Im Rheinischen Revier. Umweltverband fordert eine Vernetzung der Wälder im Rheinischen Revier. Wissenschaftler drängt auf Aufforstungen an den Ränden.
Ist der Hambacher Forst wirklich gerettet? Professor Pierre Ibisch geht davon aus, dass man sich auch nach der Entwurf vorliegenden neuen Leitentscheidung der NRW-Landesregierung große Sorgen um den Wald machen muss, der zum Symbol der Klimabewegung geworden ist. Sommerliche Hitzeströme aus dem unmittelbar angrenzenden Tagebauloch setzen den Bäumen arg zu, warnte der Biologe von Hochschule Eberswalde an diesem Dienstag (27. Oktober 2020).
"Wir brauchen dringend Aufforstungen an den Rändern des Hambacher Waldes", mahnte Ibisch. Der Wissenschaftler hatte schon im vergangenen Jahr in einer Studie für Greenpeace auf thermische Gefahren für den Wald durch den nahen Tagebau hingewiesen. Daten aus dem Sommer 2018 zeigen enorme Temperaturunterschiede, zwischen der bis zu 45 Grad heißen Grube und dem 22 Grad kühleren Wald.
Weiterer Wald zur Abkühlung
Für die Klimaallianz Deutschland hat Ibisch die beabsichtigte Leitentscheidung begutachtet. Diese sieht zwar ausdrücklich einen Erhalt des Hambacher Forstes vor; Ibisch hat aber Zweifel, ob das angesichts von Klimawandel und Insellage des verbliebenen Waldes wirklich dauerhaft gelingen kann. Der angrenzende Tagebau entziehe dem Forst dringende benötige Feuchtigkeit. "Heiße Luft steigt aus der Grube empor und nimmt Verdunstung mit", erklärte Ibisch.
Für fatal hält es der Wissenschaftler, wenn RWE - wie in geplanten Leitentscheidung vorgesehen - unmittelbar neben dem Hambacher Forst Abraum abbaggert. "Statt 50 Meter Abstand bräuchten wir eigentlich eine 500-Meter-Pufferzone", meinte Ibisch. Überhaupt scheinen die Folgen des Klimawandels nach seinem Eindruck in der Leitentscheidung keine Rolle zu spielen. Lediglich weiterer Wald könne für eine Abkühlung in der Region sorgen, die weitere Erhitzung mildern, meint der Wissenschaftler. Ausdrücklich forderte Ibisch eine Vernetzung der verbliebenen Waldflächen im Rheinischen Revier.
BUND: Enorme Vielfalt in den Wäldern
Der Umweltverband BUND macht sich dafür schon länger stark. Immerhin gehe es dabei um insgesamt rund 650 Hektar Wald mit einer enormen biologischen Vielfalt, so Dirk Jansen. Der Geschäftsleiter des BUND in NRW verweist beispielhaft auf bedrohte Arten wie die Bechsteinfledermaus, auf mehr als 1900 Käferarten und über 100 Vogelarten.
Jansen fordert, dass die Landesregierung beim Erhalt des Hambacher Waldes endlich Nägel mit Köpfen macht: "Sie muss RWE ein konkretes Kaufangebot für den Wald unterbreiten." Nach dem Erwerb müsse der Wald dann in eine Stiftung überführt und bei der EU als FFH-Schutzgebiet angemeldet werden. "Statt zu reden, muss Ministerpräsident Laschet jetzt handeln", drängte Jansen.
Idee: Ein "Arnoldus-Trail" auf der Trasse der A4
Antje Grothus, Gründungsmitglied der Initiative Buirer für Buir, sieht den Hambacher Wald als "Symbol für den Wandel im Rheinischen Revier". Sie ist überzeugt: "Wir können uns keine weiteren Flächenverluste mehr leisten." Grothus will den Strukturwandel angegangen wissen - aus den Reihen der Zivilgesellschaft gebe es dazu viele Ideen, auch für touristische Angebote.
Denkbar sei zum Beispiel eine 77 Kilometer lange Radverbindung zwischen Köln und Aachen. Herzstück könne ein 12 bis 14 Kilometer langer "Arnoldus-Trail" sein, der auf der Trasse der früheren A 4 am Hambacher Wald entlangführt und mit verschiedenen Anziehungspunkten aufwartet - zum Beispiel mit Gärten an der Strecke oder einer zum Waldschwimmbad umfunktionierten Kiesgrube.