An Rhein und Ruhr. Der Weg zum Impfzentrum stellt für viele über 80-Jährige eine große Hürde dar. Städte und Kreise prüfen nun Möglichkeiten zur Unterstützung.

„Wenn das Impfzentrum hier vor unserer Haustür wäre, könnten wir es erreichen. Bis in die Innenstadt von Duisburg würden mein Mann und ich es nicht schaffen“, sagt Helga Dzionsko aus Walsum. Sie selbst werde erst im April 80 Jahre alt, ihr Mann, 84 Jahre alt, falle aber schon jetzt unter die 1,2 Millionen der über 80-Jährigen in NRW, die ab dem 1. Februar geimpft werden sollen. Die Einladungen dafür sollen in den kommenden Tagen per Post verschickt werden.

„Mein Mann ist dement und kann sich kaum auf den Beinen halten, weswegen wir auch Bus und Bahn nicht nutzen können. Ich selbst fahre noch Auto aber auch nur die kurzen Wege innerhalb unseres Wohnviertels. Eine weitere Fahrt traue ich mir nicht mehr zu“, sagt die 79-Jährige. Nun hoffe sie darauf, dass die Stadt Duisburg ein mobiles Impfangebot für die Bürger mit eingeschränkter Mobilität einrichtet.

Wie ein Stadtsprecher aus Duisburg berichtet, arbeite der Krisenstab derzeit an Lösungen. „Im Zuge dessen hat die Stadt außerdem die Landesregierung aufgefordert, eine landeseinheitliche Lösung vorzuschlagen und die Frage der Finanzierung zu klären“, so der Stadtsprecher.

Land sagt: Familiäre Netzwerke nutzen

Auf die Frage unserer Redaktion nach einer Lösung des Problems teilt das Gesundheitsministerium NRW mit: Dort wo die Möglichkeit bestehe, sollen familiäre und persönliche Netzwerke genutzt werden. „Senioren, die den Weg zum Impfzentrum nicht selbständig beschreiten können, sollten, wenn möglich, durch ein Kind, ein Enkelkind oder einen Nachbarn zum Impfzentrum fahren“, sagt ein Sprecher.

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Wenn dies nicht möglich sei, empfehle das Ministerium, „sich noch ein wenig zu gedulden“. Das Land sei zuversichtlich, dass zeitnah ein Impfstoff zur Verfügung stehen wird, mit dem auch der vertraute Hausarzt weniger mobile Personen impfen kann.

Mitfahrzentrale ins Leben gerufen

Die Stadt Straelen will so lange aber nicht warten und stellte in einer Pressemitteilung bereits konkrete Pläne vor: Das Team des örtlichen Jugendzentrums rufe kurzfristig eine Mitfahrzentrale ins Leben, über die Straelener Seniorinnen und Senioren ab 80 Jahren im Bedarfsfall eine Fahrgelegenheit zum Impfzentrum Kalkar vermittelt wird, heißt es in der Meldung.

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Ähnliches berichtet auch die Stadt Xanten. Schon während des ersten Lockdowns im Frühjahr 2020 sei ein Nachbarschaftsnetzwerk aufgebaut worden, das die hochbetagte Personengruppe in der Stadt beispielsweise bei Einkäufen unterstützt. Dieses Netzwerk soll nun ausgeweitet werden. „Wir könnten uns vorstellen, dass Freiwillige, die über 80-Jährigen zum Impfzentrum fahren“, sagt Noah Decker, Fachbereichsleiter Bürgerservice, Sicherheit und Ordnung.

Düsseldorf prüft die Möglichkeit von Fahrdiensten

Auch die Stadt Düsseldorf prüft derzeit die Möglichkeit Fahrdienste anzubieten. Oberbürgermeister Stephan Keller: „Wir sollten die Impfungen auch jenen Über-80-Jährigen ermöglichen, die nicht so einfach mobil sind. Diesbezüglich prüfen wir derzeit verschiedene Möglichkeiten, wie dies durch Fahrdienste, sowie im Falle von pflegebedürftigen Personen durch mobile Impfteams vor Ort realisiert werden könnte. Dazu führen wir entsprechende Gespräche.“

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In Mülheim klärt die Stadt gerade die Möglichkeit von Taxigutscheinen, die von den jeweiligen Krankenkassen übernommen werden. Außerdem habe die Stadt einen Shuttlebusservice vom Hauptbahnhof über verschiedene Haltestellen im Stadtgebiet bis hin zum Impfzentrum ab dem 1. Februar eingerichtet, teilt Pressesprecher Volker Wiebels auf Anfrage mit.

Shuttlebusse sollen in Rheinberg helfen

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Auch in Rheinberg diskutieren die Gremien momentan über die Möglichkeit Shuttlebusse einzusetzen. Vor allem wolle man darauf achten, dass ein Shuttlebus-Angebot zum Impfzentrum keine Gefährdung der über 80-Jährigen, aufgrund von vollen Bussen, darstellt. „Für uns ist die Impfung der Senioren und deren sicherer Weg zum Impfzentrum gerade ein Schwerpunktthema“, sagt Dietmar Heyde von der Stabsstelle für Stadtmanagement in Rheinberg. Die Stadt arbeite dafür auch eng mit dem gesamten Kreis, vor allem mit den Nachbarkommunen Moers, Neukirchen-Vluyn und Kamp-Lintfort zusammen.

Die sogenannten wir4-Städte fordern außerdem ein Impfzentrum am linken Niederrhein. „Menschen über 80 Jahren ist der weite Weg bis nach Wesel nicht zuzumuten. Es kann nicht sein, dass wir Risikopatienten, die oftmals Vorerkrankungen oder körperliche Einschränkungen haben, mit Bus und Bahn durch den ganzen Kreis Wesel schicken“, teilt Bürgermeister Christoph Landscheidt in einer Pressemitteilung der Stadt Kamp-Lintfort mit.

Sozialverband kritisiert: Vorbereitungszeit wurde nicht genutzt

Gleiches kritisiert auch der Vorsitzende des Sozialverbands VdK, Horst Vöge: „Die Vorbereitungszeit auf das Impfen wurde im Sommer und Herbst nicht ausreichend genutzt, sodass noch einige Stolpersteine für besonders betroffene Risikogruppen aus dem Weg geräumt werden müssen.“ Gerade bewegungseingeschränkte Menschen über 80 Jahre aus den ländlichen Räumen, beispielsweise aus Hünxe, Schermbeck oder Hamminkeln, werden es schwer haben, zum Impfzentrum nach Wesel zu gelangen, so Vöge.

Der Vorsitzende fordert zudem, dass nicht nur die über 80-Jährigen ab Februar geimpft werden sollen. „Auch Menschen, die ihre pflegebedürftigen Angehörigen zu Hause versorgen, müssen so schnell wie möglich als Impfberechtigte gelten.“ Schließlich könnten sie ihre Kontakte als Berufstätige oder beim Einkaufen nicht gänzlich herunterfahren, woraus sich zwangsweise eine erhöhte Ansteckungsgefahr für ihre Familienmitglieder ergebe.