Aus den Niederlanden. Der niederländische Premier Mark Rutte zeigt sich zufrieden mit dem Corona-Hilfspaket. Doch der Kompromiss bleibt in den Niederlanden umstritten.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat sich zufrieden über das Ergebnis des EU-Sondergipfels zum Corona-Hilfspaket geäußert. Rutte sprach am Dienstagmorgen in Brüssel von einem „umfangreichen und guten Paket, durch das die niederländischen Interessen gewahrt bleiben.“ Nach Ruttes Worten ist wichtig, dass Länder „auf Reformen festgenagelt werden können“. „Das sorgt für starke Mitgliedsstaaten und einen starken internen Markt.“
Die EU-Staaten haben sich auf das größte Haushalts- und Finanzpaket ihrer Geschichte geeinigt: Es hat einen Umfang von 1,8 Billionen Euro. Der Kompromiss wurde nach mehr als viertägigen Verhandlungen am frühen Dienstagmorgen bei einem Sondergipfel in Brüssel von den 27 Mitgliedsstaaten angenommen.
Lange EU-Verhandlungen um Corona-Hilfspaket
Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich erleichtert. „Das war nicht einfach“, sagte die CDU-Politikerin. Für sie zähle aber, „dass wir uns am Schluss zusammengerauft haben“. Der Haushalt sei auf die Zukunft Europas ausgerichtet. „Historischer Tag für Europa“, schrieb der französische Präsident Emmanuel Macron auf Twitter.
Doch in den Niederlanden ist diese Einigung weiter umstritten. So schrieb etwa der Rechtspopulist Wilders nach der Einigung auf dem EU-Sondergipfel am Dienstag auf Twitter: „Doch 390 Milliarden Euro Zuschüsse für Südeuropa. ... Wahnsinn! Milliarden weggeschmissen, die wir im eigenen Land ausgeben müssten.“
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Die niederländische Tageszeitung „De Volkskrant“ sieht die zähen Verhandlungen als Zeichen, „dass große Länder in der EU die kleinen nicht einfach übergehen können.“ Das Hin und Her von Premier Rutte und seiner EU-Kollegen verdiene keinen „Schönheitspreis“ – sei aber verständlich. Schließlich sei der Einsatz hoch gewesen. Laut Deutschlandkorrespondentin Sterre Lindhout habe Ruttes Haltung vor allem seinem Ruf in Deutschland geschadet – besonders in Italien und Spanien war die niederländische Regierung als geizig und unsolidarisch wahrgenommen worden.
Premier Rutte hatte weiter auf Sparsamkeit gepocht
Zur Rolle des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte bei den Verhandlungen über den Corona-Wiederaufbaufonds der EU hieß es am Dienstag in der belgischen Zeitung „De Standaard“: „Im Kampf für eine „sparsamere“ EU hat er sich in den vergangenen vier Tagen und Nächten etwas zu oft und zu auffällig quergestellt. Das hat Mark Rutte zwar Bewunderung seitens des österreichischen Bundeskanzlers eingebracht - Sebastian Kurz war der wichtigste Bündnispartner bei seiner Übung in Sparsamkeit -, aber es wird doch noch eine Weile dauern, bis die Schwergewichte in Europa ihm wieder freundschaftlich auf die Schulter klopfen.“
Weiter hieß es in der niederländisch-sprachigen Zeitung: „Das geforderte Vetorecht bekommt er jedoch nicht. Wenn sich ein Mitgliedsland schwer damit tut, Reformen durchzuführen, kann dies aber auf die Tagesordnung der nächsten EU-Ratssitzung gesetzt werden. Jedoch hatte (der EU-Ratschef) Charles Michel noch ein anderes Geschenk für die reichen Mitgliedstaaten. Weil sie mehr in den EU-Mehrjahreshaushalt einzahlen, als sie daraus bekommen, gibt es ein System von Beitragskürzungen. Diese werden nun erhöht. (...) Das kann Rutte sicher gut für seine eurokritische Heimatfront brauchen.“
Kompromiss im Corona-Programm erreicht
Erst am Montag waren zwei der umstrittensten Einzelpunkte gelöst und damit der Weg zum Gesamtdeal freigemacht worden. Zum einen fand man endlich einen Kompromiss zum Kern des Corona-Programms: Die sogenannten sparsamen Staaten akzeptierten, dass gemeinsame Schulden aufgenommen werden und das Geld als Zuschuss an EU-Staaten geht. Im Gegenzug willigten Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien ein, die Summe dieser Zuschüsse aus dem Corona-Programm von 500 Milliarden Euro auf 390 Milliarden zu verringern. Dazu kommen 360 Milliarden Euro, die als Kredit vergeben werden.
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Der zweite Knackpunkt wurde dann am Montagabend geklärt: Man fand eine Formel zur Koppelung von EU-Geldern an die Rechtsstaatlichkeit, die alle 27 Staaten annahmen. Zuvor hatten sich Polen und Ungarn strikt gegen einen solchen Rechtsstaatsmechanismus gewehrt, zumal gegen beide Staaten Verfahren wegen Verletzung von EU-Grundwerten laufen. Etliche EU-Staaten beharrten jedoch auf dem Mechanismus. Die Kompromissformel wurde von mehreren Staaten erarbeitet und in der Runde der 27 gebilligt. (red. mit dpa)