An Rhein und Ruhr. Corona könnte dazu führen, dass viele Tagespflegepersonen ihre Selbstständigkeit aufgeben müssen. So ist die Lage der Kindertagespflege in NRW.

Die Nachricht dürfte vor allem viele Eltern erschreckt haben. Inge Losch-Engler, die Vorsitzende des Bundesverbands für Kindertagespflege hatte Alarm geschlagen: Bis zu 3.000 Tagesmütter bundesweit könnten in Folge des Corona-Virus dazu gezwungen sein, ihre Selbstständigkeit aufzugeben.

Das, so erklärte Inge Losch-Engler auf Nachfrage der Redaktion, sei das Ergebnis einer Blitzumfrage des Bundesverbandes unter seinen Mitgliedern. Die Probleme seien dabei vor allem, dass einige Bundesländer während der Schließungen im Frühjahr die Kindertagespflege nicht weiter finanziert oder eher widerwillig gezahlt hätten. Dazu käme das fortgeschrittene Alter vieler Personen in der Kindertagespflege, dass sie faktisch zu Angehörigen der Corona-Risikogruppe macht und eine ungewisse Zukunft, wie es mit den Corona-Maßnahmen weitergeht. Doch wie sieht es in NRW und in der Region aus?

Geregelte Bezüge – auch im Quarantänefall

Für Nordrhein-Westfalen hat Inge Losch-Engler, die zeitgleich auch stellvertretende Vorsitzende des Landesverbandes Kindertagespflege NRW ist, eher lobende Worte übrig. Das Land habe sich sehr gut um die Kindertagespflege-Personen gekümmert. „Bei uns bekamen die Tagespflegepersonen ihre Bezüge weiterhin. Das hat man frühzeitig geregelt“, erklärt sie.

Beim Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes in Düsseldorf sieht man keine Gefahr, dass die Anzahl der Kindertagespflege-Personen einbrechen könnte. „Land und Kommunen hatten sich von Anfang an darauf verständigt, alle Kindertagesbetreuungsangebote, auch die Kindertagespflege, während der Notbetreuung, der erweiterten Notbetreuung und des eingeschränkten Regelbetriebes unabhängig von der Inanspruchnahme weiter zu finanzieren“, heißt es aus dem Ministerium. „Mit dem neuen KiBiz wurde die Finanzierung der Kindertagespflegepersonen auf Grundlage der Betreuungsverträge gesichert, unabhängig von vorübergehenden Fehlzeiten der Kinder.“ Um finanzielle Engpässe wegen einer möglichen Quarantäne in der Einrichtung müssen sich die Kindertagespflege-Personen im Land also zumindest keine Gedanken machen.

Corona als „Berufsrisiko“ für Kindertagespflegepersonen

Bei Tagespflegemutter Monika Himmelberg aus Voerde war das ganze Jahr über volles Haus. Sie und ihre Schwiegertochter haben zusammen mit dem Hof Himmelberg eine Tagespflegestelle geschaffen. Da sie Eltern in systemrelevanten Berufen hat, wurden auch Kinder weiter betreut, als andere Einrichtungen schließen mussten. „Corona macht viele Dinge schwierig“, sagt die 61-Jährige.

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Hygieneregeln einhalten mit Kindern unter drei Jahren? „Wie soll man das machen? Die niesen, die husten und die kommen einem nahe“, sagt sie. Als „Berufsrisiko“ sieht sie eine Mögliche Infektion mit dem Virus. Aber sie könnte es sich auch nicht vorstellen, die Kinder nur noch mit Maske zu begrüßen oder nur noch mit Handschuhen anzufassen. „Man möchte den Kindern nicht das Gefühl geben, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist“, sagt sie.

Momentan hofft sich darauf, dass – wie bisher – alles gut geht. „Augen zu und durch“, sagt die 61-Jährige. Auch Inge Losch-Engler sieht die Lage noch nicht als dramatisch an. „Wir haben in der Kindertagespflege kaum bekannte Corona-Fälle“, sagt sie und beruft sich auf ein Studie aus Düsseldorf, nach der Kinder nicht unbedingt die Träger des Virus sind.

Weitermachen – auch als Angehörige einer Risikogruppe

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Auch wenn Monika Himmelberg mit ihren 61 Jahren selbst schon zur Altersgruppe von Menschen zählt, bei denen es mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einem schweren Verlauf kommen könnte, würde sie sich mit Corona infizieren, denkt sie nicht daran, deswegen ihren Job an den Nagel zu hängen. „Das war schon immer mein Traum“, sagt sie. Zudem könnte, da sie am Ort der Pflegestelle wohnt, dann auch ihre Schwiegertochter keine Kinder mehr betreuen.

Und selbst dann wäre das mögliche Risiko nicht gebannt, denn ihre Enkelkinder leben im gleichen Haus. „Man kann sich nicht vom Leben ausschließen“, sagt Monika Himmelberg. Deswegen möchte sie sich, gemeinsam mit ihrer Schwiegertochter, auch weiterhin um die Kinder in der Tagespflege kümmern – „mit Herz und Verstand“, wie sie sagt.

>>>Fast 16.000 in der Kindertagespflege Tätige

Nach Angaben des Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes waren in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr 15.586 Menschen in der Kindertagespflege tätig, davon 4.374 in einer der 1.991 Großtagespflegestellen.

Damit stellt NRW gut ein Drittel der bundesweit in der Kindertagespflege beschäftigten Menschen.