Kreis Wesel. Die Lockerungen der Corona-Maßnahmen erleichtern das Einkaufen. Drei Verkäufer und Verkäuferinnen erzählen, wie es nach dem Lockdown anläuft.

Passionierten Verkäufern im Einzelhandel macht in diesen Tagen ihr Beruf besonders viel Spaß. Denn zum einen ist aufgrund anhaltend niedriger Infektionszahlen das Einkaufen im Kreis Wesel seit Ende vergangener Woche auch ohne Corona-Schnelltest möglich, zum anderen ist das Wetter gut. „Das macht sich bemerkbar“, sagt Thomas Kerkhoff, Verkäufer im Weseler Kaufhaus Sinn, ehemals Mensing. Und je weiter das Bekleidungshaus seine Türen öffnet, je deutlicher wird für den Abteilungsleiter: „Es gibt einen spürbaren Bedarf.“ Den erklärt Kerkhoff gleich doppelt: Erstens konnten die Kunden über Monate hinweg nicht frei bummeln und shoppen, wollen einfach neue Kleidung.

Zweitens hat die Corona-Pandemie durch weniger Bewegung und mehr Zeit für kulinarische Genüsse an so manchem Körper Spuren hinterlassen: Viele tragen jetzt eine Nummer größer, brauchen deshalb neue Hemden und Hosen. Außerdem sieht Kerkhoff den Trend, dass doch mehr Erwerbstätige im Homeoffice arbeiten: „Die Mode, die wir verkaufen, ist zuletzt oft etwas legerer, klassische Business-Kleidung wird weniger nachgefragt“, berichtet der 54-Jährige.

Einzelhandel vor Ort will mit persönlicher Beratung punkten

Dass im Bekleidungs-Einzelhandel die Kasse klingelt, freut nach der pandemiebedingten Durststrecke natürlich besonders die Inhaber, die Angestellten macht indes nicht nur der Umsatz zufrieden. „Es ist eine Freude, wieder mit den Kunden zu sprechen, sie zu beraten, ihnen etwas zu verkaufen, was zu ihnen passt. Wenn am Ende dann der Kunde glücklich den Laden verlässt, ist das für mich das Schönste“, sagt Andrea Pasch, auch Verkäuferin bei Sinn in Wesel und Kollegin von Thomas Kerkhoff. Beide sind erfahrene Verkäufer, haben in den 80er Jahren ihre Ausbildung absolviert.

Die persönliche und kompetente Beratung ist ja eben das, was der Einzelhandel vor Ort dem Online-Handel voraus haben will, ein Alleinstellungsmerkmal im Wettbewerb. Die Hoffnung bleibt, dass während der Pandemie nicht zu viele Kunden vom Einkaufen im Internet überzeugt wurden und zurückkehren.

Für Pasch und Kerkhoff ist die Beratung auf persönlicher Ebene und die Zufriedenheit am Ende des Verkaufsgesprächs das sprichwörtliche Salz in der Suppe, die Zutat, die den Beruf des Verkäufers für sie so erfüllend macht.

Verkäuferin in Wesel: „Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ist alles“

Kyra Steigerwald arbeitet seit sechs Jahren bei ten Have, hat dort auch ihre Ausbildung absolviert.
Kyra Steigerwald arbeitet seit sechs Jahren bei ten Have, hat dort auch ihre Ausbildung absolviert. © FUNKE Foto Services | Ralf Rottmann

Gibt es denn auch Kniffe, die einen unschlüssigen Kunden zum Kauf bewegen? „Nein, Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ist alles“, ist sich Andrea Pasch sicher. Schließlich soll der Kunde ja auch nach dem Kauf zufrieden sein und bleiben, damit er wieder kommt. „Je größer die Herausforderung, je größer das Erfolgserlebnis, wenn die Beratung erfolgreich war“, sagt Andrea Pasch. Diskussionen darüber, dass es die eine oder andere Hose im Internet preiswerter gibt, müsse man mit gut beratenen Kunden übrigens nicht führen.

„Rund 80 Prozent unserer Kunden hier sind wohl Stammkunden“, schätzt Thomas Kerkhoff. Denen sei die ehrliche Beratung wichtig. Gefühlt 30 Beratungsgespräche führe er im Durchschnitt pro Arbeitstag, etwa drei von fünf Kunden würden nach der Beratung auch etwas kaufen. Unter dem Strich seien übrigens Männer dann doch etwas einfacher zu beraten als Frauen, meinen Pasch und Kerkhoff. Frauen seien dafür dann tendenziell glücklicher, wenn sie etwas Passendes gefunden haben…

24-jährige Verkäuferin: „Kunden wird es wichtiger, woher das Material kommt“

Erfahrungen, die Kyra Steigerwald aus dem Modehaus ten Have in Voerde durchaus teilt, obwohl sie längst noch nicht ganz so lang im Geschäft ist wie ihre Kollegen aus Wesel: Vor sechs Jahren hat sie mit dem wirtschaftsorientierten Fachabitur in der Tasche die Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau begonnen, wurde nach der Prüfung übernommen. „Der Beruf ist vielseitig – von der Kundenberatung und dem Verkauf über die Arbeit im Lager bis ins Büro.“

Angesichts steigender Marktanteile des Online-Handels hat die 24-Jährige durchaus keine Zukunftsängste, sieht Kompetenz und Beratung als Asse im Ärmel des Einzelhandels. „Vielen Kunden wird es zum Beispiel auch immer wichtiger, woher das Material kommt und unter welchen Bedingungen die Kleidung hergestellt wurde“, berichtet Steigerwald. Themen wie Nachhaltigkeit und Fairer Handel rückten zunehmend ins Bewusstsein. Der Einzelhandel habe hier gute Chancen, mit Kompetenz und Vertrauen bei seinen Kunden zu punkten.