Gennep/Mook. Bei schönstem Wetter waren Sonntag tausende Menschen in Gennep unterwegs, um sich das Maashochwasser anzusehen. Schön, aber nicht ungefährlich.
Jos Heijligers und Jeroen Liebrand fühlen sich sicher. Die beiden Rentner aus Ottersum stehen auf der Deichkrone am Siebengewaldseweg und schauen auf das Hochwasser der Maas in den Niederlanden. Der Sportplatz ihres Dorfes steht unter Wasser und die Zugangsstraße zu Gennep ist gesperrt, aber die Stimmung ist trotzdem gut: „Hier passiert nichts“, sagt Jos Heijligers: „Schauen sie mal, da ist noch ein dicker Meter Platz bis zur Deichkrone.“
Während weiter südlich der Maas (lesen Sie hier mehr zur Situation in Roermond, Venlo und Arcen) die Lage durchaus bedrohlich ist, zeigten sich die Menschen in Gennep, Milsbeek, Middellaar und Mook sehr entspannt. Viele waren mit dem Fahrrad unterwegs und schienen sogar die enormen Wassermassen bei traumhaftem Wetter zu genießen. Die Gefahr wirkte surreal.
Genneps Bürgermeister Hans Teunissen warnte am Samstag seine Bürger. Sie sollten sich von den Deichen fernhalten und die Hilfskräfte nicht behindern. In seiner Gemeinde, wo Maas und Niers zusammenkommen, wurde am Samstag der mobile Hochwasserschutz aufgebaut, auch die Hochwasserwände des Ortes wurden mit mobilen Anlagen erhöht. „Die Folgen werden diesmal nicht so gravierend sein wie 1993“, sagt Teunissen. „Aber wir können keine Garantien bieten“.
Maas-Hochwasser: Zwei Männer wurden gerettet
Besonders vorsichtig waren die Menschen nicht. Hunderte Radfahrer waren unterwegs und einige stiegen sogar ins Wasser. In Gennep und Bergen mussten zwei Männer aus den überfluteten Maaswiesen geborgen werden: „Das ist lebensgefährlich“, sagt Antoin Scholten von der Sicherheitsregion Limburg-Noord. Er ärgerte sich darüber, dass die vielen Schaulustigen den Rettungsdiensten so unnötig Arbeit bescheren.
Die niederländische Wasserbaubehörde Rijkswaterstaat sagte den Scheitelpunkt der Flutwelle für Sonntagmittag voraus. Bei 12,50 Meter soll Schluss sein, am Freitagabend ging man noch von 12,90 Meter aus. „1995 war es viel schlimmer“, erinnert sich Jeroen Liebrand. Damals sei das Wasser unruhiger gewesen und gegen den Deich geschlagen, auch waren die Deiche damals noch nicht so hoch. „Wir haben seit 1995 viel für den Hochwasserschutz getan“, sagt er. Unter anderem wurden stromaufwärts zahlreiche Retentionsflächen geschaffen.
Hochwasser in den Niederlanden: Die Bilder von der Maas
Die helfen jetzt auch Bas Mank in Milsbeek. Er wohnt am Bloemenkamp und sein Haus steht noch im Deichvorland. „Am Freitagabend hatten wir in der Tat etwas Panik. Da wurde der Wasserstand von 12,90 Meter angegeben und unser Fußboden liegt bei 13,15 Meter“, erzählt Bas Mank, der gerade sein Haus komplett umbaut. „Am Montag haben wir eine nigelnagelneue Küche bekommen und am Freitag droht uns schon das Hochwasser“, erzählt er. Schnell habe man mit 40 Leuten Sandsäcke um das Haus gepackt: „Das ist so toll, wenn man Freunde hat, die einem in dieser Situation helfen.“
Hilfe benötigten auch Campingplatzbetreiber in Milsbeek, deren Freizeiteinrichtungen ebenfalls nicht vom Deich geschützt sind. Hier mussten schnell die Wohnwagen in Sicherheit gebracht werden. Dass nicht alle sich auf Zeit retten konnten, sieht man auch am Treibgut in der Maas: Ein Kühlschrank wurde einsam von den Fluten mitgetrieben.
Hochwasser in der Maas geht erst Dienstag zurück
Das Hochwasser der Maas soll erst am Dienstag wieder zurückgehen. Bis dahin müssen die Deiche dem Wasser standhalten. In Middelaar und Mook hat das Maaswasser riesige Seenlandschaften entstehen lassen. Auf dem Freizeitsee in Plasmolen waren am Sonntag zahlreiche Segel- und Motorboote unterwegs, sie konnten allerdings nicht auf die Maas. Ein Deichtor war abgeriegelt.
Rijkswaterstaat warnt nach wie vor, da die Hochwasserwelle sich bis Dienstag zieht. So können die Deiche aufweichen und eventuell auch nachgeben. In Maashees - zwischen Well und Bergen bei Weeze - leckte bereits der Deich an einer Stelle. Rettungskräfte taten alles, um das Loch zu dichten.
In der Nähe von Nimwegen wurde eine Kuh aus der Maas gerettet, nachdem Anwohner die Hilfsdienste alarmiert hatten. Wie sich herausstellte, stammt die Kuh aus dem Ort Echt im Süden der Niederlande, rund 100 Kilometer entfernt. Ein Tierarzt untersuchte die Kuh vor Ort. Der Landwirt, dem das Tier gehört, machte sich auf den Weg, um seine Kuh nach der abenteuerlichen Flussfahrt abzuholen.
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