Düsseldorf. Die Uniklinik Düsseldorf hat die Zahlen ihrer Kita-Studie veröffentlicht. Ein Aspekt sorgte bei Studienleiter Prof. Dr. Timm für Verwunderung.

Fast 35.000 Corona-Tests, nur ein positives Ergebnis: Das ist die Bilanz der mit Spannung erwarteten Kita-Studie der Uniklinik Düsseldorf. Vier Wochen lang hatte das Institut für Virologie unter Leitung von Prof. Dr. Jörg Timm insgesamt 3955 Kita-Kinder und 1255 Erzieherinnen und Erzieher auf eine Infektion mit dem Coronavirus getestet. Am Donnerstagvormittag gab das Uniklinikum die Ergebnisse der Modellstudie bekannt: „Die Auswertung zeigt, dass im Studienzeitraum die Häufigkeit von Neuinfektionen in Düsseldorfer Kitas auf dem gleichen Niveau wie für die Stadt Düsseldorf insgesamt lag“, so Timm.

Zweimal wöchentlich wurden seit dem 10. Juli in 115 Düsseldorfer Kitas Speichelproben genommen. In diesem Zeitraum habe bei fast 35.000 durchgeführten Proben lediglich eine Infektion bei einem Kind nachgewiesen werden können. Nach Angaben des Gesundheitsamtes gab es in den beteiligten Einrichtungen zwar neun weitere Infektionen. Die betroffenen Personen – zwei Erzieherinnen und sieben Kinder – hätten aber nicht an der Modellstudie teilgenommen, heißt es in dem Schreiben der Uniklinik.

„Es war schon ein etwas überraschendes Ergebnis, dass die Zahl an Infektionen, die durch die anlassbezogenen Untersuchungen außerhalb der Studie gefunden wurden, höher lag als in der Studie selbst“, sagte Timm. Das zeige, dass anlassbezogene Untersuchungen bei dem derzeitigen Infektionsgeschehen offenbar gut funktionieren „und ein flächendeckendes freiwilliges Screening nicht unbedingt überlegen ist“. Eine denkbare Alternative sei deshalb, nur dann möglichst vollständige Testungen in Kitas durchzuführen, falls in einer Einrichtung ein positiver Fall auftritt.

Minister Stamp: Von Kita-Kindern geht kein erhöhtes Risiko aus

Das Team um Studienleiter Timm ging der Frage nach, welche Rolle Kita-Kinder bei der Verbreitung des Coronavirus spielen und ob in Kindertagesstätten vermehrt Infektionsketten auftreten. Das Fazit: „Nach der Öffnung der Kitas im eingeschränkten Regelbetrieb ist das Infektionsgeschehen nach diesen Erkenntnissen nicht überproportional angestiegen“, so Timm. „Hier zeigt sich kein Unterschied zur Häufigkeit von Infektionen außerhalb von Kitas.“

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Die Studie war vom NRW-Familienministerium in Kooperation mit dem Düsseldorfer Jugendamt und Gesundheitsamt in Auftrag gegeben worden. „Die bisherigen Studienergebnisse geben keinen Anlass davon auszugehen, dass von Kita-Kindern ein erhöhtes Infektionsrisiko ausgeht oder im Umfeld Infektionsketten ausgelöst werden“, sagte Familienminister Joachim Stamp. Das Ministerium werde die Ergebnisse der Studie in weitere Überlegungen zum Übergang in den vollständigen Regelbetrieb einfließen lassen.

„Aufgrund der Studienergebnisse sehe ich zunächst keinen Grund für eine Verschärfung von Maßnahmen in Kitas“, so Timm. „Als Forscher liefern wir aber nur die Daten und Schlussfolgerungen auf dem aktuell möglichen Stand.“ Entscheidungen über etwaige Verschärfungen oder Lockerungen der Corona-Regeln müssten von der Politik getroffen werden. Alles in allem sei der Studienleiter aber sehr zufrieden mit dem Ablauf der Untersuchung. „Wir haben über 80 Prozent der Probengefäße zur Untersuchung zurückbekommen.“

Studie kann nicht klären, wie häufig Kinder das Virus weitergeben

Eine Frage blieb jedoch ungeklärt: Obwohl die Studie nahelegt, dass sich Kinder nicht überproportional häufig mit dem Coronavirus anstecken, ist weiterhin offen, wie häufig sie den Erreger an ihre Mitmenschen weitergeben. Lediglich in einem Fall habe es während des Untersuchungszeitraums Hinweise darauf gegeben, dass es innerhalb einer Kita zu einer Übertragung des Virus auf ein weiteres Kind gekommen ist. Auch bei Haushaltsangehörigen sei es daraufhin zu einer Infektion gekommen. Weitere Infektionsketten habe das Team der Uniklinik aber nicht nachweisen können.

„Auf dieser Grundlage von erfreulich wenigen Infektionen ist eine klare Aussage dazu, welche Bedeutung Kinder als Infektionsquelle haben, leider nicht möglich“, betont Timm. Dazu hätten sich deutlich mehr Kita-Kinder mit dem Virus infizieren müssen, um anschließend die jeweiligen Infektionsketten zurückverfolgen zu können. Dass es innerhalb der untersuchten Kitas nur zehn positive Corona-Fälle gab, sei aber trotz der dadurch beschränkten Aussagekraft der Studie ein positives Ergebnis.

Im Studienzeitraum seien insgesamt 501 Corona-Infektionen an das Düsseldorfer Gesundheitsamt gemeldet worden. „Davon waren 32 Infektionen bei Kindern im Kita-Alter und davon wiederum 16 infizierte Kinder überhaupt in einer Betreuungseinrichtung“, heißt es in dem Schreiben der Uniklinik. „Acht davon waren dann die oben genannten Kinder in Einrichtungen, die an der Studie teilgenommen haben.“

>>> Bochumer Studie zu Antikörpern bei Kindern

Auch die Bochumer Universitätskinderklinik untersucht seit rund sieben Wochen das Infektionsgeschehen bei Kindern. Statt Speichelproben werden Bluttests durchgeführt, um festzustellen, welche Kinder bereits Antikörper gegen das Coronavirus gebildet haben. Eine vorläufige Zwischenbilanz legt nahe, dass sich nur wenige Kinder anstecken und das Virus weitergeben.