An Rhein und Ruhr. Die Intensivstationen laufen wieder voll. Die ersten Krankenhäuser verschieben planbare Eingriffe, um Platz für Corona-Patienten zu haben.

Das Landesgesundheitsministerium schwört die Krankenhäuser an Rhein und Ruhr auf eine erneute Kraftanstrengung bei der Behandlung schwer erkrankter Corona-Patienten ein. Es liege „nochmals eine sehr herausfordernde Phase der Pandemie vor uns“, heißt es in einem Schreiben, das der NRZ vorliegt. Am Montag meldete das DIVI-Intensivregister in NRW 992 Corona-Intensivpatienten. Die bisherige Maximalzahl lag bei 1153 Anfang Januar. In der Landeshauptstadt Düsseldorf sind nur noch etwas mehr als acht Prozent der Intensivbetten frei. Einzelne Krankenhäuser haben bereits begonnen, die Regelversorgung zu reduzieren, um Platz für Corona-Patienten zu schaffen.

Wenn sich die Karte der freien Intensivbetten im DIVI-Register rot verfärbt, ist das ein Alarmzeichen. NRW leuchtet am Montag hellrot. 12,6 Prozent der insgesamt 5716 Intensivbetten sind landesweit noch frei. Bei genauer Betrachtung zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede in den einzelnen Landkreisen und Großstädten. Die Landeshauptstadt Düsseldorf ist dunkelrot.

Düsseldorf zieht die Corona-Notbremse

Es ist der Montag, an dem das Gesundheitsministerium für Düsseldorf die Notbremse zieht, weil die Sieben-Tage-Inzidenz dort am dritten Tag in Folge über 100 liegt. Ab Dienstag sind in der Landeshauptstadt nur noch Kontakte zwischen einem Hausstand und maximal einer weiteren Person erlaubt. Der Krisenstab entscheidet sich jedoch für die Testoption: Einkäufe im Einzelhandel, Museumsbesuche oder der Besuch im Nagelstudio sind nach Terminvereinbarung bei Vorlage eines negativen Schnelltests weiterhin möglich. Oberbürgermeister Stephan Keller kündigte an, die Situation werde „täglich anhand des Infektionsgeschehens und der Lage in den Kliniken“ überprüft.

In den Kliniken in Düsseldorf spitzt sich jedoch die Lage zu: 42 Coronapatienten werden dort an diesem Montag laut DIVI-Register intensivmedizinisch betreut. Das ist zwar nur ein vergleichsweise kleiner Teil der insgesamt 249 Intensivpatienten an diesem Tag. Aber der Anteil der freien Intensivbetten lag am Montag bei nur noch 8,1 Prozent. In anderen Städten in NRW war die Lage noch dramatischer, etwa in Bonn (6,1 Prozent), Leverkusen (6 Prozent), Münster (5,6 Prozent) oder Köln (5,1 Prozent).

Ministerium bittet um Verlegung planbarer Operationen

Das Landesgesundheitsministerium hat deswegen bereits am vergangenen Freitag an die Krankenhäuser in NRW appelliert, nötigenfalls planbare Eingriffe zu verschieben. „In einigen Krankenhäusern sind die Kapazitätsgrenzen bereits erreicht, sodass Patientinnen und Patienten in benachbarte Kreise verlegt werden mussten“, heißt es in einem Schreiben, das der NRZ vorliegt. Bei der Steuerung der planbaren Belegung seien die „erforderlichen Reservekapazitäten besonders in den Blick zu nehmen“, schließlich könne die Übernahme von Patienten aus anderen Krankenhäusern erforderlich werden. Es ist eine Bitte, keine Anordnung.

Bei den Sana-Kliniken in den Düsseldorfer Stadtteilen Benrath und Gerresheim hat man bereits reagiert. In den beiden Häusern gibt es insgesamt 24 Intensivbetten. Die Hälfte ist mit Corona-Patienten belegt, nur noch drei sind frei. „Aufgrund der aktuellen Auslastung auf den Intensivstationen haben beide Kliniken die Regelversorgung versorgungsadaptiert reduziert, um Kapazitäten für die Intensivstation freizuhalten“, so eine Sprecherin.

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In der Uniklinik Düsseldorf, wo Ende November nach einer Rekordbauzeit von nur sechs Monaten eine Intensivstation für Corona-Patienten eröffnet wurde, überlegen die Verantwortlichen derzeit noch, wie sie mit den planbaren Eingriffen umgehen. 14 Corona-Kranke liegen dort derzeit, 25 könnten es sein. Der Flaschenhals ist jedoch wie überall das Personal. Steigen die Zahlen, „müssen wir Personal aus anderen Bereichen holen“, sagt Pressesprecher Tobias Pott. Und: „Wir sind an der Schwelle.“

Müssen Kliniken planbare Eingriffe verschieben, ist das auch immer eine wirtschaftliche Erwägung. Leichter gemacht wird ihnen die Entscheidung durch eine neue Verordnung, die am vergangenen Freitag in Kraft getreten ist und mit der Erlösrückgänge durch Ausgleichszahlungen und Liquiditätssicherungen kompensiert werden. „Damit sind die Häuser entspannter, flexibler reagieren zu können. Das ist jetzt ziemlich zufriedenstellend geregelt“, lobt Hilmar Riemenschneider, Sprecher der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen, die Politik.

Freie Betten in den Kreisen Wesel und Kleve

Landesweit meldete das DIVI-Register am Montag 992 Corona-Intensivpatienten in NRW. Etwa 4000 Intensivbetten waren mit anderen Patienten belegt, 720 waren noch frei. Auf der DIVI-Karte gibt es noch immer grüne, mancherorts sogar dunkelgrüne Flecken. Im Kreis Kleve wurden am Montag noch 24,6 Prozent freie Intensivbetten gemeldet, im Kreis Wesel sogar 26,4 Prozent. Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis sich diese Farben verändern. Da bei steigenden Infektionszahlen die Intensivstationen erfahrungsgemäß mit einer Verzögerung von zehn bis 14 Tagen voller werden, dürfte die dritte Welle in den Krankenhäusern noch nicht ihren Scheitelpunkt erreicht haben.