Brüggen. In den Naturgärten am Borner See brummt, summt und zwitschert es. Damit sich Tiere hier wohl fühlen, packt Heinz Wiescher (80) selbst mit an.

Die ersten Gäste fliegen summend ein und krabbeln geschwind in die kleinen Löcher der Baumstämme. Hochbetrieb herrscht allerdings noch nicht am Bienenhotel, dafür waren die vergangenen Tage zu kalt und zu nass. „Letztes Jahr waren die Löcher um die Zeit schon alle voll“, erklärt Heinz Wiescher. Der 80-Jährige kommt fast jeden Tag in die Naturgärten am Borner See, die sein letztes Großprojekt nach vielen Jahren im Tier- und Naturschutz sein sollen.

Wenn Wiescher so zurück auf die vergangenen Jahre blickt, kommen immer wieder neue Erinnerungen hoch. Gut, dass zwischen Bienenhotel und Vogelhäuschen ein gemütliches Plätzchen zum Plaudern vorgesehen ist. „Sonst komme ich hier nie zum Sitzen“, sagt er und lacht. Aber die Erde für die Sonnenblumensaat hat er schon am Vortag umgegraben, hat sich also ein paar Minuten fürs Gespräch über Tier- und Naturschutz freischaufeln können.

Der Natur etwas zurückgeben

„Ich bin des schlechten Gewissens wegen in eine große Tierschutzorganisation eingetreten“, erzählt der gelernte Diplom-Ingenieur. Damals allerdings noch nicht ahnend, dass eben diese „Verbrecherorganisation“ im großen Stile Gelder unterschlagen hatte. Als das bekannt wurde, erstritt der Notvorstand der Organisation Gelder zurück. Ein Anteil floss in die Gründung der Stiftung Tier-Umwelt-und-Naturschutzstiftung (TUN-Stiftung), deren Ratsvorsitzender Wiescher heute ist.

In den Naturgärten am Borner See in Brüggen summt, brummt und zwitschert es.
In den Naturgärten am Borner See in Brüggen summt, brummt und zwitschert es. © NRZ | Sara Schurmann

Die Stiftung setzt sich unter anderem für Braunbären in Rumänien ein, kämpft gegen die Verschmutzung der Weltmeere. „Natur und Tieren das zurückgeben, was der Mensch ihnen genommen hat“, lautet das Motto der Stiftung. Aus diesem Grund entstanden vor anderthalb Jahren direkt am Borner See in Brüggen aus verwilderten Gartenparzellen die schon jetzt wuchernden Naturgärten. Auf insgesamt 10.000 Quadratflächen summt, brummt und zwitschert es.

Tierfreundliches Rasenmähen

Wer jetzt denkt, ein Naturgarten muss doch nur der Natur überlassen werden, hat weit gefehlt. „So ein Naturgarten macht mehr Arbeit als eine Golfplatzanlage“, betont Wiescher. Rasen muss er beispielsweise auch mähen, „sonst verfilzt die Wiese“, aber eben auf tierfreundliche Weise. Also erst eine Bahn abfahren, dann eine Bahn freilassen. Die ist wiederum erst in zwei Wochen dran. „Dann können die Tiere alle von der einen auf die andere Seite wandern“, erklärt er.

Unkraut darf, soll sogar in Naturgärten wachsen. Ohne Brennnessel gibt es auch keine Schmetterlinge, weiß der Experte.
Unkraut darf, soll sogar in Naturgärten wachsen. Ohne Brennnessel gibt es auch keine Schmetterlinge, weiß der Experte. © NRZ | Sara Schurmann

Doch so ein Naturgarten hat noch viel mehr zu bieten als nur eine bunte Blumenwiese, wie sich beim Spaziergang durch Brennnessel und Co. schnell zeigt. „Ohne Brennnessel gibt es keinen Schmetterling“, gibt der Experte noch mit auf den Weg. Vorbei an einem Pflanzenhügel geht’s zu einem Reisighaufen, unter dem eine Folie liegt. Ein perfekter Rückzugsort für Igel. „Tiere können hier natürlich wohnen, aber sind vor Kälte und Nässe geschützt.“

Rückzugsorte für Igel

Auch die kleinen Teiche sind auf die Bedürfnisse von Amphibien ausgerichtet, das Ufer fällt möglichst flach ab. „Das wusste ich früher alles auch nicht“, gibt Wiescher zu. Aber mit der Zeit hat er immer mehr dazugelernt, hat sogar aus der Praxis heraus neue Ideen entwickelt. So sind die beiden Häuschen am Rande des Naturgartens nicht nur ein schickes Hotel für Wildbienen, sondern durch kleine Innovationen auch ein sicherer Rückzugsort für Vögel und andere Tiere geworden.

Wiescher zieht einen der aufgeschichteten Baumstämme aus der Rückwand heraus, schon können kleine Tiere durch die Öffnung in den mit Laub ausgelegten Raum kriechen. Ähnlich sollen auch die zwei Häuschen aussehen, die in den kommenden Wochen gebaut werden. Irgendwas passiert eben immer im Naturgarten, über den sich übrigens auch die Borner selbst freuen. Daumen hoch gibt’s regelmäßig von Spaziergängern, die vorbeikommen und neugierig an einer der Info-Tafeln stehen bleiben.

Tipps für Privatgärten

„Die Schilder sollen Anregung geben für Privatgärten“, betont der Rentner, während es zurück über die Blumenwiese geht. Plötzlich bleibt er stehen, schaut auf die lilafarbenen Blumen am Boden und sagt: „Daran kann ich mich ergötzen, das ist ein Stück Leben.“

>>> Naturgärten am linken Niederrhein

Im Jahr 2015 hat sich am linken Niederrhein eine Regionalgruppe des Vereins „NaturGarten e.V.“ gegründet. Mittlerweile besteht die bunte Gruppe aus interessierten Laien und ambitionierten Naturschützern, aber auch aus Profis wie Gartenbauern und Landespflegern.

Ziel des Vereins ist es, die Artenvielfalt in der freien Landschaft und im Siedlungsraum zu fördern und zu bewahren. Denn immer mehr Flächen werden versiegelt und dabei wichtige Lebensräume von Pflanzen und Tieren zerstört. Dem versucht der Verein entgegen zu wirken.

Kontakt zur Regionalgruppe: Sacha Sohn, 02831/9779565 oder regiogruppe-linkerniederrhein@naturgarten.org