mehr als zwei Milliarden Euro wurden 2019 abgeschlossen.

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Im Nachbarland Belgien verzeichneten die Behörden bis Samstagabend mindestens 27 Todesopfer. Der Osten des Landes, durch den ebenfalls die Maas fließt, ist heftig vom Unwetter getroffen worden.

Von 103 weiteren Menschen war nach Angaben der Behörden der Verbleib am Samstagabend noch ungeklärt. Von den Überschwemmungen sind seit Donnerstag rund 120 Gemeinden getroffen worden. Inzwischen besserte sich das Wetter, und das ganze Ausmaß der Zerstörung wurde sichtbar. Die belgische Regierung rief für Dienstag einen nationalen Trauertag aus.

Niederländische Behörden weisen Kritik aus Deutschland zurück

Kritik aus Deutschland haben die niederländischen Behörden derweil zurückgewiesen. Der Bürgermeister des nordrhein-westfälischen Wassenberg im Kreis Heinsberg hatte dem Nachbarland vorgeworfen, eine Schleuse der Rur in Roermond nicht geöffnet zu haben und damit einen Dammbruch provoziert zu haben, wegen dem rund 700 Menschen ihre Häuser und Wohnungen verlassen mussten. Nach Berechnungen des Deichverbands Limburg gibt es aber keinen Zusammenhang. Das Wasser werde an Roermond vorbei durch den Seitenarm Hambeek in die Maas geleitet. Die Rur sei normal abgeflossen.

Wassenbergs Bürgermeister Marcel Maurer hatte am Freitagabend als Ursache für den Dammbruch im Stadtteil Ophoven das Schließen der Schleusen in Roermond genannt. Dies habe zu einem Rückstau geführt und den Druck auf den deutschen Deich erhöht. Er hatte die niederländischen Behörden gebeten, die Schleusen wieder zu öffen.

Überflutete Straßen in Ophoven, einem Stadtteil von Wassenberg (Kreis Heinsberg), am Samstag.
Überflutete Straßen in Ophoven, einem Stadtteil von Wassenberg (Kreis Heinsberg), am Samstag. © dpa | Thomas Banneyer

Am Sonntag äußerte sich Maurer erneut - und wies eine Schuldzuweisung in Richtung der niederländischen Behörden beim Dammbruch zurück. „Für mich steht völlig außer Frage, dass die niederländischen Behörden die aus ihrer Sicht gebotenen Schutzmaßnahmen getroffen haben“, sagte der Bürgermeister der Deutschen Presse-Agentur. Der Deich im Stadtteil Ophoven sei gebrochen, weil er durchfeuchtet war, und nicht, weil die Schleuse im Nachbarland geschlossen wurde. Das habe keine unmittelbare Auswirkung gehabt.

„Wir haben festgestellt, dass im Anschluss an die Schließung ein langsamerer Abfluss der Rur zu verzeichnen war, aber das ist kein Vorwurf“, beteuerte Maurer. „Wir sind sehr gut befreundet mit unseren Nachbarn.“ Es stehe ihm nicht an, die Maßnahmen zu kritisieren. Es wäre allerdings viel besser gewesen, als letzte Kommune 15 Kilometer vor der Grenze frühzeitig eine Rückmeldung zu bekommen. Bei sinkenden Pegelständen entspannte sich am Sonntag die Lage.

Der niederländische Deichverband sieht keinen Zusammenhang zwischen dem Dammbruch an der Rur und dem Schließen der Schleusen auf niederländischer Seite. Das Eine habe mit dem Anderen nichts zu tun. Bei Hochwasser werde die Schleuse der Rur in Roermond immer geschlossen, um ein Überfluten der Stadt durch von der Maas in die Rur drückende Wassermassen zu verhindern. Das Wasser der Rur werde dann immer über einen Seitenarm, den Hambeek, in die Maas geleitet. Das bedeute, dass es einen normalen Wasserabfluss in der Rur ohne Beeinträchtigungen auf deutscher Seite gebe. Die Rur hat ihre Quelle in Belgien, fließt durch die Eifel und mündet bei Roermond in die Maas.

Hochwasser in Venlo: Appell an Schaulustige

Ein Anwohner des kleinen Dörfchens Well an der Maas in den Niederlanden schützt sein Haus gegen die Fluten.
Ein Anwohner des kleinen Dörfchens Well an der Maas in den Niederlanden schützt sein Haus gegen die Fluten. © AFP | Remko de Waal

Angesichts des guten Wetters, appellierten die Behörden in Venlo am Sonntag immer wieder an Schaulustige, sich vom Hochwasser fernzuhalten. Es drohen Bußgelder. Wie die Stadt Venlo mitteilte, überwachte die Polizei auch aus der Luft die evakuierten Gebiete und die Deiche.

In Venlo war schon am Freitag ein Krankenhaus mit 200 Patienten vorsorglich evakuiert worden. In der Stadt und umliegenden Orten wurden Tausende Menschen zum Verlassen ihrer Wohnungen aufgerufen. So sollten etwa die Menschen im Örtchen Well in der Gemeinde Bergen noch am Samstagabend ihre Häuser verlassen.

Am Sonntagnachmittag entspannte sich dann die Lage zumindest in Venlo und den umliegenden Orte: Die Gemeindeverwaltung teilte mit, dass die meisten Menschen wieder nach Hause zurückkehren können.Nach Informationen der niederländischen Nachrichtenagentur ANP waren über 10 000 Menschen vorsorglich aufgerufen worden, sich wegen des Hochwassers der Maas in Sicherheit zu bringen.

Lesen Sie hier: Tausende Schaulustige zieht es am Sonntag zur Maas

Zum Schutz vor der Hochwasserwelle hatten im Süden der Niederlande bereits bis zum Samstag viele Menschen ihre Häuser und Wohnungen in Orten entlang der Maas verlassen müssen. In der Nacht zum Freitag hatte die Maas unweit der belgischen Grenze ihren höchsten Wasserstand seit Beginn der Aufzeichnungen 1911 erreicht. Am Vormittag sank der Pegelstand dort wieder

Niederlande: Nach dem Maas-Hochwasser konnten die Menschen in Roermond am Wochenende in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren.
Niederlande: Nach dem Maas-Hochwasser konnten die Menschen in Roermond am Wochenende in ihre Häuser und Wohnungen zurückkehren. © AFP | Vincent Jannink

Weiter nördlich in Gennep wurde die erwartete Hochwassermenge nach unten korrigiert. Die Flutwelle werde unter der des verheerenden Hochwassers von 1993 bleiben. So wie es jetzt aussehe, werde das Wasser innerhalb der Deiche bleiben, hieß es. Eine Schleuse an der aus dem Kreis Kleve einmündenden Niers sollte aber geschlossen werden. Nach dem Hochwasser 1993 waren in der Region entlang der Maas mit hohem Aufwand Deiche und Schutzbauten errichtet worden.

Ein Happy End gab es für eine von der Hochwasser führenden Maas mitgerissenen Kuh. Sie wurde nahe Nimwegen rund 100 Kilometer weiter aus dem Fluss gerettet. „Es ist für uns sehr überraschend, dass die Kuh so eine Strecke überstanden hat“, sagte ein Feuerwehrmann dem Sender „Omroep Brabant“ am Samstag. „Ob das Tier die ganze Zeit mitgetrieben wurde, ober ob es auch Abschnitte gab, wo es mit den Füßen den Boden berührte, wissen wir nicht.“ (red/dpa/afp)